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Aus der Hochschule
Mit „smarten“ Tabletten gegen Corona?
IBINA-Forschungspreis für die pharmazeutische Technologin Prof. Dr. Cornelia Keck, Marburg
Die Verleihung des Forschungspreises der hessischen Initiative Biotechnologie & Nanotechnologie e. V. (IBINA) fand im historischen Saal des Rathauses von Marburg statt, Bürgermeister Spieß überreichte zusammen mit Prof. Dr. Gert Bange und Dr. Lutz Bonacker von der IBINA den Preis, der mit 5000 Euro dotiert ist. Spieß würdigte dabei die „Einfachheit dieser Idee“, die ihn faszinierte. Arzneistoffe können nur resorbiert werden und wirken, wenn sie gelöst sind. Daher arbeitet die Pharmazie mit diversen Konzepten seit Jahrzehnten an der Verbesserung der Löslichkeit von schwer löslichen Problemwirkstoffen, teilweise mit sehr komplexen Technologien. Ein Ansatz ist die Überführung in den amorphen Zustand.
In Papier verpackt
Amorphe Substanzen haben eine vielfach höhere Löslichkeit als kristalline Substanzen. Das Problem ist allerdings, dass der amorphe Zustand instabil ist und zu Rekristallisation neigt. Das Problem wurde gelöst und eine Langzeitstabilisierung erreicht, indem die amorphen Wirkstoffe in die feinen Poren von Papier eingeschlossen wurden. Papier wird mit organischer Wirkstofflösung getränkt, das Lösungsmittel evaporiert und der Wirkstoff präzipitiert amorph in den Poren. Das Papier wird dann geschreddert und zu Tabletten verpresst.
Zum Patent angemeldet
Reine Cellulose ist ein seit Jahrzehnten genutzter Hilfsstoff in der Tablettierung, sodass Wirkstoff-beladenes poröses Papier exzellent verpressbar ist. Alternativ zu Tabletten kann das Papier auch direkt als Film (smartFilms) eingesetzt werden, z. B. auf der Haut zur Resorptionsförderung von Kosmetika (Masken) oder Pharmaka (Pflaster). Die Entwicklung fand in Kooperation mit den Berliner Firmen PharmaSol GmbH und Hofmann & Sommer GmbH & Co. KG statt und ist durch Patentanmeldung geschützt.
Schwer lösliches Silvestrol wird bioverfügbar
Der Marburger Biochemiker Prof. Dr. Arnold Grünweller vom Institut für Pharmazeutische Chemie und Kollegen untersuchen den aus der malaysischen Pflanze Aglaia foveolata stammenden Wirkstoff Silvestrol, der auch Wirksamkeit gegen verschiedene Coronaviren zeigt. Silvestrol ist jedoch sehr schwer in Wasser löslich. Die Papiertabletten könnten Silvestrol potenziell ausreichend oral bioverfügbar machen. Die „technologische Seite“ wäre damit möglicherweise gelöst, Problem ist jedoch, ausreichende Mengen dieser interessanten Substanz für die Herstellung eines Arzneimittels zu bekommen.
Zur Preisträgerin
Prof. Dr. Cornelia Keck studierte Pharmazie an der Freien Universität Berlin, wurde dort 2006 in Pharmazeutischer Technologie promoviert und habilitierte im November 2011. Bereits seit August 2011 war sie Professorin an der Universität Kaiserslautern und baute dort den deutschlandweit ersten Studiengang „Angewandte Pharmazie“ auf (Ausbildung für Industriepharmazeuten). Seit März 2016 hat sie eine Professur in der Pharmazie der Philips-Universität Marburg inne, Hauptarbeitsgebiet ist die pharmazeutische Nanotechnologie. Sie verbindet akademische Grundlagenforschung mit anwendungsorientierten Entwicklungen. Schwerpunkte sind dermale Applikation (Arzneimittel, aber auch Kosmetika), orale Problemwirkstoffe sowie Nutraceuticals. Neben den Papiertabletten arbeitet sie mit Lipidnanopartikeln (SLN, NLC), Nanokristallen (smartCrystals) und porösen Silikapartikeln zur Stabilisierung amorpher Wirkstoffe (Homepage: www.keck-marburg.de). |
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