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- AZ 36/2020
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Gesundheitspolitik
MVZ-Konstrukt war Betrug
BGH befasst sich mit Hamburger „Strohmann“-MVZ
Nach dem Urteil des Landgerichts haben der Hamburger Apotheker Z. und die beiden mit ihm angeklagten Ärzte die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) und die Techniker Krankenkasse (TK) gemeinschaftlich gewerbsmäßig betrogen. Z. wurde deshalb zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt, die Ärzte D. und Dr. F. kamen mit Bewährungsstrafen von zehn bzw. sechs Monaten davon. Zudem hat das Landgericht die Einziehung von rund eineinhalb Millionen Euro angeordnet – das aus den Betrugstaten erlangte Geld. Zum Betrug wurde ihr gemeinsames Vorgehen dadurch, weil sie über ein unzulässiges MVZ-Konstrukt in Hamburg-Bergedorf, das dazu nicht berechtigt war, Leistungen abrechneten.
Das Landgericht ging bei seinem Urteil im Groben von folgendem Sachverhalt aus: Z. wollte ein MVZ erwerben, um sich – über den dann möglichen Einfluss auf das Verordnungsverhalten der dort tätigen Ärzte – neue Absatzquellen für die von ihm hergestellten hochpreisigen Zytostatika zu erschließen. Dabei war ihm bewusst, dass die Beteiligung von Apothekern an einem MVZ nicht möglich war (§ 95 Abs. 1a SGB V). Um dieses gesetzliche Beteiligungsverbot zu umgehen, suchte er nach einem Arzt als „Strohmann“ – und fand den Angeklagten D. Über diesen erwarb Z. die Mehrheitsanteile an einem im Mai 2012 rechtmäßig zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen MVZ, und zwar vom zweiten mitangeklagten Mediziner Dr. F., der sich in einer schwierigen finanziellen Lage befand. Dr. F., der weiterhin als ärztlicher Leiter dieses MVZ tätig war, wusste ebenfalls um die „Strohmann“-Konstruktion und die damit bezweckte Umgehung des für den Apotheker Z. bestehenden Beteiligungsverbots.
Obwohl allen drei Männern klar war, dass die Voraussetzungen für die kassenärztliche Zulassung des MVZ nicht mehr vorlagen und dieses daher nicht berechtigt war, ärztliche Leistungen bei der KVH abzurechnen, reichte das MVZ in den Jahren 2014 und 2015 bei dieser fünf Quartalsabrechnungen ein. Die KVH zahlte fast 1,5 Millionen Euro an das MVZ aus. Z. stellte zudem der TK von August 2014 bis Juni 2015 ärztliche Verordnungen des MVZ in Rechnung, die in seiner Apotheke eingelöst worden waren. Die Kasse zahlte rund 150.000 Euro an die Verrechnungsstelle der Apotheke des Angeklagten Z. aus.
Die Angeklagten legten gegen das Hamburger Urteil Revision beim BGH ein. Dieser hat nun vergangene Woche entschieden und das Rechtsmittel weitgehend als unbegründet verworfen. Die Richter sind überzeugt, dass das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen ist, dass angesichts der verschleierten Umgehung des MVZ-Beteiligungsverbots für Apotheker ein Betrug vorliegt. Sie haben jedoch die Schuldsprüche abgeändert. Das Landgericht habe die Tatbeiträge der Angeklagten und das Verhältnis der Taten zueinander nicht durchweg rechtlich zutreffend bestimmt, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts – die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Daher hat der BGH die Strafaussprüche aufgehoben und die Sache insoweit an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen. Zudem muss über die Höhe der Einziehung neu entschieden werden. Denn bisher sei dort nicht berücksichtigt worden, dass dem am Verfahren beteiligten MVZ im Zusammenhang mit der an sich sachgemäßen Krankenbehandlung berücksichtigungsfähige Aufwendungen entstanden sein könnten. |
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