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Beratung

Wenn der Blues im Kopf spielt

Zum Umgang mit depressiven Patienten in der Apotheke

Jeder kennt schwarze Tage, an denen nichts gelingen will und man sich antriebslos und bedrückt fühlt. Doch nicht hinter jedem Stimmungstief steckt eine ernste Depression. Den Unterschied zu erkennen, ist eine Herausforderung der Beratung in der Apotheke, eine weitere, die Grenzen der Selbstmedikation zu wahren. Die Devise lautet: Reden ist Gold. Bei Verdacht auf eine depressive Störung sollten sich Apotheker Zeit für ein längeres Gespräch nehmen – immerhin gibt es einiges zu besprechen, was der Patient tun kann. | Von Rika Rausch

Ins klassische Bild depressiver Episoden passen Symptome wie deprimierte, gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit und verminderter Antrieb. Hinzu können unspezifische somatische Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Schwindel und Druckgefühl in Hals und Brust kommen. Auf der anderen Seite kann sich eine depressive Störung aber auch in erhöhter Nervosität und innerer Unruhe äußern. Vor allem Menschen, die „mitten im Leben stehen“ und sich in ihrem Alltag überfordert fühlen, reagieren nicht selten mit Überaktivität und flüchten sich in eine Arbeits- oder Sportsucht. Selbst bei Senioren, die bei jedem Besuch in der Apotheke über ihre Gesundheit klagen und übermäßig ängstlich jede Reaktion des Körpers hinterfragen, könnte mehr dahinterstecken als der Wunsch nach Aufmerksamkeit.

Symptome depressiver Episoden nach ICD-10:

Hauptsymptome:

  • depressive, gedrückte Stimmung
  • Interessenverlust und Freudlosigkeit
  • Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüd­barkeit (oft selbst nach kleinen Anstrengungen) und Aktivitätseinschränkung

Zusatzsymptome:

  • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
  • negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
  • Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder ­Suizidhandlungen
  • Schlafstörungen
  • verminderter Appetit

Wann sollte an einen Arzt verwiesen werden?

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen endogenen und reaktiven Depressionen. Bei ersteren sind auf den ersten Blick keine äußeren Ursachen erkennbar. Sie gehören ohne Ausnahme in die Hände eines Facharztes. Reaktive Depressionen hingegen stehen im Zusammenhang mit einem konkreten Ereignis, beispielsweise dem Verlust des Partners oder der Diagnose einer Krebserkrankung. Hier entscheidet die Ausprägung der Symptome über das weitere Vorgehen.

Zur Diagnosestellung ziehen Ärzte die im Kasten „Symp­tome depressiver Episoden nach ICD-10“ aufgeführten Haupt- und Nebensymptome heran: Treten über zwei Wochen mindestens zwei Hauptsymptome und mindestens zwei Nebensymptome auf, handelt es sich nach ICD-10, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, um eine depressive Störung. Der Schweregrad richtet sich nach der Anzahl der erfüllten Zusatzsymptome. Für Apotheker dürfte folgender Hinweis in der S3-Leitlinie „Unipolare Depression“ interessant sein: „Bei einer leichten depressiven Episode kann mit dem Beginn der Behandlung abgewartet werden, wenn die Patienten eine Behandlung ablehnen oder man davon aus­gehen kann, dass die depressive Symptomatik sich ohne Therapie zurückbildet.“ Hier bietet sich ein Ansatz für die Selbstmedikation: Einige Präparate bergen durchaus das Potenzial, über diese Zeit hinwegzuhelfen.

