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Beratung

Entzündung am Lidrand

Hilfe bei schmerzhafter Blepharitis

Unsere Augen sind permanent im Einsatz und ein hochkomplexes, sehr empfindliches System. Kommt dies aus dem Gleichgewicht, können brennende, juckende, verklebte Augen oder geschwollene Lider das Sehvermögen behindern und uns im Alltag einschränken. Neben der Bindehautentzündung ist auch die sogenannte Lidrandentzündung sehr häufig. Welche Symptome treten dabei auf? Wie können diese von einer Bindehautentzündung abgegrenzt werden? Was ist in der Selbstmedikation möglich? Und wann sollte der Arzt aufgesucht werden? | Von Sabine Fischer

Die Lidrandentzündung, in der Fachsprache Blepharitis genannt, ist eine häufige, entzündliche Augenerkrankung. Sie ist in allen ethnischen Gruppen verbreitet und betrifft sowohl Erwachsene als auch Kinder. Die genaue Ätiopathogenese ist nicht bekannt, wird jedoch als multifaktoriell angesehen. Hierzu zählen endogene Ursachen (entzündliche Hauterkrankungen wie Atopie, Seborrhö und Rosacea, Hypersekretion der Liddrüsen, Sekretstau der Meibom-­Drüsen) und äußere Faktoren (Rauch, Staub, trockenes Raumklima) ebenso wie chronische Infektionen der Augenoberfläche mit Bakterien (häufig Staphylokokken) und der Befall mit bestimmten Parasiten wie Demodex (eine Milbe aus der Familie der Haarbalgmilben). Die Blepharitis wird nach Länge des Krankheitsprozesses (akut oder chronisch) oder nach dem Ort der Erkrankung eingeteilt (vor dem Auge [anterior] oder hinter dem Auge [posterior]). Die häufigste Form ist die chronische Blepharitis, die in drei Formen unterteilt wird:

  • Staphylokokken-Blepharitis
  • seborrhoische Blepharitis
  • Meibom-Drüsen-Dysfunktion

Während bei Staphylokokken- und seborrhoischer Blepharitis die Entzündung hauptsächlich an der Basis der Wimpern lokalisiert ist, betrifft die Meibom-Drüsen-Dysfunktion hauptsächlich die Drüsen am hinteren Lid. Meibom-Drüsen sind Talgdrüsen, die am Rande der Augenlider sitzen (s. Abb. 3). Jedes Auge besitzt ungefähr 70 dieser Drüsen auf Ober- und Unterlid verteilt. Sie produzieren einen öligen Film, der die äußere Schicht des Tränenfilms bildet. Dieser dient als Verdunstungsschutz für die wässrige Phase des Tränenfilms. Ist die Sekretion der Meibom-Drüsen gestört, fehlen dem Auge wichtige Lipide. Eine Meibom-Drüsen-­Dysfunktion ist nicht heilbar, da sie auf Veranlagung beruht. Jedoch ist sie gut stabilisierbar, so dass deutliche Linderung bis hin zu Beschwerdefreiheit möglich ist.

Abb. 3: Die Lider als Schutzapparat Auf der Innenseite der Augenlider befinden sich die Meibom-Drüsen. Sie sondern Fette ab, die mit jedem Wimpernschlag über die Tränenflüssigkeit gleichmäßig auf dem Auge verteilt werden, damit die Lider ungehindert über das Auge gleiten können. Verstopfen die Drüsen, kann sich der Lidrand entzünden.

Symptome

Unabhängig von der Form der Blepharitis treten als gemeinsame Symptome Juckreiz und Brennen der Lidränder sowie eine Reizung der Bindehaut mit Tränenträufeln, Photosensitivität und Fremdkörpergefühl auf. Darüber hinaus können sich bei einer akuten Blepharitis Pusteln an den Wimpernfollikeln bilden (s. Abb. 1). Die Lider weisen meist starke Ödeme auf, sind gerötet und geschwollen sowie nach dem Schlaf zusammengeklebt. Die akute Blepharitis wird entweder durch eine bakterielle Infektion, durch Viren oder durch eine allergische Reaktion verursacht.

