Aus der Hochschule

Perspektiven für Pharmazeuten

Neuer LOEWE-Forschungsverbund beim Tag der Pharmazie der Universität Marburg vorgestellt

Mit dem Tag der Pharmazie begeht der Fachbereich Pharmazie der Universität Marburg einmal im Jahr einen Informations- und Studientag, um aufzuzeigen, welche vielfältigen Berufsmöglichkeiten für Pharmazeuten zur Verfügung stehen. In diesem Jahr stand die Vorstellung des LOEWE-Forschungsverbunds „GLUE – GPCR Ligands for Under­explored Epitopes“ im Mittelpunkt.

Prof. Dr. M. Keusgen, Dekan des Fachbereichs, betonte bei seiner Begrüßung, dass dieser Tag speziell ein Tag für die Studierenden und Promovierenden ist, um sich über die vielen Berufsmöglichkeiten nach dem Studium bzw. nach der Promotion zu informieren. Insbesondere die diesjährigen Vorträge zeigten die Möglichkeiten während und nach dem Studium in der Wissenschaft und Industrie. Traditionell werden am Tag der Pharmazie die Stipendien der „Von Bülow Stu­dienstiftung Pharmazie“ vergeben. Keusgen konnte in diesem Jahr die Stipendien zur Studienunterstützung an Lea Listenmacher und Stefanie Klein, beide Studentinnen des Hauptstudiums, überreichen. Mit dieser ersten deutschen Stiftung zur Förderung von Pharmaziestudierenden sollen das Studium und die Ausbildung junger Pharmazeutinnen und Pharmazeuten und damit zugleich der Beruf der Apothekerin bzw. des Apothekers zielgerichtet in jedem Jahr gefördert werden. Die Von Bülow Studienstiftung Pharmazie mit Sitz in Marburg besteht seit dem Sommersemester 2010 (https://www.uni-marburg.de/de/fb16/studium/stiftungen).

Foto: FB Pharmazie/Regina Gerlach-Riehl

Die diesjährigen Stipendiaten der Von Bülow Studienstiftung wurden vom Dekan Prof. Dr. M. Keusgen ausgezeichnet.

Ab dem 1. Januar 2020 wird der LOEWE-Forschungsverbund „GLUE – GPCR Ligands for Underexplored Epitopes“ seine Arbeit aufnehmen. LOEWE steht für Landes-Offensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz und ist Kernstück der hessischen Forschungspolitik. Die Sprecherschaft des LOEWE-Schwerpunkts GLUE liegt bei Prof. Dr. Moritz Bünemann aus dem Fachbereich Pharmazie der Philipps-Universität Marburg (UMR). Vizesprecher ist Prof. Dr. Peter Kolb vom selben Fachbereich der UMR. Beteiligt sind auch die Technische Universität Darmstadt, das Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim und die Goethe-Universität Frankfurt.

Die Vorstellung des Forschungsverbunds wurde durch zwei weitere Vorträge thematisch eingerahmt. Dr. Daniel Hilger stellte seine Arbeits­gebiete vor. Seit Oktober 2019 ist er am Fachbereich Pharmazie als Nachwuchsgruppenleiter tätig. Dr. Hilger war zuvor in der Arbeitsgruppe von Prof. Brian Kobilka (Nobelpreis für Chemie 2012) an der Stanford University gewesen und beschäftigt sich mit der Strukturbestimmung von GPCRs. Der Glucagon-Rezeptor und insbesondere die Bindestelle des Glucagons und die Aktivierung des Rezeptors stehen dabei im Mittelpunkt. Die Nachwuchsgruppe befindet sich im Aufbau und ist an Kandidaten für eine Masterarbeit, ein Praktisches Jahr für Pharmazeuten bzw. Promo­tionsvorhaben interessiert.