Eine depressive Verstimmung von einer ernsten Depression basierend auf einer Momentaufnahme zu unterscheiden, ist selbstverständlich schwierig. Zwei einfache Fragen helfen, um grob einschätzen zu können, ob der Patient sofort in die Hände eines Facharztes gehört:

1. „Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig bedrückt oder hoffnungslos?“

2. „Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?“

Wenn beide Fragen mit „Ja“ beantwortet werden, sollte an einen Arzt verwiesen werden, der die formalen Diagnose­kriterien erfasst. Erweckt der Patient jedoch den Eindruck, dass er zwar gerade ein Stimmungstief durchlebt, aber durchaus noch Freude empfindet, kann zunächst abgewartet und versuchsweise mit Präparaten aus der Selbstmedikation behandelt werden. Dies gilt ebenso für Begleiterscheinungen von depressiver Verstimmtheit wie körperliche Abgeschlagenheit, Schlafstörungen, Appetitstörungen, Magendruck, diffusem Kopfschmerz und Muskelverspannungen. Bei weiblichen Patienten mit depressiven Verstimmungen sollte die Frage nach der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva nicht fehlen: Ein Rote-Hand-Brief (21. Januar 2019) erinnerte jüngst an diese Nebenwirkung, die suizidales Verhalten nach sich ziehen kann. Betroffene Patientinnen, die Stimmungsschwankungen und depressive Symptome bei sich feststellen, sollten an ihren Arzt verwiesen werden.

Online-Hilfe für Patienten

Einen Selbsttest zur Frage „Bin ich depressiv?“ bietet die Deutsche Depressionshilfe auf ihrer Website www.deutsche-depressionshilfe.de an.

Wenn Sie den Webcode W6CJ3 in die Suchfunktion auf DAZ.online eingeben, gelangen Sie direkt zum Test.

Krankheitsbild patientenfreundlich erklärt

Noch ist nicht vollständig geklärt, welche Ursachen genau hinter depressiven Störungen stecken, deshalb ist es schwierig, dem Patienten eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage zu geben, warum es ihm schlecht geht. So viel sei gesagt: Die vielen Erscheinungsformen und Symptome der Erkrankung lassen darauf schließen, dass mehrere Faktoren beteiligt sind. Neben hormonellen Einflüssen spielen auch neurobiologische Veränderungen im Gehirn eine Rolle. Damit ist nicht nur ein Mangel des „Glückshormons“ Serotonin gemeint – auch andere wichtige Botenstoffe wie Dopamin, Noradrenalin, Acetylcholin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA) sind aus dem Gleichgewicht geraten, sodass die Reizweiterleitung und -verarbeitung an mehreren Stellen gestört ist. Zudem weiß man, dass es eine genetische Veranlagung für Depressionen gibt. Angehörige ersten Grades haben ein etwa 50% höheres Risiko als die Allgemeinbevölkerung, selbst an einer unipolaren depressiven Störung zu erkranken. Darüber, ob die Erkrankung ausbricht, entscheiden auch psychosoziale Faktoren wie Verluste, Trennungen, berufliche Enttäuschungen und Überforderungen. Für saisonal bedingte Stimmungstiefs wird vor allem der Mangel an Sonnenlicht und die damit verbundene Störung des biologischen Tagesrhythmus verantwortlich gemacht.

Johanniskraut-Präparate

Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen, innere Unruhe – so vielfältig die Gesichter einer depressiven Störung sein können, so bunt ist das Spektrum an rezeptfreien Therapieoptionen, die für die Selbstmedikation infrage kommen. Viele Patienten möchten zunächst etwas „Pflanzliches“ probieren, bevor sie vom Arzt „Chemie“ verordnet bekommen. Im Bereich der depressiven Verstimmungen kann diesem Wunsch unter bestimmten Voraussetzungen mit Johanniskraut-Präparaten (Hypericum perforatum) nachgekommen werden. Auch in der aktuell gültigen S3-Leitlinie „Unipolare Depressionen“ spricht per se nichts gegen einen Versuch mit Johanniskraut zur Behandlung von leichter und mittelgradiger depressiver Symptomatik. Nach wie vor ist nicht bekannt, welche Inhaltsstoffe im Einzelnen für die antidepressive Wirkung verantwortlich sind. Ein Gesamt-Extrakt soll eine Hemmung der Monoaminooxidase (MAO) und Catechol-O-­Methyltransferase (COMT) sowie der synaptosomalen Noradrenalin- und Serotonin-Aufnahme bewirken. Daneben werden eine Hemmung der synaptosomalen GABA-Aufnahme und neurohormonale Wirkungen diskutiert. Die nötige Evidenz für eine Wirksamkeit haben bisher nur Extrakte mit Methanol 80% oder Ethanol 50 bis 80% erbracht. Entsprechende Präparate finden Sie in Tabelle 1.

