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Selbstmedikation

Chancen und Herausforderungen innovativer Switches

Teil 3: Triptane in der Migränebehandlung

Eine ärztlich diagnostizierte Migräne betrifft über 3,6 Millionen Menschen in Deutschland, die Dunkelziffer liegt allerdings bei circa 8 Millionen Betroffenen. Als wirksames Mittel zur Therapie bei einer akuten Migräneattacke gelten Triptane. Zur Zeit sind sieben verschiedene Triptane in Deutschland verfügbar, von denen zwei bereits rezeptfrei erhältlich sind. | Von Uwe May, Cosima Bauer, Anissa Schneider-Ziebe

Der schnelle und unkomplizierte Zugang zu adäquaten Arzneimitteln ist im Fall einer akut einsetzenden Migräneattacke die Voraussetzung, um umgehend auf die starken Kopfschmerzen sowie Begleitsymptome reagieren zu können. Im Fall chronischer Erkrankungen wie der Migräne ist die Selbstmedikation als Beitrag zur Entlastung des Gesundheitssystems und einer besseren – vor allem schnelleren – Versorgung mit Arzneimitteln von großer Bedeutung.

Das Krankheitsbild

Migräne verursacht einseitige pulsierende Kopfschmerzen von mittlerer bis starker Intensität. Hinzu kommen weitere Symptome wie etwa eine hohe Licht- und Geräuschempfindlichkeit, Übelkeit, Erbrechen. Häufig kündigt sich eine bevorstehende Migräneattacke durch eine sogenannte Aura, die beispielsweise mit Seh- und Sprachstörungen, Missempfindungen und Schwindel einhergeht, oder durch andere Symptome wie häufiges Gähnen oder starke Schläfrigkeit an. Rund 4,5% der deutschen Bevölkerung leiden an einer diagnostizierten Migräne, wobei aufgrund einer hohen Dunkelziffer von ca. acht Millionen Betroffenen ausgegangen wird. In etwa drei Viertel der Fälle sind Frauen von Migräne betroffen und das Alter liegt meistens zwischen 18 und 65 Jahren. Demnach leiden besonders Menschen im „Arbeits­alter“ unter dieser Erkrankung, die ein Arbeiten während der akuten Attacke quasi unmöglich macht und so hohe Arbeitsunfähigkeitszeiten verursacht. Wodurch eine Migräneattacke ausgelöst wird, wird derzeit in Fachkreisen noch diskutiert. Die gängigste Erklärung ist jedoch, dass es zu einem gestörten Gleichgewicht der Transmittersubstanz Serotonin kommt, das eine Erweiterung der Blutgefäße im Gehirn verursacht. Dadurch können Substanzen aus den Gefäßen austreten, die die Schmerzrezeptoren auslösen und Schmerzempfinden sowie weitere Symptome auslösen können. Bestimmte Stimuli wie Stress, nitrathaltige Arzneimittel, Schokolade, Rotwein und bestimmte Käsesorten konnten bisher als Stimuli identifiziert werden.

Aufgrund der Stärke des Schmerzes und der starken Begleitsymptome sollte eine akute mittelstarke bis starke Migräneattacke immer behandelt werden. Bei leichten Attacken kann es ausreichen, sich in eine reizarme Umgebung zurückzuziehen und sich auszuruhen, meistens ist jedoch eine medikamentöse Therapie das Mittel der Wahl. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfehlen in ihren Behandlungsleitlinien eine Therapie mit Triptanen. Arzneistoffe aus dieser Gruppe sind nachgewiesenermaßen effektiv und sicher, sowohl in der Schmerzbehandlung als auch bei der Behandlung der Begleitsymptome einer Migräneattacke. In Deutschland sind derzeit sieben Triptane – Almotriptan, Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Sumatriptan und Zolmitriptan – zugelassen. Sie stehen in verschiedenen Darreichungsformen, z. B. als Tabletten, Nasensprays, Suppositorien und Injektions-Pens, zur Ver­fügung. Durch die Anwendung des Triptans kommt es zu einer Verengung der Blutgefäße, wodurch die schmerzverursachenden Substanzen nicht mehr austreten können. Aufgrund dieses Wirkmechanismus ist eine Triptan-Einnahme beim Bestehen kardiovaskulärer Erkrankungen, bei denen eine Verengung der Blutgefäße vorliegt und bei denen eine weitere Verengung zu schweren Komplikationen führen könnte (z. B. Herzinfarkt, Arterienverschluss, Schlaganfall), kontraindiziert. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass die Erstdiagnose der Migräne und die initiale Entscheidung für die Therapie mit Triptanen durch einen Arzt erfolgen.