Professor Bünemann und Professor Kolb stellten das Forschungsvorhaben GLUE näher vor. Einzelne GPCR-Strukturen dienen zur Suche nach alternativen Bindetaschen innerhalb der membranständigen Targetklasse. Die Eignung für die Wirkstoffentwicklung soll dabei mit unterschiedlichen Techniken von In-silico-Methoden und Synthese von Liganden über Strukturbestimmung und funktionale Assays bis hin zu Tiermodellen erforscht werden. Der Vorteil ist die interdisziplinäre Zusammensetzung, die die Bearbeitung dieser Aspekte innerhalb eines Konsortiums ermöglicht.

Mit dem Blick der Pharmaindustrie stellte Dr. Thomas Müller (Bayer AG) die Möglichkeiten zum Finden neuer Leitstrukturen mittels biochemischem und zellulärem Screening am Standort Wuppertal vor. Beeindruckend wurde veranschaulicht, wie man innerhalb von zwei bis drei Wochen die ganze Substanzbibliothek der Bayer AG an einem bestimmten Target durchtestet. Dieses ist nur zuverlässig möglich, wenn die Assayentwicklung sorgfältig erfolgt. Die spezifische Entwicklung der Assays für eine Vielzahl von unterschiedlichen Targets wurde dem Auditorium erläutert. Im Vergleich zum Pharmaziestudium verdeutlichte der Vortrag, dass Ultra-High-Throughput-Screening eine andere Herangehensweise an die Datenermittlung und -verarbeitung erfordert.

Foto: FB Pharmazie/Regina Gerlach-Riehl

Die Vortragenden am Tag der Pharmazie: Prof. Dr. Peter Kolb, Prof. Dr. Moritz Bünemann, Dr. Thomas Müller, Dr. Daniel Hilger, Dekan Prof. Dr. M. Keusgen (v. l.)

Im Anschluss an die Vorträge konnten die Studierenden in verschiedenen Workshops Informationen über Berufsmöglichkeiten nach dem Pharmaziestudium bekommen. In Ergänzung zum Infostand während der Pausen im Foyer stellte die Firma Rottendorf aus Ennigerloh die abwechslungsreichen Aufgaben für Apotheker bei einem pharmazeutischen Auftragshersteller mit einem Workshop vor. Hierbei wurden den Teilnehmern die Besonderheiten eines mittelständischen Pharmaunternehmens, das seit über 85 Jahren für unterschiedliche internationale Pharmaunternehmen tätig ist, erläutert. Der Marburger Standort von GSK Vaccines gab Einblicke in die Arbeitsfelder von Pharmazeuten bei einem Impfstoffhersteller. Der Schwerpunkt des Workshops von Dr. Thomas Lukow lag dabei auf Tätigkeitsfeldern innerhalb der Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle. CSL Behring stellte die Arbeitsweisen innerhalb eines internationalen Unternehmens vor. Mithilfe eines Planspiels wurde verdeutlicht, wie man in globalen Projektteams, zum Teil vor Ort oder per virtueller Meetings, zusammenarbeitet und welche temporären Austauschmöglichkeiten an andere Unternehmensstandorte bestehen. Die Arbeitsgebiete „Arzneimittelsicherheit und Klinische Studien“ wurden von Lilly Deutschland, Bad Homburg vorgestellt. Innerhalb des Workshops wurden die einzelnen Schritte, die für die Zulassung notwendig sind, erläutert. Den Teilnehmern wurde deutlich, dass auch hier wichtige Aufgaben in einem pharmazeutischen Unternehmen von Apothekern übernommen werden. Neben den Berufsmöglichkeiten innerhalb der pharmazeutischen Industrie konnte mit Medicalorder Pharma eine Krankenhausapotheke mit einem überdurchschnittlichen Versorgungsauftrag für einen Workshop gewonnen werden. Neben der Logistik innerhalb einer Krankenhausapotheke wurde ebenso über die Aufgaben rund um die Arzneimittelinformation und -therapiesicherheit Auskunft gegeben.

Bei der Organisation und Durchführung des Tags der Pharmazie gab es neben einzelnen Spenden insbeson­dere von Rottendorf Pharma mittels Sponsoring Unterstützung. |

Christof Wegscheid-Gerlach, 
Dekanat Pharmazie, Philipps-Universität Marburg

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