Arzneimittel und Therapie

Hoffnungsträger in der Lipidsenkung

Bempedoinsäure bewährt sich in einer weiteren klinischen Studie

Statine gelten als Mittel der Wahl zur Senkung erhöhter Lipidspiegel. Da die gewünschten Zielwerte auch mit einer Hochdosistherapie nicht immer erreicht werden und die HMG-CoA-Reduktase-Hemmer mit Nebenwirkungen verbunden sind, wird nach neuen Wirkstoffen gesucht. Ein vielversprechender Kandidat ist Bempedoinsäure.

Physiologisch ist Cholesterol wichtig für die Bildung von Gallensäuren, Hormonen und Zellmembranen. Es wird sowohl über die Nahrung aufgenommen (ca. 0,5 g/Tag) als auch vom Körper selbst synthetisiert (ca. 1 g/Tag) [1]. Bei zu hohen Cholesterol-Spiegeln kann es jedoch zu Einlagerungen in den Blutgefäßen und atherosklerotischen Veränderungen kommen.

Die US-amerikanischen Leitlinien des American College of Cardiology und der American Heart Association (ACC/AHA) aus dem Jahr 2018 fordern bei Patienten mit arteriosklerotischer Herz-Kreislauf-Erkrankung und einem sehr hohen Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse einen Zielwert für LDL(low-density lipoprotein)-Cholesterol von unter 70 mg/dl. In Europa werden die Zielwerte für solche Hochrisikopatienten von der European Society of Cardiology (ESC) seit diesem Jahr sogar auf unter 55 mg/dl gesetzt [2]. Eine alleinige Therapie mit Statinen reicht jedoch oft nicht aus, um die LDL-Cholesterol-Werte ausreichend zu senken. Zudem kann es unter Statinen insbesondere bei hoher Dosierung zu Muskelbeschwerden und im schlimmsten Fall zu einer Rhabdomyolyse kommen. Um die gewünschten Zielwerte zu erreichen, ist daher häufig der ­Einsatz zusätzlicher Lipidsenker wie Ezetimib oder Inhibitoren der Proproteinkonvertase Subtilisin Kexin Typ 9 (PCSK9) erforderlich. Auch Bempe­doinsäure könnte bald als wichtige Unter­stützung in der Therapie an­gewendet werden. In einer aktuellen Phase-III-Studie wurde die Wirksamkeit und Verträglichkeit des neuen Wirkstoffs bei 779 Patienten belegt [3].

Wie wirkt Bempedoinsäure?

Bempedoinsäure ist ein Prodrug und wird in der Leber aktiviert. Die aktive Thioester-Form inhibiert die ATP-Citrat-Lyase – ein Enzym, das für die Synthese von Cholesterol benötigt wird. Mithilfe der ATP-Citrat-Lyase wird eine Acetylgruppe von Citrat auf Coenzym A (CoA) übertragen und Acetyl-CoA gebildet. Dieser Angriffspunkt liegt oberhalb der HMG-CoA-Reduktase, die durch Statine gehemmt wird. Anders als die Statine wirkt Bempe­doinsäure selektiv in der Leber – nicht jedoch im Skelettmuskel. Das Risiko für muskelbezogene Nebenwirkungen soll so reduziert werden.

LDL-Spiegel signifikant reduziert

In die randomisierte Doppelblindstudie CLEAR Wisdom wurden Personen eingeschlossen, bei denen eine arteriosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankung und/oder eine heterozygot familiäre Hypercholesterolämie vorlag. Zu Studienbeginn betrug der durchschnittliche LDL-Wert der Teilnehmer 120,4 mg/dl bei Statin-Therapie in ­maximal tolerierter Dosis. Die interventionelle Behandlung erfolgte über einen Zeitraum von 52 Wochen bei täglicher Einmalgabe von Bempedoinsäure (oral, 180 mg) oder einem Placebo zusätzlich zur bestehenden Therapie. Die Messungen der LDL-Cholesterol-Spiegel zeigten reduzierte Werte ab der zwölften Behandlungswoche in der Bempedoinsäure-Gruppe (- 15,1% vs. + 2,4% unter Placebo). Der Unterschied zu Placebo war signifikant. Harnwegsinfektionen und Hyperurikämie traten unter Bempedoinsäure etwas häufiger auf als unter Placebo. Muskel-assoziierte Symptome wurden in beiden Gruppen selten beobachtet. Wie lange die Wirkung der Bempedoinsäure anhält und welche Sicherheitsrisiken eine Langzeitbehandlung hat, muss in weiteren Studien geklärt werden.

Zulassung beantragt

Bei der aktuellen Studie handelt es sich um die vierte von insgesamt fünf Studien im klinischen Entwicklungsprogramm CLEAR zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Bempedoinsäure. Bis jetzt konnte in allen Studien eine Senkung des Cholesterol-Spiegels gezeigt werden [4 – 6]. In der CLEAR-Outcomes-Studie wird nun untersucht, ob Bempedoinsäure das Auftreten kardio­vaskulärer Ereignisse bei Statin-intoleranten Patienten verringert. Die Ergebnisse dieser Studie sollen 2022 veröffentlicht werden. Eine Zulassung des Wirkstoffes in den USA und Europa wird zurzeit durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) geprüft [7]. |

Literatur

[1] Aktories K et al. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie (11. Aufl.) München: Urban & Fischer, 2013.

[2] Honigberg MC, Natarajan P. Bempedoic Acid for Lowering LDL Cholesterol. JAMA 2019;322(18):1769-1771

[3] Golderberg AC et al. Effect of Bempedoic Acid vs Placebo Added to Maximally Tolerated Statins on Low-Density Lipoprotein Cholesterol in Patients at High Risk for Cardiovascular Disease: The CLEAR Wisdom Randomized Clinical Trial. JAMA 2019;322(18):1780-1788

[4] Ballantyne CM et al. Efficacy and safety of bempedoic acid added to ezetimibe in statin-intolerant patients with hypercholesterolemia: A randomized, placebo-controlled study. Atherosclerosis 2018;277:195-203

[5] Ray KK et al. Safety and Efficacy of Bempedoic Acid to Reduce LDL Cholesterol. N Engl J Med 2019;380(11):1022-1032

[6] Laufs U et al. Efficacy and Safety of Bempedoic Acid in Patients With Hypercholesterolemia and Statin Intolerance. J Am Heart Assoc 2019;8(7):e011662

[7] Aktuelle JAMA-Veröffentlichung zeigt: Bempedoinsäure senkt als Add-on-Therapie zu Statinen das LDL-Cholesterin signifikant. Ergebnisse der CLEAR-Wisdom-Studie. Pressemitteilung von Daiichi Sankyo vom 12. November 2019

Laura Kneller, MSc

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