Tab. 1: Johanniskraut-Präparate zur Behandlung depressiver Verstimmungen (Auswahl) [Lauer-Fischer-Taxe, Stand: 25. Januar 2019]
Präparat
relevante Inhaltsstoffe
Indikation
Dosierung
Monopräparate
Felis®
1 Hartkapsel mit 425 mg bzw. 1 Filmta­blette mit 650 mg Johanniskraut-Trocken­extrakt; Auszugsmittel: Ethanol 60% (m/m)
leichte vorübergehende depressive Störungen
ab zwölf Jahren: 1 Kapsel 425 mg zweimal täglich; ½ Tablette 650 mg zweimal täglich
Hyperforat®250 mg
1 Filmtablette mit 250 mg Johanniskraut-Trockenextrakt; Auszugsmittel: Ethanol 60% (V/V)
leichte vorübergehende depressive Störungen
ab zwölf Jahren: 1 Tablette zwei- bis dreimal täglich
Jarsin®
1 überzogene Tablette mit 300 mg bzw. 1 Filmtablette mit 450 mg Johanniskraut-Trockenextrakt; Auszugsmittel: Methanol 80% (V/V)
leichte vorübergehende depressive Störungen
ab zwölf Jahren: 1 Tablette 300 mg dreimal täglich;
1 Tablette 450 mg zweimal täglich
Johanniskraut dura® 425 mg
1 Hartkapsel mit 425 mg Johanniskraut-Trockenextrakt; Auszugsmittel: Ethanol 60% (m/m)
leichte vorübergehende depressive Störungen
ab zwölf Jahren: 1 Kapsel zweimal täglich
Johanniskraut ratiopharm®
1 Hartkapsel mit 425 mg Johanniskraut-Trockenextrakt; Auszugsmittel: Ethanol 60% (m/m)
leichte vorübergehende depressive Störungen
ab zwölf Jahren: 1 Kapsel zweimal täglich
Laif® 900 balance
1 Filmtablette mit 900 mg Johanniskraut-Trockenextrakt; Auszugsmittel: Ethanol 80% (V/V)
leichte depressive Störungen
ab zwölf Jahren: 1 Tablette einmal täglich
Neuroplant® Aktiv/Neuroplant® Novo
1 Filmtablette mit 600 mg / 300 mg Johanniskraut-Trockenextrakt; Auszugsmittel: Methanol 80% (V/V)
leichte vorübergehende depressive Störungen
ab 18 Jahren: 1 Tablette 600 mg einmal täglich bzw. 1 Tablette 300 mg dreimal täglich
Kombinationspräparate
Neurapas® balance
1 Filmtablette mit 60 mg Johanniskraut-Trockenextrakt (4,6 – 6,5:1); Auszugs­mittel: Ethanol 38% (m/m) und 28 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzeln (3,8 – 5,6:1); Auszugsmittel: Ethanol 40% (m/m) und 32 mg Trockenextrakt aus ­Passionsblumenkraut (6,25 – 7,1:1); ­Auszugsmittel: Ethanol 60% (m/m)
depressive Verstimmung und nervöse Unruhe
ab 18 Jahren: 2 Tabletten dreimal täglich
Remifemin® Plus Johanniskraut
1 Filmtablette mit 70 mg Johanniskraut-Trockenextrakt; Auszugsmittel: Ethanol 60% (V/V) und Traubensilberkerzen­wurzelstock-Trockenextrakt 3,75 mg
Wechseljahresbeschwerden ­(Hitzewallungen, übermäßiges Schwitzen), wenn diese Symptome mit zusätzlichen psychischen Wechseljahresbeschwerden, z. B. Verstimmungszuständen, Nervosität und Reizbarkeit einhergehen
aufgrund der Indikation ist eine Anwendung bei Kindern, Jugendlichen und Männern nicht vorgesehen; zu Beginn der Behandlung (erste acht Wochen) zweimal täglich 2 Tabletten, danach zweimal täglich 1 Tablette
Sedariston®Konzentrat
1 Hartkapsel mit 100 mg Johanniskraut-Trockenextrakt (5 – 7:1); Auszugsmittel: Ethanol 60% (m/m) und 50 mg Baldrianwurzel-Trockenextrakt
leichte vorübergehende depressive Störungen mit nervöser ­Unruhe und nervös bedingten Einschlafstörungen
ab sechs Jahren: 1 Kapsel einmal täglich ab zwölf Jahren: 1 Kapsel viermal täglich oder 2 Kapseln zweimal täglich
Sedariston®Tropfen
1 ml (= 27 Tropfen) Flüssigkeit enthalten 0,186 g Auszug aus Baldrianwurzel (1:9 – 11), 0,186 g Auszug aus Johanniskraut (1:9 – 11), 0,188 g Auszug aus ­Melissenblättern (1:4 – 6); Auszugsmittel: Ethanol 55% (V/V)
traditionelles pflanzliches ­Arzneimittel zur Besserung des Befindens bei nervlicher ­Belastung, zur Unterstützung des Schlafs
ab 18 Jahren: dreimal täglich 20 Tropfen

