- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 48/2019
- Bluthochdrucktherapie ü...
Arzneimittel und Therapie
Bluthochdrucktherapie überdenken
Diuretika scheinen ACE-Hemmern in der initialen Monotherapie überlegen
Entsprechend der Leitlinie der American Heart Association wird die antihypertensive Behandlung bei Patienten mit Blutdruckwerten von 130 bis 139 mmHg systolisch oder 80 bis 89 mmHg diastolisch mit einer Monotherapie eingeleitet. Zum Einsatz kommen Diuretika (Thiazide und thiazid-ähnliche Diuretika), Inhibitoren des Angiotensin-konvertierenden Enzyms (ACE-Hemmer), AT1-Blocker und Calcium-Kanalblocker vom Dihydropyridin- oder Nichtdihydropyridin-Typ. Die European Society of Hypertension empfiehlt bei älteren, gebrechlichen Patienten und jenen mit geringem kardiovaskulärem Risiko oder einer Hypertonie von Grad 1 (d. h. 140 bis 159 mmHg systolisch und/oder 90 bis 99 mmHg diastolisch) initial ebenfalls eine Monotherapie. Zudem kommt hier in Abhängigkeit der Grunderkrankung neben den genannten Wirkstoffklassen die Anwendung eines Betablockers in Betracht.
Klare Empfehlungen hinsichtlich der Überlegenheit einzelner Therapien fehlen jedoch, auch weil es an umfangreichen vergleichenden Daten gerade aus der jüngeren Vergangenheit mangelt. Diese Lücke sollte nun im Rahmen einer groß angelegten Untersuchung anhand von Daten aus dem Behandlungsalltag (Real-World-Evidence, s. Kasten) geschlossen werden.
Real-World-Evidence
„Klassische“ klinische Prüfungen werden mit vergleichsweise geringen Fallzahlen und oftmals unter Einbeziehung spezieller Patientenpopulationen sowie unter standardisierten Bedingungen durchgeführt. Die Untersuchungsbedingungen unterscheiden sich somit von den „realen“ Therapiebedingungen nach Markteinführung. Daten aus dem klinischen Alltag – sogenannte Real-World-Evidence (RWE) – sollen diese Erkenntnislücken schließen. Dazu werden beispielsweise Registerdaten ausgewertet. Ergebnisse aus klinischen Prüfungen und Real-World-Evidence sollten zur kontinuierlichen Therapieverbesserung daher Hand in Hand gehen.
Hierzu wurde in neun internationalen Gesundheitsdatenbanken recherchiert. Insgesamt wurden 4,9 Millionen Patientendaten ausgewertet und 22.000 kalibrierte, Propensity-Score-adjustierte Risikoquotienten (HR) hinsichtlich Wirkstoffklassen und Wirksamkeitsendpunkten generiert. Als primäre Zielparameter wurden akuter Herzinfarkt, Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz und Schlaganfall definiert. In den meisten Analysen wurden keine Unterschiede zwischen den Wirkstoffklassen festgestellt. Diuretika erwiesen sich jedoch den ACE-Hemmern, die bei nahezu 50% der Patienten eingesetzt wurden, in ihrer Effektivität und auch hinsichtlich des Sicherheitsprofils als überlegen. Diuretika schnitten in allen primären Wirksamkeitsparametern besser ab:
- akuter Herzinfarkt: HR 0,84; 95%-Konfidenzintervall (KI) 0,75 bis 0,95
- Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz: HR 0,83; 95%-KI 0,74 bis 0,95
- Schlaganfall: HR 0,83; 95%-KI 0,74 bis 0,95
Dagegen erwiesen sich Calcium-Kanalblocker vom Nichtdihydropyridin-Typ insgesamt gegenüber allen anderen Wirkstoffklassen als unterlegen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass ein bevorzugter Therapiestart mit einem Diuretikum anstelle der am häufigsten eingesetzten ACE-Hemmer zur Vermeidung zahlreicher kardiovaskulärer Ereignisse beitragen könnte. Kontrollierte Studien sollten dieser wichtigen Fragestellung nachgehen. |
Literatur
Suchard MA et al. Comprehensive comparative effectiveness and safety of first-line antihypertensive drug classes: a systematic, multinational, large-scale analysis. Lancet 2019; doi:10.1016/S0140-6736(19)32317-7
Whelton PK et al. 2017 ACC/AHA/AAPA/ABC/ACPM/AGS/APhA/ASH/ASPC/NMA/PCNA Guideline for the Prevention, Detection, Evaluation, and Management of High Blood Pressure in Adults. Circulation 2018;138(17):e426-e483
Williams B et al. 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. Eur Heart J 2018;39(33):3021–3104
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.