Triptane können jederzeit während einer Migräneattacke eingenommen werden, häufig ist ihre Wirksamkeit bei einer frühzeitigen Dosis allerdings besser. Im optimalen Fall erfolgt die Einnahme bei den ersten Anzeichen einer bevorstehenden Attacke, wodurch sie stark gehemmt oder sogar ganz vermieden wird. Eine wichtige Besonderheit bei der Anwendung von Triptanen ist, dass sie nur dann ihre schmerzhemmende Wirkung entfalten, wenn tatsächlich eine Migräne der Auslöser der Schmerzen ist. Damit gibt es keinen Anreiz für Patienten, die nicht an Migräne leiden, Triptane zu verwenden, weshalb ein Medikamentenmissbrauch an dieser Stelle sehr unwahrscheinlich ist.

Triptane variieren in ihrer Dauer bis zum Wirkeintritt, der eigentlichen Wirkdauer, ihren verfügbaren Darreichungsformen und ihren Nebenwirkungsprofilen. Es gibt keine Richtlinie, für welchen Migränepatienten welches Triptan am besten geeignet ist und es ist möglich, dass bei Patienten nur eines der sieben verfügbaren Triptane wirksam ist. Es gilt dann als unwirksam, wenn in drei aufeinanderfolgenden Migräneattacken, bei denen das gleiche Triptan angewendet wurde, keine Besserung der Symptome eingetreten ist. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass Patienten die Möglichkeit haben, mehrere Triptane auszuprobieren, bevor sie ein wirksames und gut verträgliches Triptan für ihre Therapie finden.

Rezeptfreie Verfügbarkeit von Triptanen

In Deutschland wurde mit Naratriptan im Jahr 2006 weltweit das erste Triptan aus der Verschreibungspflicht entlassen (Rx-to-OTC-Switch oder kurz: Switch), im Jahr 2009 folgte die Entlassung von Almotriptan. Beide Wirkstoffe sind in „Attack-Packs“ zu je zwei Tabletten (entsprechend der Tageshöchstdosis) rezeptfrei verfügbar. Mit dem Switch von Naratriptan hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Sicherheit der Anwendung von Triptanen in der Selbstmedikation anerkannt. Diese beiden Triptane sind im internationalen Vergleich nur in Deutschland ohne eine Verschreibung erhältlich, während Sumatriptan in vier und Zolmi- und Rizatriptan jeweils in zwei Ländern erhältlich sind. Mit je drei Triptanen (Suma-, Riza- und Zolmitriptan) ist in Neuseeland und Schweden jeweils die größte Vielfalt an Triptanen rezeptfrei erhältlich. Abb. 1 zeigt die Verfügbarkeit rezeptfreier Triptane im internationalen Vergleich.

Abb. 1: Rezeptfreie Triptane im internationalen Vergleich (eigene Darstellung basierend auf AESGP 2018 Vgl. AESGP (2018): OTC ingredients. Search items: all countries; Sumatriptan, Zolmitriptan, Rizatriptan, Almotriptan, Naratriptan, Eletriptan, Frovatriptan. Im Internet abrufbar unter: http://www.aesgp.eu/facts-figures/otc-ingredients/ [Zugriff am 11.06.2018])