Beratungstipps

Johanniskraut-Zubereitungen sollten ausreichend hoch dosiert werden. Empfohlen wird die tägliche Gabe von 600 mg bis 900 mg eines auf Hyperforin standardisierten Extrakts. Mit einer Verbesserung der Symptomatik ist nach ein bis zwei Wochen zu rechnen. Die Anwendung sollte mindestens sechs Wochen erfolgen, um ein Fazit ziehen zu können.

Bei zugelassenen Präparaten kann man auf den Wirksamkeitsbeleg vertrauen. „Traditionelle Arzneimittel“ müssen hingegen keine klinischen Studien zur Registrierung vorweisen. Einige Fertigarzneimittel sind rezeptpflichtig (z. B. Jarsin® RX 300 mg, Laif® 900, Neuroplant®) und zugleich verordnungsfähig, da sie zur Behandlung mittelschwerer depressiver Episoden zugelassen sind, wo der Absprung in die ärztliche Behandlung nicht verpasst werden darf. Die Hersteller bieten aber in der Regel auch nicht verschreibungspflichtige Präparate in gleicher Stärke an, die allerdings nicht auf Kassenrezept verordnet werden dürfen. Johanniskraut-Präparate sind in der Regel gut verträglich, aber nicht frei von Nebenwirkungen. Für die oft erwähnte Phototoxizität existieren nur vereinzelte Berichte. Ausgedehnte Sonnenbäder, Höhensonne und Solarien sollte der Patient aber vorsichtshalber meiden. Auf ausreichenden Sonnenschutz ist zu achten.

Vorsicht Wechselwirkungen!

Auf keinen Fall unterschätzt werden sollte das Wechselwirkungspotenzial: Johanniskraut ist als Induktor von Isoenzymen des Cytochroms P450 bekannt. Vor allem die Wirkung von Arzneistoffen, die über CYP 3A4 verstoffwechselt werden, kann beeinträchtigt werden, darunter Antikoagulantien (Phenprocoumon, Warfarin), Immunsuppressiva (z. B. Ciclosporin, Tacrolimus), Anti-HIV-Arzneimittel (z. B. Indinavir, Nevirapin), Zytostatika (z. B. Imatinib, Irinotecan) sowie Theophyllin, Digoxin, Verapamil, Simvastatin und Midazolam. Bei Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva wird die Anwendung von zusätzlichen Verhütungsmethoden empfohlen. Für Patienten, die bereits Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (z. B. Paroxetin, Sertralin) einnehmen und wegen nicht ausreichender Wirkung ein Johanniskraut-Präparat wünschen, muss die synergistische Wirkung beachtet werden. Die Neurotransmitter erreichen unter Umständen toxische Konzentrationen: Ein Serotonin-Syndrom äußert sich unter anderem in erhöhtem Puls, Schwitzen, Übelkeit, akutes Erbrechen, Durchfall und ein grippeähnliches Gefühl. Im Fall von trizyklischen Antidepressiva (z. B. Amitriptylin, Trimipramin) besteht hingegen die Gefahr einer abgeschwächten Wirkung.

