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Arzneimittel und Therapie
Unerwünschter Zuwachs
Bei Zahnfleischproblemen auch an UAW denken
Gingivahyperplasie (Zahnfleischwucherung) ist eine Erkrankung des Zahnbettes, bei der sich das Gewebe infolge übermäßiger Zellvermehrung vergrößert hat. Sie kann im Bereich einzelner Zähne oder am gesamten Zahnfleisch auftreten. In histologischen Schnitten betroffener Gewebe sind beispielsweise eine erhöhte Zahl an Fibroblasten sichtbar – Bindegewebszellen, die unter anderem Kollagen produzieren.
Arzneistoffe als Auslöser
Die Ursachen für Gingivahyperplasien sind vielfältig und noch nicht vollständig bekannt. Entzündungen, Systemerkrankungen, hormonelle Umstellungen während der Schwangerschaft, Vitamin-C-Mangel oder bestimmte Medikamente zählen zu den häufigsten Auslösern. Faktoren, die die Entstehung begünstigen, sind beispielsweise ein höheres Lebensalter, das Vorliegen einer Parodontose oder eine Akkumulation von Plaque aufgrund unzureichender Zahnpflege. Die Gewebswucherungen sind nicht nur kosmetisch störend. Sie erschweren auch die Zahnpflege und Mundhygiene und leisten dadurch Entzündungen und bakteriellen Infektionen Vorschub.
Einzelfälle beschrieben
In der zahnmedizinischen Fachliteratur finden sich einige Fallberichte über medikamentös induzierte Zahnfleischwucherungen, die ausschließlich in zahntragenden Arealen der Mundhöhle sowie im Bereich um dentale Implantate auftraten. Zu den bisher bekannten auslösenden Wirkstoffen zählen Antiepileptika, Calcium-Antagonisten und das Immunsuppressivum Ciclosporin A (s. Tab.). Die pathophysiologischen Hintergründe wurden untersucht und sind inzwischen teilweise bekannt. Bei der Amlodipin-induzierten Gingivahyperplasie postuliert man eine stimulierende Wirkung des Calcium-Antagonisten auf die gingivalen Fibroblasten. Außerdem wird vermutet, dass bei Patienten mit Parodontose Zytokine und Interleukine die Kollagensynthese der Fibroblasten anregen. Für die Gingivahyperplasie unter Ciclosporin hat man herausgefunden, dass der Wirkstoff unter anderem einen Konzentrationsanstieg des Wachstumsfaktors TGF-β (Transforming Growth Factor beta) und des Glykoproteins Fibronektin induziert. Diese fördern die Anreicherung extrazellulärer Matrix und hemmen die Freisetzung von Kollagenasen.
Wirkstoffe |
Häufigkeit laut Fachinformation* |
---|---|
Antiepileptika | |
Ethosuximid |
keine Angabe |
Mesuximid |
keine Angabe |
Phenobarbital |
keine Angabe |
Phenytoin |
gelegentlich |
Valproinsäure |
häufig |
Antihypertonika (Calcium-Antagonisten) | |
Amlodipin |
sehr selten |
Diltiazem |
sehr selten |
Felodipin |
gelegentlich |
Lercanidipin |
sehr selten |
Manidipin |
sehr selten |
Nifedipin |
selten |
Nilvadipin |
sehr selten |
Nisoldipin |
selten |
Nitrendipin |
gelegentlich |
Verapamil |
nicht bekannt |
Immunsuppressiva | |
Ciclosporin |
häufig |
sehr häufig (≥ 1/10), häufig (≥ 1/100, < 1/10), gelegentlich (≥ 1/1000, < 1/100), selten (≥ 1/10.000, < 1/1000), sehr selten (< 1/10.000)
* Die Angaben in den Fachinformationen der verschiedenen Präparate eines Wirkstoffes sind nicht identisch. Angegeben ist jeweils die größte Häufigkeit.
|
Nach Absetzen meist reversibel
In den Fallberichten bildete sich die Gingivahyperplasie nach Absetzen des Arzneimittels innerhalb einiger Wochen deutlich zurück. Eine professionelle Zahnreinigung und Spülungen mit Chlorhexidindigluconat waren hilfreich. In einigen Fachinformationen wird darauf hingewiesen, dass eine Gingivahyperplasie durch sorgfältige Mundhygiene verhindert oder rückgängig gemacht werden kann. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, kann der Zahnmediziner das überschüssige Gewebe im Rahmen von Gingivektomien und Lappenoperationen abtragen. |
Quelle
Eder C. Gingivahyperplasie: Ein pathologisches Bild mit unterschiedlichen Ursachen. www.dzw.de/gingivahyperplasie-ein-pathologisches-bild-mit-unterschiedlichen-ursachen, Abruf am 2. Oktober 2018
Eumann C et al. Generalisierte Gingivawucherung und chronische Parodontitis: ein Fallbericht. Dtsch Zahnärztl Z 2018;73:15–21
Remmerbach TW. Gingivahyperplasie als Nebenwirkung des Calciumkanalblockers Amlodipin. www.zwp-online.info/fachgebiete/oralchirurgie/problemmanagement/gingivahyperplasie-als-nebenwirkung-des-kalziumkanalblockers-amlodipin, Abruf am 2. Oktober 2018
www.zahn-lexikon.com, Abruf am 2. Oktober 2018
Fachinformationen einiger Präparate mit den genannten Wirkstoffen, www.rote-liste.de
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