Sumatriptan ist basierend auf verschriebenen Tagesdosen das am meisten genutzte Triptan in Deutschland (67% im Jahr 2016 [1]). Da es bereits in vier weiteren Ländern aus der Rezeptpflicht entlassen wurde, könnte bei einem Rx-to-OTC-Switch auf dort gemachte Erfahrungen zurückgegriffen werden. Durch die rezeptfreie Abgabe von Triptanen in Apotheken kann einerseits ein schneller Zugang im Fall einer akuten Migräneattacke ermöglicht werden, andererseits steht ein Heilberufler zur individuellen Beratung zur Verfügung. Aufgrund der Kontraindikationen ist die rezepfreie Ab­gabe an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, die vom Apotheker abgefragt werden. Beispielsweise muss eine initiale ärztliche Diagnose der Migräne gestellt worden sein und der Patient muss auf mögliche Kontraindikationen aufmerksam gemacht werden.

Weitere Switches

Anträge für die Entlassung von Suma- und Zolmitriptan aus der Verschreibungspflicht wurden in den Jahren 2009 und 2012 aufgrund formaler Beweggründe vom Bundesrat abgelehnt, obwohl der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht die Entlassung befürwortet hat. Eine Verfügbarkeit von vier rezeptfreien Triptanen würde den Patienten in Deutschland einen bislang weltweit beispiellos breiten Zugang zu rezeptfreien Triptanan bieten. Da Deutschland international eine Vorreiterrolle bei Switches innehat, liegt es nahe, dass die Entlassung weiterer Triptane aus der Rezeptpflicht angestrebt werden sollte.

In verschiedenen Befragungen [2] wurde der Bedarf an weiteren Triptan-Switches erhoben. Im Deutschen Gesundheitsmonitor des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) gaben 42% der an Migräne leidenden Befragten an, dass sie gerne mehr rezeptfreie Triptane zur Verfügung hätten. Darüber hinaus gaben in weiteren Umfragen 70% der Apotheker und pharmazeutischen Angestellten sowie 48% der Ärzte an, dass sie die Entlassung weiterer Triptane aus der Rezeptpflicht befürworten [3 – 4] (siehe Kasten „Triptan-Switch – ja oder nein?“. Dies zeigt, dass auch aus der praxisorientierten Sicht der heilberuflich Tätigen ein Bedarf an weiteren rezeptfreien Triptanen gesehen wird.

Triptan-Switch – ja oder nein? Umfrage des BAH

Aus drei deutschlandweiten Umfragen in Apotheken [4], bei Ärzten [7] und Patienten [8] – initiiert vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH) – geht der Bedarf an weiteren OTC-Triptanen deutlich hervor. Während die positive Zustimmung in der Apothekenumfrage mit 69,5 Prozent von 466 Teilnehmern am höchsten ist, beträgt sie bei den 540 teilnehmenden Ärzten 48,2 Prozent. Unter den 1000 befragten Patienten gaben 26 Prozent an, unter Migräne oder anderen Kopfschmerzformen zu leiden. Obschon in dieser Indikation eine Reihe von Arzneistoffen, darunter auch zwei Triptane, rezeptfrei verfügbar sind, wünschte sich nahezu jeder zweite Betroffene (42 Prozent) weitere apothekenpflichtige Arzneimittel für die Behandlung ihrer Krankheit.

Die enorm große Unterstützung innerhalb der Apotheker und deren Angestellten lässt sich auch darin ersehen, dass drei von vier befragten Apothekern und PTA trotz des antizipierten Mehraufwandes weitere Switches von Triptanen in ihren Apotheken für leistbar halten.

Innerhalb der Ärzteumfrage, an der 540 Mediziner teilnahmen, ergeben sich zwei interessante Punkte. Zum einen sind 70% der Teilnehmer unter 50 Jahren für weitere apothekenpflichtige Triptane. Zum anderen ist auch die Mehrheit der abstimmenden Neurologen positiv und sieht kein Problem in einem weiteren Triptan-Switch.