Sedativa

In vielen Fällen geht eine depressive Verstimmung mit Schlafstörungen und innerer Unruhe einher. Die Betroffenen liegen nachts wach, weil die Gedanken sich im Kreis drehen. Ängste, Selbstzweifel und ein Gefühl der Hilflosigkeit verstärken die Krise. Auch hierfür hält die Selbstmedikation einige Optionen bereit. Pflanzliche Sedativa auf Basis von Baldrian, Hopfen, Melisse, Lavendel und Passionsblume (siehe Tabelle 2) sind gut verträglich, bergen keine Gefahr einer körperlichen oder psychischen Abhängigkeit, erzeugen keinen „Hangover“ und weisen in der Regel keine Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auf. Der Patient muss auf die regelmäßige Einnahme und den verzögerten Wirkeintritt (bis zu zwei Wochen) aufmerksam gemacht werden. Zur kurzzeitigen Anwendung kommen auch synthetische schlaffördernde Arzneimittel in Betracht (Wirkstoffe: Doxylamin, Diphenhydramin).

Tab. 2: Pflanzliche Präparate ohne Johanniskraut (Auswahl) [Lauer-Fischer-Taxe, Stand: 25. Januar 2019]
Präparat
relevante Inhaltsstoffe
Indikation
Dosierung
Allunapret®
1 Filmtablette mit 187,00 mg Trocken­extrakt aus Baldrianwurzel (5 – 8:1) und 41,88 mg Trockenextrakt aus Hopfenzapfen (7 – 10:1); Auszugsmittel: Methanol 45% (m/m)
Unruhezustände und nervös bedingte Einschlafstörungen
ab zwölf Jahren; bei Unruhezuständen 1 Tablette bis zu dreimal täglich; bei Einschlafstörungen 1 Tablette ½ bis 1 Stunde vor dem Schlafengehen; falls notwendig zusätzlich 1 Tablette bereits früher im Verlauf des Abends
Baldriparan®Stark für die Nacht
1 überzogene Tablette mit 441,35 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzel (6,0 – 7,4:1); Auszugsmittel ist Ethanol 70% (V/V)
nervös bedingte Schlaf­störungen
ab zwölf Jahren: 1 Tablette ½ bis 1 Stunde vor dem Schlafengehen; falls notwendig zusätzlich 1 Tablette bereits früher im Verlauf des Abends
Baldrian®Zur Beruhigung
1 überzogene Tablette mit 95 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzel (3 – 6:1); Auszugsmittel: Ethanol 70% (V/V), und 15 mg Trockenextrakt aus Hopfenzapfen (4 – 8:1); Auszugsmittel: Ethanol 40% (V/V), und 85 mg Trockenextrakt aus Melissenblättern (4 – 6:1); Auszugs­mittel: Wasser
Unruhezustände und nervös bedingte Einschlafstörungen
ab zwölf Jahren: 2 Tabletten bis zu dreimal täglich
Euvegal® Balance
1 Filmtablette mit 500 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzeln (3 – 6:1), Auszugsmittel: Ethanol 70% (V/V)
bei leichter nervöser Anspannung und Schlaf­störungen
ab zwölf Jahren;bei leichter nervöser Anspannung 1 Tablette bis zu dreimal täglich; bei Schlafstörungen 1 Tablette ½ bis 1 Stunde vor dem Schlafengehen; falls notwendig zusätzlich 1 Tablette bereits früher im Verlauf des Abends
Kytta® Sedativum Dragees
