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Beratung
Wenn das Immunsystem heiß läuft
Was tun mit fiebernden Babys und Kindern?
Fieber selbst ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein wichtiger Teil der natürlichen Immunantwort des Körpers auf Krankheitserreger. Eine Temperaturerhöhung tritt bei Kleinkindern viel häufiger auf als bei Erwachsenen, Werte von 38 bis 39° C sind hier keine Seltenheit. Auch hohes Fieber bei Kindern ist nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit einer schweren Erkrankung. Meistens wird es durch eine banale bakterielle oder virale Infektion verursacht, etwa durch eine Otitis media oder durch Infektionen des Gastrointestinaltrakts sowie der Atem- und der Harnwege. Eine Ausnahme sind jedoch Neugeborene (Säuglinge im Alter unter 28 Tage). Diese können aufgrund einer reduzierten Immunlage an schweren invasiven bakteriellen Infektionen (Pneumonie, Pyelonephritis, Meningitis oder Sepsis) erkranken, ohne dass merkliches Fieber auftritt [1].
Wie entsteht Fieber?
Die Körpertemperatur wird vom Gehirn gesteuert. Der Hypothalamus funktioniert als Regulationszentrum für die Einhaltung der optimalen Körpertemperatur, die normalerweise bei ca. 37° C liegt. Bei einer Infektion werden verschiedene Abwehrmechanismen im Körper aktiviert. Gebildete Zytokine stimulieren die Produktion von Prostaglandinen, die den Temperatur-Sollwert erhöhen. Der Körper reagiert mit Vasokonstriktion der Hautgefäße und Kältezittern (Schüttelfrost), in der Entfieberungsphase kommt es nachfolgend zu Schweißausbrüchen, Vasodilatation der Hautgefäße sowie einem subjektiven Wärmegefühl [2, 3].
Erhöhte Temperatur oder Fieber?
Für die normale und die erhöhte Körpertemperatur wie auch für das Fieber gibt es definierte Grenzen. Gesunde Kinder haben eine Körpertemperatur zwischen 36,5° C und 37,5° C. Morgens liegt die Temperatur meist um 0,5° C niedriger als in den frühen Abendstunden [1]. Bei Kindern, die stark herumtoben und körperlich aktiv sind, ist die Körpertemperatur oftmals erhöht. Werte zwischen 37,6 und 38,5° C werden als subfebrile Temperatur bezeichnet. Mehr als 38,5° C gilt als Fieber (bei Neugeborenen schon 38° C). Von Hyperthermie spricht man, wenn die Temperatur 41° C überschreitet [4].
In den meisten Fällen ist dem Kind schon rein äußerlich anzumerken, dass es Fieber hat. Neben einem heißen und geröteten Gesicht lassen sich oft glasige Augen und eine nörgelige Stimmungslage beobachten, als weitere Begleiterscheinungen eventuell auch Erbrechen, Durchfall, Husten, Schnupfen, Atembeschwerden oder Kopf- und Gliederschmerzen. Während sich ein Fieberanstieg vor allem durch Blässe, kalte Gliedmaßen, Frösteln, Schüttelfrost und Zähneklappern äußert, zeichnet sich der Fieberabfall hauptsächlich durch Hautrötung, warme, feuchte Hände und Füße, Schwitzen sowie Durst mit Vorliebe auf kalte Getränke aus. Zu den wichtigsten Symptomen, die auf eine schwere Erkrankung hindeuten, zählen Appetitlosigkeit, Reizbarkeit, Lethargie und Veränderung des Schreimusters in Art und Dauer [3, 4, 7].
Fieber richtig messen
Besteht der Verdacht auf Fieber, muss umgehend die Körpertemperatur gemessen werden. Je nach Methode und Ausführung können die Werte deutlich voneinander abweichen. Für möglichst exakte Ergebnisse empfehlen Ärzteverbände bei Säuglingen und Kleinkindern die rektale Messung. Hierfür sollte das Kind in eine entspannte Lage auf den Rücken oder auf die Seite gebracht werden. Die Spitze des digitalen Fieberthermometers kann mit Wasser angefeuchtet oder mit etwas Creme oder Vaseline bestrichen werden, bevor es vorsichtig etwa ein- bis maximal zwei Zentimeter in den After eingeführt wird. Im Anschluss ist das Thermometer selbstverständlich gut zu reinigen. Alternativ lässt sich die Temperatur auch mit einem speziellen Ohrthermometer (z. B. Braun Thermo Scan®) im Gehörgang messen. Wichtig bei dieser Variante ist die korrekte Anwendung des Gerätes: Damit der Infrarotstrahl das Trommelfell erreicht, muss bei der Ohrmessung der richtige Winkel stimmen. Dazu muss die Ohrmuschel bei Säuglingen und Kleinkindern leicht nach hinten und oben gezogen werden. Fehlmessungen können durch Ohrenschmalz oder Zugluft entstehen. Bei Säuglingen kann diese Art der Messung frühestens ab sechs Monaten erfolgen, vorher ist der Gehörgang noch zu eng.