Andrea Stippler und Dr. Elmar Kroth, BAH

Von besonders großer Bedeutung ist die Entlassung aus der Rezeptpflicht mit Blick auf diejenigen Patienten, die aufgrund der Hürde eines Zugangs zu geeigneten Arzneimitteln, der nur über einen Arztbesuch möglich ist, auf eine adäquate Medikation verzichten und sogenannten therapeutischen Nihilismus betreiben. Da, wie oben bereits dargestellt, die Wirksamkeit der Triptane bei den Patienten individuell variiert, ist es nicht immer möglich, dass beispiels­weise ein Migräniker, der gut auf Sumatriptan anspricht, stattdessen problemlos auf ein rezeptfrei erhältliches Almo- oder Naratriptan ausweicht. Eine adäquate Medikation würde in diesem Fall also die Rezeptfreiheit von Sumatriptan voraussetzen. Folglich sind auch aus Versorgungssicht weitere Rx-to-OTC-Switches von Triptanen indiziert.

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In Deutschland leiden schätzungsweise rund acht Millionen Menschen an Migräne, drei Viertel der Betroffenen sind Frauen und das Alter liegt meistens zwischen 18 und 65 Jahren.

Gesundheitsökonomische Betrachtung

Die Krankheits- und Behandlungskosten für Migräne liegen in Deutschland nach der Gesundheitsberichterstattung des Bundes bei über 450 Millionen Euro jährlich [5]. Zudem können durch Krankheitstage und Arztbesuche während der Arbeitszeit erhebliche Produktivitätsverluste für die nationale Volkswirtschaft ausgemacht werden. Im Auftrag des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH) wurde in Anbetracht dieser hohen ökonomischen Relevanz durch die Verfasser des vorliegenden Artikels untersucht, welche Effekte weitere Entlassungen von Triptanen aus der Rezeptpflicht für einzelne Akteure des Gesundheitswesens hätten.

Bei der gesundheitsökonomischen Analyse, durchgeführt vom Beratungsunternehmen May+Bauer Konzepte im Gesundheitsmarkt und initiiert vom BAH, wurden neben einer Bestandsaufnahme der Situation unter Migränepatienten auch die Auswirkungen auf das Gesundheitssystem und die Volkswirtschaft analysiert. In der Teilnehmerpopulation der Migräniker dieser Arbeit lässt sich deutlich das Verteilungsbild, welches dieser Indikation regelmäßig zugeschrieben wird, erkennen. Die Mehrheit der Teilnehmer ist zwischen 25 und 65 Jahren alt und die meisten Patienten sind Frauen. Zudem sind 62 Prozent berufstätig und im Durchschnitt entstehen drei Krankheitstage im Quartal aufgrund von Migräneattacken. Die meisten Teilnehmer gaben an, dass sie nur zum Arzt gehen, da das in ihrem Fall wirksame Triptan nicht ohne Rezept erhältlich ist und der Arzt größere Packungen verschreiben kann. Somit ist der typische Migränepatient erwerbstätig, in einer sehr produktiven und leistungsorientierten Lebensphase und möchte eine für ihn schnelle und einfache Lösung. Aus gesundheitsökonomischer Sicht kann dieser Wunsch der Patienten untermauert werden. Berechnungen der Analyse von May+Bauer ergeben eine erhebliche Zeitersparnis für den Patienten durch eine rezeptfreie Verfügbarkeit von weiteren Triptanen in der Apotheke vor Ort. Und auch Krankenkassen sowie die nationale Volkswirtschaft könnten enorme Einsparungen durch wei­tere OTC-Triptane realisieren [2]. Dies stützt auch eine aktuelle Studie des WifOr-Instituts im Auftrag von Novartis. Laut dieser verliert die deutsche Volkswirtschaft 1166 Milliarden Euro bis 2024 wegen Fehl- oder Krankheitstagen aufgrund von Migräne. Das entspricht 15,4 Milliarden Stunden aktiver, produktiver Zeit, die der Patient seinen Beschäftigungen nachgehen könnte (anstatt im überfüllten Wartezimmer zu sitzen) [6].