1 Dragee mit 150 mg Baldrianwurzel-Trockenextrakt (3 – 6:1); Auszugsmittel: Ethanol 70% (V/V), und 30 mg Hopfenzapfen-Trockenextrakt und 80 mg Passionsblumen-Trockenextrakt
nervöse Unruhe und vorwiegend nervös bedingte Einschlafstörungen
bei nervöser Unruhe Kinder von 3 bis 12 Jahren: 1 Dragee ein- bis zweimal täglich
ab zwölf Jahren: 1 Dragee dreimal täglich;
bei Einschlafstörungen ab drei Jahren: 1 Dragee einmal täglich ½ bis 1 Stunde vor dem Schlafengehen; falls notwendig zusätzlich 1 Dragee bereits früher im ­Verlauf des Abends
Lasea®
1 Weichkapsel mit 80 mg Lavendelöl (Silexan®)
nervöse Unruhe
ab 18 Jahren: 1 Kapsel einmal täglich
Lioran®
1 Hartkapsel mit 260 mg Passionsblumenkraut-Trockenextrakt (5 – 7:1); Auszugsmittel: Methanol 60% (V/V)
nervöse Unruhe
ab zwölf Jahren: eine Kapsel drei- bis viermal täglich; Erwachsene: 1 bis 2 Kapseln dreimal täglich, maximal 5 Kapseln pro Tag
Pascoflair®
1 überzogene Tablette mit 425 mg Passionsblumen-Trockenextrakt (5 – 7:1); Auszugsmittel Ethanol 50% (V/V)
nervöse Unruhe
ab zwölf Jahren: 1 Tablette zwei- bis dreimal täglich
PassioBalance®
1 überzogene Tablette mit 425 mg Trockenextrakt aus Passionsblumenkraut (5 – 7:1), Auszugsmittel Ethanol 50% (V/V)
nervöse Unruhezustände
ab zwölf Jahren: 1 Tablette zwei- bis dreimal täglich
rhodioLoges®200 mg
1 Filmtablette mit 200 mg Trockenextrakt aus Rosenwurz-Wurzeln und Wurzelstock (1,5 – 5:1); Auszugsmittel Ethanol 70% (V/V)
traditionelle Anwendung zur vorübergehenden Linderung von Stress-Symptomen wie Müdigkeits- und Schwächegefühl
ab 18 Jahren: 1 Tablette zweimal täglich
Sedonium®
1 Tablette mit 300 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzel (3 – 6:1); Auszugsmittel Ethanol 70% (V/V)
leichte nervöse Anspannung und Schlafstörungen
ab zwölf Jahren; bei Anspannung 2 Tabletten bis zu dreimal täglich; bei Schlafstörungen 2 Tabletten ½ bis 1 Stunde vor dem Schlafengehen; falls notwendig zu­sätzlich 2 Tabletten bereits früher im ­Verlauf des Abends
Valeriana Hevert Beruhigungs­dragees
1 Tablette mit 125 mg Trockenextrakt aus Baldrianwurzel (3 – 6:1);
Auszugsmittel: Ethanol 70% (V/V), 112,5 mg Trockenextrakt aus Melissenblättern (4 – 6:1) Auszugsmittel: Methanol 30% (V/V) 80 mg Trockenextrakt aus Passionsblumenkraut (5 – 7:1); Auszugsmittel: Ethanol 50% (V/V)
Unruhezustände und nervös bedingte Einschlafstörungen
ab zwölf Jahren; bei Unruhezuständen 2 Tabletten bis zu dreimal täglich; bei Einschlafstörungen 2 Tabletten ½ bis 1 Stunde vor dem Schlafengehen; falls notwendig zu­sätzlich 2 Tabletten bereits früher im ­Verlauf des Abends
Vitango®
1 Filmtablette mit 200 mg Trockenextrakt aus Rosenwurz-(Rhodiola rosea)-Wurzeln (1,5 – 5:1); Auszugsmittel: Ethanol 60% (m/m)
traditionelle Anwendung zur vorübergehenden Linderung von Stress-Symptomen wie Müdigkeits- und Schwächegefühl
ab 18 Jahren: 1 Tablette zweimal täglich

