Gesundheitspolitik

Liebesgrüße aus Brüssel

EU-Binnenmarktkommissar Breton äußert sich nicht ablehnend zum VOASG

cha | Mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) sollen die deutschen Apotheken vor den Rx-Boni der EU-Versender geschützt werden, indem im Sozialrecht ein Rabattverbot verankert wird. Zwar sind sich alle Experten einig darüber, dass das Schicksal des Gesetzes sich am Ende vor dem Europäischen Gerichtshof entscheiden wird. Denn schließlich hatte dieser den EU-Versendern vor nunmehr vier Jahren die Rx-Boni erlaubt. Aber dennoch war es vor allem der SPD-Bundestagsfraktion, aber auch Bundes­gesundheitsminister Jens Spahn wichtig, sich vorab den Segen der EU-Kommission für das Gesetzesvorhaben zu holen. Nun bekam Spahn einen Brief von EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton, in dem sich dieser zumindest nicht ablehnend über das VOASG äußert. Auch wenn Zustimmung eigentlich anders aussieht – der parlamentarische Prozess wird nun zumindest nicht mehr durch ein „Warten auf Brüssel“ gebremst und das VOASG könnte noch dieses Jahr in Kraft treten.

Konkret war die EU-Kommission gefragt worden, ob sie das VOASG für vereinbar mit dem EU-Recht hält. Damit sollte vermieden werden, dass das Gesetz vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippt wird. Zwar hat das VOASG mittlerweile den Weg ins Parlament gefunden, doch vor allem die SPD-Fraktion betonte immer wieder, dass sie auf die Zustimmung aus Brüssel Wert legt.

Nach über einem Jahr liegt diese nun vor – oder zumindest liegt etwas vor, was als Zustimmung interpretiert werden kann. Am vergangenen Dienstag wurde bekannt, dass bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ein Brief von EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton ankam. „Dear Minister, dear Jens“, überschreibt Breton sein Schreiben, das der AZ vorliegt. Und ähnlich freundlich geht es weiter. Er bedankt sich für die IGES-Studie, die erheblich zu einem besseren Verständnis des deutschen und des europäischen Arzneimittelmarkts beitrage. Die Studie zeige klar auf, wie wichtig die Digitalisierung für die Geschäftsmodelle der Apotheken sei. Besonders begeistert ist Breton von der Einführung des E-Rezepts, durch das der Onlinehandel ge­fördert werde. Bemerkenswert ist, dass im weiteren Verlauf des Schreibens die deutsche Vorreiterrolle beim E-Rezept innerhalb der EU gelobt wird – denn tatsächlich hinkt Deutschland auf diesem Gebiet hinterher.

© Kai Felmy

Zum VOASG gibt es nur einen kleinen Absatz

Am Ende des Briefes erwähnt Breton auch noch kurz das VOASG: Er vertraue darauf, dass die bevorstehende Diskussion im Bundestag über das VOASG „zu einem verbesserten Zugang deutscher Patienten zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Binnenmarkt führen wird“. Und er bittet Spahn darum, ihn über den Ausgang des legislativen Verfahrens auf dem Laufenden zu halten.

Doch was ist von dieser kryptischen Äußerung zu halten? Hier gibt es durchaus Interpretationsspielraum. Das Handelsblatt bezeichnet den Brief als „grünes Licht“ und Lob für Spahns VOASG. Das Gesundheitsministerium sehe das Schreiben, so das Handelsblatt weiter, „als Erlaubnis der EU-Kommission, das Gesetz final umzusetzen“. Auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt erklärt: „Binnenmarktkommissar Breton hat mit seinem Brief an Bundesminister Spahn letzte Zweifel beseitigt, dass die EU-Kommission sich gegen das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz stellen könnte.“ Das Standes­organ PZ geht sogar so weit, Breton in den Mund zu legen, er „vertraue darauf, dass die Gesetzesberatung des VOASG zu einem für die Vor-Ort-Apotheken verbesserten Zugang zum Rx-Markt führen werde“.

Letzteres dürfte jedoch kaum der Fall sein. Vielmehr könnte der von Breton erwähnte „bessere Zugang deutscher Patienten zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Binnenmarkt“ ein Hinweis darauf sein, dass die EU-Versender dank dem E-Rezept keine Wettbewerbsnachteile mehr gegenüber den Vor-Ort-Apotheken haben. Dies hatte seinerzeit der EuGH bemängelt und deshalb die Rx-Boni der EU-Versender für zulässig befunden. Fällt mit dem E-Rezept nun die Grundlage für diese „Erlaubnis“ , könnte das im VOASG geplante Rabattverbot mit EU-Recht vereinbar sein. |

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