Die Staphylokokken-Blepharitis ist vor allem durch eine chronische Entzündung der Wimpernbasis gekennzeichnet. Der vordere Lidrand besitzt erweiterte Kapillargefäße, es kommt zur Schuppenbildung an der Wimpernbasis. Bei Entfernung der Schuppen kann es zu einem blutenden Ulkus kommen. Infolge eines chronischen Verlaufs kann es zu Brüchigkeit, Depigmentierung und Verlust der Wimpern kommen.

Fotos: Science Photo Library/Western; Dr. P. Marazzi

Abb. 1: Blepharitis Geschwollene und gerötete Augenlider sind charakteristisch. Die Talgproduktion an der Wimpern­basis ist erhöht, oft sind die Wimpern morgens stark verklebt.

Leicht entfernbare fettige Schuppen und Krusten an Wimpern und Lidrändern sind Zeichen einer seborrhoischen Blepharitis. Liegt eine Funktionsstörung der Meibom-Drüsen vor, lässt sich durch Druck auf die verstopften Drüsenöffnungen ein wächsernes, dickes, gelbliches Sekret freisetzen. Patienten mit Meibom-Drüsen-Dysfunktion und seborrhoischer Blepharitis weisen häufig Symptome eines „trockenen Auges“ auf: Fremdkörpergefühl, Überanstrengung und Ermüdung der Augen sowie verschwommenes Sehen nach längerer Beanspruchung.

Bei einer chronischen Entzündung der Meibom-Drüse entsteht ein sogenanntes Hagelkorn (Chalazion) (s. Abb. 2). Diese nicht-infektiöse Entzündung entwickelt sich durch eine Verstopfung der Drüsengänge. Im Gegensatz dazu entsteht das Gerstenkorn (Hordeolum) durch eine akute bakterielle Entzündung einer Augenliddrüse, meist durch Befall mit Staphylokokken. Dieser äußert sich durch eine starke Rötung und Schwellung des Augenlides, verbunden mit schleimigem Sekret und Schmerzen. Darüber hinaus kann es zu einer Schwellung der Lymphknoten am Ohr kommen.

Fotos: Science Photo Library/Dr. P. Marazzi

Abb. 2: Entzündete Meibom-Drüsen Sind die fettbildenden Drüsen im Lid chronisch entzündet und verstopft der Ausführungsgang, kann ein Hagelkorn (Chalazion) entstehen.

Für einen Laien ist es oft nicht leicht, eine Lidrandentzündung von einer Bindehautentzündung (Konjunktivitis) zu unterscheiden. Bei beiden Erkrankungen leiden die Patienten unter juckenden, entzündeten Augen. Jedoch sind bei einer Blepharitis in erster Linie die Lider betroffen, während bei einer Konjunktivitis die Bindehaut gerötet ist. Ein weiterer Unterschied ist der Verlauf der Erkrankungen. Eine Bindehautentzündung setzt meist – durch eine Infektion ausgelöst – akut ein und heilt bei richtiger Therapie schnell ab. Die Blepharitis hingegen entwickelt sich oft schleichend und ist trotz richtiger Behandlung eine langwierige Angelegenheit. Gegebenenfalls kann bei einer akuten Blepharitis die Bindehaut mitbetroffen sein (= Blepharokonjunktivitis). Der Augen­arzt stellt die Diagnose durch Untersuchung von Hornhaut, Bindehaut und Lidrand mittels Spaltlampe.

Auf einen Blick

  • Die häufigste Form der Blepharitis ist die chronische Blepharitis, unterteilt in Staphylokokken-Blepharitis, seborrhoische Blepharitis und Meibom-Drüsen-Dysfunktion.
  • Eine chronische Blepharitis wird häufig von einem „trockenen Auge“ begleitet.
  • Häufige Symptome umfassen Juckreiz und Brennen der Lidränder, Augentränen, Photosensi­tivität und Fremdkörpergefühl.
  • Wichtigste Maßnahme bei chronischer Blepharitis ist eine konsequente Lidhygiene, bestehend aus der Anwendung von feuchter Wärme, Lidmassage und Reinigung.
  • Die Behandlung ist langwierig, eine Besserung erfolgt erst nach drei bis vier Wochen.
  • In manchen Fällen kann die Anwendung von antibiotischen Salben oder topischem Cortison nötig sein.
  • Bei starken Schmerzen, Beeinträchtigung des Sehvermögens oder allgemeinen Krankheits­zeichen sollte zum Arztbesuch geraten werden.

