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Aus den Ländern
„Blick zurück bringt nichts!“
Cathrin Burs leitete erstmals die Kammerversammlung Niedersachsen
In der Landesapothekerkammer Niedersachsen hat kürzlich ein Generationenwechsel stattgefunden: Nach 19 Jahren an der Kammerspitze trat Magdalene Linz als Präsidentin im März dieses Jahres ab, jetzt ist die Braunschweiger Apothekerin Cathrin Burs ihr gefolgt – im Juni wurde sie zur neuen Präsidentin gewählt. Bei der Kammerversammlung am vergangenen Mittwoch in Hannover hielt sie ihren ersten Bericht zur Lage. Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin tritt sie weniger konfrontativ auf, ist aber in einigen Punkten sehr resolut. Eines ihrer Schwerpunktthemen soll die Novellierung der Approbationsordnung werden.
Wenn man in den vergangenen Jahren zu Versammlungen der Landesapothekerkammer Niedersachsen reiste, konnte man sich stets auf eine kampfeslustige und wortgewandte Präsidentin Magdalene Linz freuen, die sowohl die Politik aber auch die Berliner Standesvertretung teils vehement anging. Cathrin Burs folgte ihr und stellte in ihrem ersten Lagebericht klar, dass auch sie bestimmte Themen habe, die sie sehr bewegen. In ihrer Rede bewies die Braunschweigerin bei den einzelnen Themen schnell, dass sie sich längst inhaltlich eingearbeitet hat, um ihren Kolleginnen und Kollegen vom aktuellen Stand der apothekenpolitischen Debatten berichten zu können. Burs ist wortgewandt, wirkt dabei aber kontrolliert und findet in ihrem Vortrag immer wieder einzelne Themen, bei denen man ihr anmerkt, wie viel Herzblut sie als Präsidentin dort investieren wird.
Novellierung der Approbationsordnung – ein Possenspiel
Bestes Beispiel dafür: die Novellierung der Approbationsordnung. Dass sich die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer kürzlich dafür aussprach, dass die Novellierung jetzt aktiv angegangen werden soll, findet sie „super“. Dass es aber so lange gedauert hat, bis sich die Apotheker dazu entschlossen, ihre Studienordnung zu reformieren, bezeichnet sie als „Possenspiel“. Immer wieder habe die Kammer Niedersachsen Handlungsbedarf angemahnt, so Burs. „Das ist doch ein Possenspiel. Es kann doch nicht sein, dass die Angst vor der Degradierung unseres Staatsexamens uns daran hindert, uns auf diesen steinigen Weg zu begeben.“ Klar ist: Das Staatsexamen in Pharmazie müsse bestehen bleiben, aber inhaltlich gehört das Studium aus Sicht von Burs überprüft.
Überzeugt von Spahn
Auffällig ist auch, dass Burs der Politikstil von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) offenbar zusagt. Spahn sei „basisnah, agil, tonangebend“. Er befinde sich im Dialog mit den Apothekern, das hätten seine Besuche bei der ABDA-Mitgliederversammlung und beim Deutschen Apothekertag gezeigt. „Das ist ein Zeichen der Wertschätzung“, so die Präsidentin. Burs sagt das zu, schließlich sei es in Zeiten von Frust und Politikverdrossenheit wichtig, einen guten und engen Kontakt mit den Bürgern zu halten.
Rx-Versand: auf ABDA-Kurs
Was Spahns Apotheken-Stärkungsgesetz und das darin enthaltene Rx-Boni-Verbot für GKV-Versicherte betrifft, will Burs sich nicht festlegen. Das Gesetz hängt derzeit zur Abstimmung zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit und der EU-Kommission fest. Burs sagte, dass keine schnelle Lösung zu erwarten sei, selbst der ursprünglich anvisierte 1. Dezember zur Einsetzung der neuen EU-Kommission drohe zu kippen. Inhaltlich ist die neuen Präsidentin hier aber auf ABDA-Kurs unterwegs: Burs sagte klar und deutlich, dass das Rx-Versandverbot eigentlich „die wirksamste Maßnahme“ sei, viele namhafte Juristen hätten die Machbarkeit des Verbots bestätigt. „Aber der wehmütige Blick zurück hilft nicht. Es gibt keinen politischen Willen, keine Mehrheiten dafür.“ Auch mit der Entscheidung des Bundesrates, der Bundesregierung das Rx-Versandverbot nahezulegen, verbindet Burs wenig Hoffnung. „Es glaubt wirklich niemand daran, dass der Bundesrat hier sein Initiativrecht nutzen wird und einen Gesetzesentwurf vorlegt“, so Burs. Es helfe nichts, man müsse nun abwarten, wie es mit der Apothekenreform weitergeht.
