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Management
Mit KISS durch die Krise
Beratung und Zusatzverkäufe in Zeiten von Mundschutz und Plexiglas
Gefühlt so oder so ähnlich hilflos mag es unseren Kunden gehen. Unsicherheit beim Betreten unserer Apotheke. Und geht es uns nicht mittlerweile genauso? Das, was vorher Räume waren, in denen wir uns wie zu Hause und geschützt, traumwandlerisch sicher und bestens aufgehoben fühlten, dürfen wir mit einem neuen, offen erforschenden Bewusstsein betreten. Uns gewahr werden, wie genau wir uns verhalten (wahlweise sollten), wie wir uns in ihnen bewegen und begegnen dürfen und was genau von uns erwartet wird. Das, was wir (nicht nur) im Backoffice erleben, gilt für unsere Kunden im HV in gleichem Maße. Und, seien wir mal ganz ehrlich, unser Ort ist nun auch noch ein ganz spezieller Ort. Einer, den viele unserer Kunden nur im Notfall betreten. (Wobei sich die Definition des Wortes „Notfall“ auf Kundenseite durchaus signifikant von der unsrigen unterscheiden kann – wie wir in Not- und Nachtdiensten ja manchmal schlaftrunken und minderbegeistert erfahren).
Einmal vor der Plexiglasscheibe angekommen, in Schrittstellung verharrend, unterscheidet sich der nun folgende Ablauf oberflächlich betrachtet für unseren Kunden nicht mehr signifikant. Gehen wir in die Tiefe und lauschen ein wenig (Nein, ausnahmsweise einmal nicht in uns hinein ...) den folgenden Gesprächen, so dürfen wir feststellen, dass sich die Geräuschkulisse aufgrund der notwendig gewordenen baulichen Maßnahmen teils erheblich geändert hat. Und wenn ich ehrlich sein darf: nicht zum Positiven. Sie ist lauter. Teils erheblich lauter. Und wir alle kennen das Prinzip. Rechts außen wird laut geredet. Die Antwort erfolgt mit gleicher Intensität. Sie stehen daneben. Und verstehen leider die Worte Ihres Gegenübers nicht mehr. Was tun Sie? Na klar, Sie erheben ebenfalls Ihre Stimme. Bis zwei Kassenplätze weiter das – in mir taucht gerade das Wort „Gebrüll“ auf – wieder abebben kann. Die gesamte Akustik bauscht sich wie eine Welle auf.
Stimmbänder nicht dauerhaft strapazieren
An dieser Stelle möchte ich mit Ihnen Folgendes teilen: Ich durfte in mehreren meiner Coachings erleben, wie nach Bewusstwerden dieser Tatsache wieder Ruhe eintreten konnte. Was haben wir getan? Nun, ein Positionswechsel der Kolleginnen und Kollegen auf die Kundenseite brachte (überraschenderweise) die Erkenntnis, dass es auf „unserer“ Seite geräuschintensiver war. Unter der Prämisse, dass wir als Personal die Lautstärke vorgeben und vom Kunden lediglich diesbezüglich gespiegelt werden, bestand der nächste Schritt darin, einen Versuch zu wagen und die eigene Stimmqualität zu kontrollieren. (Sie wissen, was ich meine! Pst. Leise!). Und da (fast) alle einhellig der Meinung waren, dass es extrem anstrengend und belastend ist, so lautstark argumentieren und beraten zu müssen, war ebenso schnell der Entschluss gefasst, sich gegenseitig daran zu erinnern, sollte die eigene Tonalität mal wieder zu dominant im Raum sein. (Damit hatte sich gleichfalls das eben noch in Klammern gesetzte Wörtchen „fast“ wie von selbst erledigt. Denn wenn nur noch eine Stimme übermäßig laut zu hören ist, ist das für den Betreffenden auch nicht mehr sonderlich angenehm!). Ich bin ehrlich mit Ihnen: Natürlich ist dies ein Weg, auf den wir uns machen. Wir werden es bei vollbesetzter Apotheke trotz einer geringeren Anzahl an Kunden nicht auf Anhieb schaffen, die stimmliche Anspannung, die sich in den letzten Wochen aufgebaut hat, komplett loszuwerden. Darum geht es meines Erachtens auch in diesem Prozess nicht. Viel wichtiger scheint mir zu sein, die so aufgewandte Energie und die damit verbundene Anstrengung zu reduzieren und sinnvoll in andere Bahnen zu lenken.
Zum Beispiel um zu spüren, ah, ok, es darf leicht sein. Ich muss meine Stimmbänder nicht dauerhaft strapazieren. Und die Lautstärke unterstützt ja nun die Aussagekraft dessen, was wir da gerade vermitteln wollen, nicht zwingend.
Zum Beispiel auch, um unseren Kunden proaktiv einzuladen, dass er nähertreten möge. Denn unser Kunde, Sie erinnern sich, befindet sich möglicherweise immer noch relativ unsicher, mit Maske geschützt, in Schrittstellung vor unserem HV. (Hat übrigens auch den Vorteil, dass wir uns sehr viel seltener gegenseitig ermahnen müssen, doch ein wenig leiser zu sein!). Und an dieser Stelle sei erwähnt: Je sicherer Sie sich sind, desto sicherer fühlt sich Ihr Pendant. Das, was Sie schon in diesem Moment, bevor es mit unserer eigentlichen Arbeit losgeht, an Präsenz und Klarheit vermitteln, kommt Ihnen und Ihrem Beratungsgespräch in der Folge zugute.