Therapie

Eine akute Blepharitis spricht im Allgemeinen gut auf die Therapie an, kann aber immer wieder auftreten und auch chronisch werden. Eine chronische Blepharitis hingegen spricht oft nur sehr langsam auf eine Therapie an oder ist unter Umständen sogar therapieresistent und tritt immer wieder auf. Die Therapie der akuten Blepharitis erfolgt mit antibiotischen Augensalben bzw. bei einem allergischen Auslöser mit topischem Cortison. Warme Kompressen können Linderung verschaffen. Eine Wärmebehandlung ist in Kombination mit der Anwendung antiseptischer Augen­salben (z. B. mit Bibrocathol) auch Mittel der Wahl zur Behandlung des Gerstenkorns. Durch die Wärme eröffnet sich das Gerstenkorn schneller, sodass der Eiter abfließen kann. Allerdings sollte hierbei nur trockene Wärme z. B. in Form einer Rotlichtlampe eingesetzt werden, da bei Verwendung von feuchten Kompressen die Haut aufweicht und Erreger dadurch leicht verschleppt werden können. Um eine Ansteckung des gesunden Auges zu vermeiden, sollte das Gerstenkorn auf keinen Fall ausgedrückt werden. Meist heilt ein Gerstenkorn nach einigen Tagen ab. Nur bei schwerwiegenden Verläufen ist eine systemische Antibiotika­therpapie nötig.

Bei chronischen Formen ist eine gute Lidhygiene unabdingbar. Diese muss regelmäßig durchgeführt werden. Bis zur Verbesserung des Krankheitsbildes braucht es Geduld, da diese im Allgemeinen erst nach drei bis vier Wochen auftritt. Auch nach Abklingen der Symptome sollte die Lidrandpflege nicht vernachlässigt werden, da sonst schnell erneut Beschwerden auftreten können. Die Pflege sollte so unkompliziert sein, dass der Patient sie wie das Zähneputzen gut in den Alltag integrieren kann.

Um zähes, dickflüssiges Sekret zu verflüssigen, eignen sich feucht-warme Kompressen, ein warmer Waschlappen oder Wärmemasken (z. B. Meibopatch®, BlephaCura WärmeGel Maske, Blephasteam® Wärmebrille), die mindestens zweimal täglich auf die Augen aufgelegt werden. Optimal ist eine Anwendung über zehn Minuten. Die Kompressen können mit NaCl-Lösung, verdünnter Povidon-Iod-Lösung (Betaisadona®-Lösung 2,5%) oder mit speziell für die Lidrandhygiene entwickelten Produkten (z. B. Blepha­Cura®, Blephagel®, Blephasol®) befeuchtet werden. Auch bereits fertig getränkte Kompressen stehen zur Verfügung (z. B. Blepha­clean®, Blepha Soft).

Eine Lidmassage hilft anschließend, das verflüssigte Sekret auszustreichen. Dabei streicht man bei geschlossenem Auge mehrmals mit einem Finger am Oberlid von oben nach unten, am Unterlid von unten nach oben.

Zuletzt sollten die Lider nochmals gründlich gereinigt werden. Dazu kann entweder ein mit einer verdünnten Babyshampoo-Lösung (zwei bis drei Tropfen in eine halbe Tasse warmes Wasser) getränktes Wattestäbchen verwendet werden oder wiederum ein speziell für die Lidrandreinigung entwickeltes Produkt (s. Tab.).