Pflanzliche Kombinationspräparate

Einige Hersteller bieten Präparate mit mehreren pflanzlichen Komponenten an, um das ganze Symptom-Spektrum einer leichten depressiven Störung abzudecken, zum Beispiel eine Kombination von Trockenextrakten aus Johanniskraut und Baldrianwurzel zur „unterstützenden Behandlung von leichten vorübergehenden depressiven Störungen mit nervöser Unruhe und nervös bedingten Einschlaf­störungen“ (z. B. Sedariston® Konzentrat Dragees) oder eine Kombination von Baldrianwurzel, Hopfenzapfen und Passionsblume, die angstlösend, beruhigend und schlaf­fördernd wirken soll (z. B. Kytta® Sedativum). Zur Behandlung von Stimmungsschwankungen, Nervosität und erhöhter Reizbarkeit in den Wechseljahren wird Johanniskraut mit Traubensilberkerzenwurzelstock kombiniert in einem Präparat angeboten (z. B. Remifemin® Plus Johanniskraut).

Pflanzliche Stärkungsmittel

Stehen Stress-Symptome wie Müdigkeits- und Schwäche­gefühl im Vordergrund, können Präparate mit Rosenwurz (Rhodiola rosea) helfen. Entsprechenden OTC-Präparaten werden stimulierende und adaptogene Eigenschaften zugeschrieben. Sie sollen die Fähigkeit des Körpers verbessern, mit psychischen, körperlichen und chemischen Stressfaktoren umzugehen. Auch die Wurzeln des Asiatischen Ginseng (Panax ginseng) und des Sibirischen Ginseng (= Taigawurzel, Eleutherococcus senticosus) kommen als Stärkungsmittel prinzipiell infrage. In Deutschland steht eine Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln zur Verfügung (z. B. von Doppelherz®, Pure Encapsulations®). Im Fall der Taigawurzel sind mittlerweile auch apothekenpflichtige Arzneimittel (z. B. Eleu Curarina® Tropfen) auf dem Markt.

Lichttherapie

Eine Besonderheit stellt die saisonal abhängige Depression dar, die meist in der dunklen Jahreszeit auftritt und deshalb im Volksmund auch unter dem Namen Winterdepression berüchtigt ist. Die Betroffenen fühlen sich müde, abgeschlagen, lustlos und haben Heißhunger nach süßen, kalorienreichen Speisen. Eine Metaanalyse aus 23 randomisiert-kontrollierten Studien bescheinigt der Lichttherapie eine gute Wirksamkeit bei dieser Form der depressiven Verstimmung. Licht steuert das Zusammenspiel der körpereigenen Hormone Melatonin und Serotonin, was erklärt, warum Tageslicht die Stimmung heben kann. In den Wintermonaten, wo Sonnenlicht rar ist, empfiehlt die S3-Leitlinie eine Lichtquelle, die weißes, fluoreszierendes Licht abgibt, bei dem der UV-Anteil herausgefiltert wird, und das Lichtintensitäten größer als 2500 Lux erzeugt (am besten 10.000 Lux). Über zwei bis vier Wochen sollten täglich 30 bis 40 Minuten im Abstand von höchstens 50 bis 80 Zentimeter vor der Lampe verbracht werden, am besten so früh wie möglich nach dem Aufstehen. Die Patienten sollten immer wieder für einige Sekunden ins Licht schauen. Es existieren keine Kontraindikationen für die Lichttherapie oder Hinweise darauf, dass sie schädlich für die Augen wäre. Patienten mit Risikofaktoren sollten jedoch die Therapie vorab mit einem Augenarzt abklären. Unter Geräten mit Pharmazentralnummer findet man in der Apothekensoftware beispielsweise Beurer Tageslichtlampen.