Glaubenssatz an Umstände anpassen
Und nun, last but not least: die eventuell bestehende Idee, der gern einmal aufkeimende Gedanke, dass all das generell nicht mehr dazu angetan ist, ein ergänzendes Beratungsgespräch zu führen. Kombiniert mit der immer noch (leider und zu Unrecht) landläufigen, etablierten und so ungern revidierten Meinung, unsere Kunden wollten nicht beraten werden. Trennen wir uns an dieser Stelle von diesen Thesen. Diesen alten Zopf, diesen uralten Glaubenssatz, der in seiner Grundsätzlichkeit wirklich hinfällig ist, dürfen wir ein Stück weit loslassen. Jetzt. Sofort. Nun, wenn wir uns von etwas verabschieden (Achtung: hier schreibt der Coach!), dann entsteht eine Lücke, die wir tunlichst wieder füllen dürfen, um komplett zu sein. Womit? Wir installieren ab sofort eine andere Idee, einen neuen Glaubenssatz: „Ich berate meinen Kunden den (neuen) Umständen entsprechend umfassend.“ Fühlt sich gut an? Dann behalten wir diesen neuen Glaubenssatz direkt und fragen uns, wie wir ihm Taten folgen lassen können und uns den Umständen anpassen können. Ist noch nicht ganz stimmig für Sie? Dann verändern Sie auf Wunsch diese Formulierung so lange, bis Sie sie annehmen können.
Anmerkung des Coaches: Glaubenssätze an sich sind stets gut, wichtig und wertvoll. Sie dürfen respektiert und wertgeschätzt werden. Sie sind aus einem guten Grund entstanden. Da nichts so beständig wie der Wandel ist, dürfen allerdings auch sie sich wandeln, wenn es an der Zeit ist. Sie dürfen auch bestehen bleiben in den Situationen, in denen sie weiterhin dienlich sind. Und zu unserem Basisansatz werden wir auch in Zukunft (öfter als uns lieb sein mag) wieder zurückkehren. Behalten wir unseren Glaubenssatz also im Hintergrund und geben dem neuen Ausdruck eine Chance.
Wie also sind die „neuen Umstände“ und wie können wir uns beratungstechnisch darauf einstellen? Kreative Ideen sind gefragt. Abgesehen von der nicht ganz unwesentlichen Beschreibung dessen, was wir unter „umfassender Beratung“ verstehen. Falls wir hier stundenlange, epische Gespräche vor unserem geistigen Auge sehen und hören, die in die Tiefen des pharmazeutischen Wissens vorzudringen vermögen, unter Berücksichtigung aller Unwägbarkeiten und unvorhersehbaren Ereignisse, so bin ich komplett bei den Verfechtern der Beratungsunwilligkeit. Das wollen unsere teilmaskierten Kunden nicht. Die atmen in dieser Phase ihres Aufenthaltes gerade nur noch flach vor sich hin in der Hoffnung auf baldige Erlösung. (Je nach Lieferbarkeit des Objektes unserer Begierde – oh je – wir auch.)
Definieren wir umfassende Beratung (und leisten dem gleich folgenden Prinzip schon hier Folge) als eine möglichst den Kundenwunsch komplettierende, proaktiv gestaltete, lösungsorientierte Informationseinheit mit dem Ansatz, ein bestehendes Problem zu lösen, dann können wir Beratung auch kurz und bündig und auf den Punkt gestalten. Dem schon angekündigten Prinzip KISS Tribut zollend.
Vom Handzettel bis zum Podcast
KISS steht dabei für (natürlich neuhochdeutsch!) Keep-it-short-and-simple. So einfach, so strukturiert und so prägnant wie möglich. Klar. Ergebnisoffen. Angebot. Und Nachfrage. Ohne Umschweife. Eine direkte weiterführende Information. Und an dieser Stelle sei ebenfalls erwähnt: Es hat niemand behauptet, die Beratung müsse mündlich erfolgen. Sie dürfen es sich durchaus erlauben, Handzettel, Post-its, Informationsbroschüren für zu Hause mitzugeben. (Möglicherweise sind die reduzierten Kundenströme dazu angetan, genau diese einmal zu aktualisieren und auf Vordermann zu bringen!)
„Old-school“? Ja. Und immer noch gut! Weil lesenswert. Sie mögen es lieber digital? Und Ihre Kunden auch? Dann via Social Media. Per Blog. Vlog. Podcast. (Und ja: Kreative Ideen sind gefragt!). Und auch hier gilt weiterhin: KISS. Denn unsere Aufmerksamkeitsspanne hat sich im digitalen Zeitalter grundsätzlich immens verringert. (Sind Sie an dieser Stelle des Artikels angekommen, so haben Sie meinen vollen Respekt und Ihre Spanne der Aufmerksamkeit liegt deutlich über dem Durchschnitt!)
Unser Kunde, im KISS-Prinzip online oder offline umfassend beraten, wird es Ihnen danken, dass Sie seinen Besuch in der Apotheke für ihn bewusst zuträglich gestaltet haben. Sie selbst, nicht nur Dank der erfolgten Lautstärkenanpassung, dürfen neue Energien tanken. Und ich darf mich mit einem KISS und dem dazu passenden Zitat von Einstein heute von Ihnen verabschieden: „Nur einfache Dinge erzielen eine große Wirkung.“
In diesem Sinne, eine einfache, gestalterisch kreative und wirkungsvolle Woche für Sie und Ihre Kunden, bleiben Sie gesund und munter! |
Literaturtipp „Mehr. Möglichkeiten. More.“
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Monika Raulf
Pharmazeutisches Coaching – Ein „Mehr“ an Möglichkeiten
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