Tab.: Beispiele für Produkte, die bei einer Lidrandentzündung helfen können [Lauer Fischer Taxe, Stand: 24. Februar 2020]
Produktname
Beschreibung / Status
Packungsgröße
Blepha soft
Tücher mit Lotion aus u. a. Aloe Vera, Hyaluronsäure und Xylitol befeuchtet / Kosmetikum
30 Lidreinigungstücher
Blephaclean®
Kompressen, die mit Mizellen-haltiger Lotion befeuchtet sind (u. a. Hyaluronsäure, Schwertlilie und Tigergras) / Medizinprodukt
20 sterile Kompressen
Blephacura® Pads
fusselarme Wattepads / medizinische Körperpflegeartikel
70 Pads
Blephacura® Salina Lidhygiene Tücher
Tücher, mit 0,9% NaCl befeuchtet / Kosmetikum
20 Tücher
Blephacura® Ted Augen-Wärme-Maske
Augenmaske, in Mikrowelle oder Backofen erwärmbar / Medizinprodukt
1 Augenmaske
Blephacura® Suspension
liposomale Suspension mit Soja-Lecithin, Vitamin A, Vitamin E /Medizinprodukt
70 ml Suspension
Blephagel® Duo
Gel mit Poloxamer 188 / Kosmetikum
30 g Gel + Pads
Blephasol® Duo
Mizellen-haltige Lotion / Kosmetikum
100 ml Lotion + Reinigungspads
Blephasteam® Wärmebrille
selbsterwärmend / Medizinprodukt
Ringe müssen zugekauft werden
1 Wärmebrille
MeiboPatch®
Augenmaske, enthält Traubenkerne, erwärmbar / Medizinprodukt
wiederverwendbar
1 Augenmaske
Posiforlid® Augenmaske
selbstwärmend / medizinisch-technisches Hilfsmittel
für ca. 90 Anwendungen
1 oder 2 Augenmaske(n)
Posiforlid® Comod Augen­tropfen
1 mg Salicylsäure / ml Augentropfen / Arzneimittel
10 ml Augentropfen
Posiformin 2% Augensalbe
20 mg Bibrocathol / g Salbe / Arzneimittel
5 g Augensalbe

Entzündungshemmende Augentropfen oder Salben mit Salicylsäure (1 mg Salicylsäure/ml Tropfen, z. B. Posiforlid Comod®) oder Bibrocathol (20 mg Bibrocathol/g Salbe, z. B. Posiformin® 2% Augensalbe) tragen unterstützend zur Heilung bei. Zum Ersatz des Tränenfilms können befeuchtende Augentropfen, z. B. mit Hyaluronsäure, eingesetzt werden. Bringt eine mehrwöchige Lidhygiene keine Besserung, kann zusätzlich eine antibiotische Augensalbe aufgetragen werden, um die Bakterienzahl auf den Lidrändern zu reduzieren. Auf Kontaktlinsen sollte während einer Blepharitis wenn möglich verzichtet werden. Ebenfalls ist Vorsicht geboten beim Einsatz von Kosmetika in Augennähe, da darin enthaltene Stoffe erneut das Lid und Auge reizen können. Bei starken Schmerzen, Beeinträchtigung des Sehvermögens oder allgemeinen Krankheitszeichen wie Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen sollte zum Arztbesuch geraten werden. |

 

Literatur

Binnewies-Stülcken K. Beratungspraxis Augenerkrankungen. Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 1. Auflage 2010

Erb C et al. Medikamentöse Augentherapie. Thieme Verlag, 5. Auflage 2010

Garrity J. Blepharitis. MSD Manual Ausgabe für medizinische Fachkreise, Januar 2018, www.msdmanuals.com/de-de/profi/augenkrankheiten/lid-und-lakrimale-krankheiten/blepharitis

Kircher W et al. Augenarzneimittel. Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 1. Auflage 2012

Lauer Fischer Taxe Stand 24. Februar 2020

Lidrandentzündung (Blepharitis). Informationen des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA), http://cms.augeninfo.de/­hauptmenu/augenheilkunde/augenerkrankungen/entzuendungen-des-auges/lidrandentzuendung-blepharitis.html

Lidrandentzündung [Blepharitis]: kleine Ursache, große Wirkung. Broschüre der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, November 2013

Lindsley K et al. Interventions for chronic blepharitis, Cochrane Database Syst Rev 2012(5)

Produktinformationsseiten der Hersteller, Abruf am 29. Februar 2020

www.amboss.com/de/wissen/Entz%25C3%25BCndungen_der_Augenlider

Autorin

Dr. Sabine Fischer ist Apothekerin aus Stuttgart. Seit dem Pharmaziestudium in Freiburg und einer Promotion in Tübingen arbeitet sie an einer PTA-Schule und in öffentlichen Apotheken. Nebenbei schreibt sie als freie Journalistin.

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