Schon wenn nur Sumatriptan geswitched werden würde und die Hälfte der Migränepatienten, die diesen Wirkstoff verwenden, ihn nicht mehr über eine ärztliche Verschreibung, sondern rezeptfrei direkt aus der Apotheke beziehen würde, zeigen sich nach der May+Bauer-Analyse deutliche Einsparungen für die Gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von über 319 Millionen Euro. Noch deutlicher ist der Wert von über 356 Millionen Euro, der der Volkswirtschaft in diesem Szenario durch vermiedene Produktivitätsverluste infolge von Arztbesuchen während der Arbeitszeit und Krankheitstagen erhalten bleiben würden. Obwohl die Kosten für Patienten für ein Attack-Pack zu je zwei Tabletten höher sind als eine mögliche Zuzahlung für verschriebene Triptane, ist aus Patientensicht der schnelle Zugang zu einer adäquaten Arzneimittelversorgung von großer Bedeutung. Dies gilt insbesondere für diejenigen Patienten, die unregelmäßig und eher selten eine Attacke erleiden oder die kurzfristig ihre Medikation nicht verfügbar haben. Packungen, die mehrere Einzeldosen enthalten und vor allem denjenigen Patienten zur Verfügung gestellt werden müssen, die unter häufigen Migräneattacken leiden, sollen weiterhin verschreibungs- und damit erstattungsfähig bleiben. In jedem Fall gilt, dass eine frühe Einnahme von Triptanen beim Auftreten erster Symptome einer Migräneattacke zu einer deutlich milder verlaufenden Attacke oder sogar zu einer Verhinderung der Schmerz­symptomatik führen kann. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten einer Apotheke gilt, dass die Einnahmen im Fall der Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln pro Packung in der Regel höher als bei rezeptfreien Präparaten sind. Dies ist auch im Fall von Triptanen so, allerdings muss hierbei auch in Rechnung gestellt werden, dass der Kauf der kleinen OTC-Packungen deutlich häufiger erfolgen muss, wodurch Mindereinnahmen durch ausbleibende Rezept­einlösungen wohl ausgeglichen werden können. Überdies steht zu erwarten, dass eine bedeutende Zahl bisher unbehandelter Patienten durch den Rx-to-OTC-Switch zu Triptan-Neuverwendern respektive –käufern in der Offizin wird. Aus berufspolitischer Sicht kommt hinzu, dass die versorgungsrelevante Position der Apotheker als beratende und informierende heilberufliche Instanz im Kontext der Ver­sorgung chronisch erkrankter Patienten mit rezeptfreien Arzneimitteln gestärkt und somit das heilberuf­liche Profil geschärft wird. Insbesondere in Anbetracht möglicher Nebenwirkungen und Kontraindikationen im Zusammenhang mit Triptanen ist diese pharmazeutische Aufgabe von besonderer Bedeutung.

Aufgrund der hohen Symptomlast, die mit einer Migräne­attacke einhergeht, ist – wie oben dargestellt – aus Versorgungssicht besonders wünschenswert, dass bisherige therapeutische Nihilisten, durch die rezeptfreie Verfügbarkeit Zugang zu Triptanen erhalten. Abb. 2 zeigt schematisch auf Basis bestehender Verordnungszahlen und Marktanteile der jeweiligen Triptane, welche Effekte weitere Entlassungen von Triptanen aus der Rezeptpflicht haben könnten.

Abb. 2: Potenzielle Entwicklung von Triptan-Verwendern in verschiedenen Switch-Szenarien (eigene Darstellung)

Fazit

Triptane gelten als sicher und effektiv in ihrer Anwendung im Fall einer akuten Migräneattacke. Wie alle Arzneimittel können sie Nebenwirkungen haben und es bestehen Kontraindikationen, denen durch eine initiale ärztliche Diagnose und eine eingehende Beratung in der Apotheke wirksam vorgebeugt und begegnet werden kann. Eine Besonderheit der Triptane besteht darin, dass meistens nur ein Triptan pro Patient gut wirksam die Symptome lindert oder sogar verhindern kann, die mit einer Migräneattacke einhergehen. Dies macht ein Suchen nach der am besten geeigneten Medikation nach dem „Try-and-error“-Prinzip notwendig. Im praktischen Versorgungsgeschehen bildet dabei die eingeschränkte Verfügbarkeit rezeptfreier Triptane und ein notwendiger Arztbesuch für entsprechende Verschreibungen eine Hürde für eine optimale Medikation der Patienten. Zudem sehen neben einem großen Teil der Patienten auch Ärzte und Apotheker den Bedarf an weiteren rezeptfrei verfügbaren Triptanen.