„Entschädigungen“ durchsetzen
Umso wichtiger sei es, dass andere „Entschädigungen“ – wie Burs sie nannte – durchgesetzt werden. In erster Linie gehören dazu laut Burs ein „undurchlässiges“ Makelverbot mit Blick auf die Einführung des E-Rezeptes sowie die Einführung der vergüteten pharmazeutischen Dienstleistungen. Was die Dienstleistungen betrifft, verteidigte Burs die Bundesapothekerkammer (BAK). In den vergangenen Monaten stand die BAK des Öfteren in der Kritik, weil nach wie vor – zumindest in der Öffentlichkeit – keine Vorschläge für solche konkreten Dienstleistungen bekannt gegeben wurden. Burs machte ihren Kolleginnen und Kollegen hier aber Hoffnung: „Die BAK ist da zu Recht sehr vorsichtig. Aber ich kann versprechen: Alle, wirklich alle Apotheken werden die von uns vorgeschlagenen Dienstleistungen abrechnen können. Es wird nicht nur das Medikationsmanagement geben, sondern ein breiteres Leistungsspektrum.“
Impfungen keine Apothekeridee
Eine große Rolle – auch in der anschließenden Diskussion mit den Apothekern – spielten die geplanten Modellvorhaben zu Grippeimpfungen in Apotheken. Burs erinnerte daran, dass es nicht die Apotheker gewesen seien, die das Thema der Impfungen angebracht hätten, sondern Spahn. Dieser habe „vielleicht zur Ablenkung ein kleines Feuer“ zwischen den Apothekern und den Ärzten gelegt. Sie selbst sehe der Kommunikation mit den Ärzten aber entspannt entgegen.
Den PTAs nicht zu viel zumuten
Auch die PTA-Berufsreform scheint ein besonderes Thema für Burs zu sein – auch dabei wurde sie in ihren Ausführungen recht deutlich. Insbesondere die Forderung des Bundesrates, den PTA mehr Kompetenzen zukommen zu lassen, scheint die neue Präsidentin zu bewegen. „Wir sollten den Kompetenzrahmen nur mit Bedacht anfassen und den PTA nicht zu viel zumuten. Ihre Ausbildung ist mit dem langen Studium und der Apothekerausbildung einfach nicht vergleichbar.“ In Richtung PTA stellte sie die Frage: „Wollen die PTA wirklich so viel mehr Verantwortung haben, mit allen Konsequenzen auch in der Haftung?“ Wichtig war es Burs, dass die Kolleginnen und Kollegen mit einem positiven Blick in die Zukunft schauen. „Es gibt derzeit viele Herausforderungen für unseren Beruf, doch Herausforderungen gab es schon immer. Wir dürfen uns nicht entmutigen lassen, im Apothekerberuf steckt viel Potenzial.“
Blick nach Brüssel
Auf Buhrs Rede folgte ein Vortrag von Dr. Jens Gobrecht, der für die ABDA das Europa-Büro in Brüssel leitet. Gobrecht berichtete den Apothekern von den Schwierigkeiten bei der Zusammensetzung der neuen EU-Kommission – die sich auch auf die Pharmazeuten in Deutschland auswirken. Denn: Nach wie vor liegt keine Stellungnahme der Kommission zum Rx-Boni-Verbot für GKV-Versicherte vor, das die Bundesregierung als Reaktion auf das EuGH-Urteil von 2016 einführen will.
Gobrecht prophezeite bei der Versammlung der LAK, dass die Kommission die Bundesregierung erneut vor unvollendete Tatsachen stellen werde. Gobrecht wörtlich: „Ich erwarte kein ‚Ja‘, aber auch kein komplettes ‚Nein‘. Letztlich wird sich wohl die Koalition um die Frage streiten müssen, wie man damit umgeht und ob ein Kompromiss möglich ist.“ Ins Detail ging Gobrecht hier nicht. Aber denkbar wäre durchaus, dass die Kommission einen Boni-Deckel, also eine teilweise Aufhebung der Rx-Preisbindung, vorschlägt. Die Frage wäre dann, ob Union und SPD diese umsetzen oder jegliche Deregulierungen an der Rx-Preisbindung verhindern wollen. |
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