Pandemie Spezial

Zahlen sind nicht alles

Ein Gastkommentar von Dr. Verena Stahl

In der aktuellen Ausnahmesitua­tion besteht ein großer Hang, das durch Coronaviren verursachte Risiko quantitativ zu erfassen, grafisch zu veranschaulichen oder gar Vergleiche zu anderen Ländern oder Landkreisen zu ziehen. Vermutlich, weil wir die für viele bedrohlich stimmende Ansteckungsgefahr nur erahnen, aber nicht wirklich sehen können. Karten helfen dabei, Ausbreitungsmuster zu visualisieren und Zusammenhänge zu verstehen. Zahlen geben uns seit jeher eine Orientierung und Struktur. Vorschulkinder wissen, dass zehn größer als fünf ist, Noten sollen aussagen, wie gut man in der Schule ist, Gehalt soll widerspiegeln, wie viel die geleistete Arbeit wert ist. Nun ist es aber so, dass noch andere Faktoren außer der Note oder dem Gehalt einen Einfluss darauf haben, was einen Schüler oder einen Arbeitnehmer ausmacht. Dies lässt sich schwer quantifizieren und wird daher nicht immer wahrgenommen. Bezogen auf die aktuellen Zahlen bestätigter COVID-19-Infektionen muss auch festgestellt werden, dass Zahlen nicht alles sind. Es ist der quantifizierbare Anteil der Pandemie, wobei nur die registrierten Fälle und nicht die tatsächlich Infizierten dargestellt werden. Dieser Tage werden viele zum Datenwissenschaftler. Es ist jedoch ein Teil der Panik, ständig die veröffentlichten Fallzahlen zu betrachten. Viele vergessen dabei, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt und dass Rückschlüsse bei überschrittenen Testkapazitäten und asymptomatischen Verläufen schon lange nicht mehr zweckmäßig sind. Wichtiger als nüchterne Zahlen zu betrachten, ist, die empfohlenen Schutzmaßnahmen einzuhalten und sich so zu verhalten, als wenn viel mehr Menschen in der eigenen Umgebung infiziert sind als die offiziellen Statistiken widerspiegeln.

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