Meine persönliche Empfehlung

Foto: privat

In der Apotheke haben wir die Chance, Personen, die Hilfe brauchen, zu erkennen und wenn nötig an einen Arzt zu verweisen. Für das Beratungsgespräch sollte man einen ruhigen Ort wählen und sich Zeit nehmen. Behutsamkeit und Empathie sind gefragt, da stören mit Abholscheinen wedelnde Kunden und das Bonbonregal plündernde Kleinkinder im Hintergrund nur. Die Betroffenen sollten nicht mit unnützen, schlimmstenfalls schäd­lichen Ratschlägen wie „Das wird schon wieder“ oder „Kopf hoch“ abgespeist werden. Signalisieren Sie Verständnis, hören Sie zu und formulieren Sie klare Vorschläge. Älteren Menschen, denen im Rentenalter eine sinnvolle Aufgabe fehlt, könnte zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit geraten werden. Geht der Patient beispielsweise auf die Idee ein, einen Ausdauersport auszuprobieren, bitten Sie ihn, auf dem Laufenden gehalten zu werden. So spürt der Betroffene, dass er mit seinem Problem nicht allein gelassen wird und hat vielleicht eine zusätzliche Motivation. Zu den verfügbaren rezeptfreien Therapieoptionen: Bei Patienten mit innerer Unruhe und Schlafstörungen empfehle ich in der Regel Präparate mit Passionsblumen-Extrakt oder Lavendel-Öl, Letzteres vor allem dann, wenn eine ängstliche Symptomatik im Vordergrund steht. Bei Johanniskraut ist die Angelegenheit wegen des Interaktionspotenzials um einiges komplexer. Hier lasse ich mir grundsätzlich den aktuellen Medikationsplan zeigen. Sich auf aus dem Kopf aufgezählte Schlagwörter wie „Blutdrucksenker“ und „die Tablette zur Nacht“ zu verlassen, kann in diesem Fall gefährlich werden.

Rika Rausch

Weitere Tipps

Im Bereich Homöopathie gibt es einige Präparate, die in ihrer Zusammensetzung auf die Behandlung von nervös bedingten Unruhezuständen und Schlafstörungen abzielen – Beispiele sind Calmvalera®, dystoLoges®, Neurodoron®, metakaveron® N, Neurexan®, Neuro Ginsan N, Nervoheel® N und Pascolibrin®.

Bewegung, wenn möglich im Freien, ist ein zentrales Element in der Überwindung von Stimmungstiefs. Vor allem Ausdauersportarten (z. B. Wandern, Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen, Laufen) haben sich bewährt, am besten in Gruppen. Entspannungsmethoden bis hin zur Akupunktur können ebenfalls sinnvoll sein. Auch lohnt es sich, die Ernährungsgewohnheiten kritisch zu hinterfragen. Auf dem Speiseplan sollten verstärkt frisches Obst und Gemüse, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Fisch und Nüsse stehen.

Für den Heilungsprozess wichtig sind auch Gespräche mit Familie, Freunden und eben auch Angehörigen von Gesundheitsberufen. Die Betroffenen sollten ermutigt werden, Hilfe anzunehmen, und sich Zeit für Dinge zu nehmen, die ihnen gut tun. Eine Psychotherapie kann unterstützen und Aufklärung bieten. Angehörige sollten vor allem zuhören und Verständnis aufbringen, aber auch gewisse Anforderungen an den Betroffenen stellen und ihn in den Alltag einbinden, wo es möglich ist. |

Literatur

S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinieUnipolare Depression – Langfassung , 2. Auflage Version 5.2015

Aktuelle Fach- und Gebrauchsinformationen der angegebenen Präparate


Autorin

Rika Rausch, Apothekerin und DAZ-Redakteurin

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