Mit Migräne und deren Behandlung ist großes ökonomisches Potenzial verbunden. Aufgrund dessen und in Anbetracht der derzeit eingeschränkten Optionen zur Selbstmedikation mit Triptanen, die insbesondere im Hinblick auf therapeutische Nihilisten eine nicht optimale Versorgungssituation mit sich bringen, sollten weitere Switches von Triptanen angestrebt werden. |

Literatur

[1] Schwabe U, Paffrath D, Ludwig W-D, Klauber J (Hrsg.). Arzneiverordnungsreport 2017. Springer Verlag, Berlin 2017, S. 565

[2] Schneider-Ziebe A, May U. The treatment of migraine patients with triptans – is there a need for further Rx-to-OTC switches? Gesundheitsökonomie und Qualitätsmanagement

[3] Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller. Repräsentative Umfragen: Apotheker und Ärzte wollen mehr rezeptfreie Wirkstoffe. Im Internet abrufbar unter: https://www.presseportal.de/pm/54882/3968196 (Zugriff am 20.06.2018), 2018, S. 10, 12

[4] Stippler A, Kroth E, Eckstein N. To switch or not to switch?: Erste deutschlandweite Umfrage zum OTC-Bedarf aus Sicht der Apothekerschaft. Deutsche Apotheker Zeitung. 2018;158:74-81

[5] Gesundheitsberichterstattung des Bundes (2015): Krankheitskosten Migräne 2015

[6] Seddik A, Branner J, Ostwald DA. Krankheitslast und sozioökonomische Auswirkungen von Migräne in Deutschland 2018

[7] Stippler A, Voltz A, Kroth E, Eckstein N. OTC-Switches sind Option für viele Ärzte. Ärzte Zeitung. 13.06.2018;65:74-81

[8] Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e. V., editor. Von der Verschreibungs- zur Apotheken-Pflicht; 2018

Autoren

Prof. Dr. rer. pol. Uwe May ist als Studiendekan an der Hochschule Fresenius für den Masterstudiengang International Pharmacoeconomics and Health Economics verantwortlich. Er ist Mitbegründer der Unternehmensberatung May und Bauer – Konzepte im Gesundheitsmarkt und war langjähriger Lehrbeauftragter der Charité-Universitätsmedizin Berlin sowie der Cardiff University. Seine Schwerpunkte sind Gesundheits- und Pharmakoökonomie, Kosten- und Nutzenbewertungen sowie konzeptionelle und strategische Fragen des OTC-Marktes.

Cosima Bauer, M.A. ist Politikwissenschaftlerin. Sie ist Mitbegründerin der Unternehmensberatung May und Bauer – Konzepte im Gesundheitsmarkt und gibt als Lehrbeauftragte an der Hochschule Fresenius sowie in der Weiterbildung von Apothekern ihre praktischen und wissenschaftlichen Erfahrungen weiter. Ihre Schwerpunkte sind Gesundheits- und Pharmapolitik, sozialrechtliche Marktregulierung sowie stra­tegische Fragen des Marktzugangs und Pricings in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung.

Anissa Schneider-Ziebe, M.Sc.hat Health Economics (B.A.) und International Pharmacoeconomics, Health Economics & Market Strategies for Healthcare Products (M.Sc.) an der Hochschule Fresenius studiert und ist als Projektmanagerin für die Unternehmensberatung May und Bauer – Konzepte im Gesundheitsmarkt tätig. Zudem ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Fresenius und hat dort vor Kurzem die Leitung des Studiengangs Management und Ökonomie im Gesundheitswesen (B.A.) übernommen.

ziebe@may-bauer.de

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