Eine weitere Möglichkeit bieten auch Stirn- oder Schläfenthermometer (z. B. Thermoval® baby sense), bei denen ein Infrarotsensor die Temperatur an Stirn oder Schläfe ermittelt, während ein zweiter Sensor die Umgebungstemperatur misst. Daraus errechnet das Gerät die Körpertemperatur. Die Messgenauigkeit fällt jedoch nur mittelmäßig aus, sodass diese Methode lediglich als Orientierungshilfe dienen kann.
Messungen im Mund setzen ein gutes Mitmachen des Kindes voraus und sollten erst bei Kindern ab fünf Jahren durchgeführt werden – frühestens zehn Minuten nach dem Essen oder Trinken. Die Spitze des Thermometers sollte dabei unter der Zunge platziert sein und das Kind während des Messvorgangs durch die Nase atmen. Im Vergleich zur rektalen Messung liegen die Messergebnisse unter der Zunge etwa 0,3 bis 0,5° C niedriger. Die Temperaturmessung in der Achselhöhle ist nicht zu empfehlen, weil diese Methode oft ungenaue Ergebnisse liefert [1, 5, 6].
Nicht immer und sofort das Fieber senken
Fieber hat einen physiologischen Nutzen bei der Bekämpfung von Infektionen und erfordert nicht zwingend eine Behandlung bei einem ansonsten gesunden Kind. Einige Studien zeigen sogar, dass fiebersenkende Mittel den Verlauf bestimmter Krankheiten verlängern [8, 9]. Zu beachten gilt, dass Antipyretika zwar das Fieber senken, aber nicht den Verlauf einer Infektion ändern. Hohes Fieber (über 39° C) kann allerdings wichtige Körperfunktionen stark beeinträchtigen und erhöht die Stoffwechselrate sowie die Anforderungen an das kardiopulmonale System. Daher verordnen die meisten Ärzte Antipyretika bei Kindern mit Herz-Lungen-Erkrankungen, neurologischen Störungen oder Fieberkrämpfen in der Vorgeschichte [1, 3, 7].
Nicht immer sagt die Höhe des Fiebers etwas über die Schwere der Erkrankung aus. Daher ist der Einsatz von fiebersenkenden Mitteln nicht ausschließlich an einer konkreten Gradzahl festzumachen. In den meisten Fällen können bei gutem Allgemeinzustand und munterem Kind Temperaturen von 38,5° C bis 39° C akzeptiert werden, solange das Kind genug Flüssigkeit zu sich nimmt. Wichtige Fragen dabei sind, ob die Windeln noch nass und die Schleimhäute des Kindes feucht sind. Die Eltern sollten also ihr Kind sorgsam beobachten und in erster Linie auf den Allgemeinzustand achten, erst in zweiter Linie auf die Temperatur. Je schlechter der Zustand des Kindes ist, desto früher wird mit fiebersenkenden Wirkstoffen begonnen. Bei Kindern, die bereits einen Fieberkrampf hatten, sollten Antipyretika unmittelbar gegeben werden. Auch bei einer rektal gemessenen Temperatur über 40° C ist ein Antipyretikum indiziert [1, 4, 10]. Bei Fieber nach einer Impfung sollten fiebersenkende Mittel dagegen in der Regel nicht eingesetzt werden. Sonst kann unter Umständen die Immunreaktion, die für eine ausreichende Antikörperbildung nötig ist, nicht im erforderlichen Ausmaß stattfinden und die gewünschte Immunität bleibt aus.
Wann sollten Eltern mit dem Kind zum Arzt gehen?
Ein Arztbesuch ist nicht grundsätzlich bei jeder erhöhten Temperatur nötig. Empfohlen wird, Säuglinge unter drei Monaten bereits bei leichtem Fieber ab 38,0° C einem Arzt vorzustellen, Babys im Alter von drei bis sechs Monaten bei einer Körpertemperatur von mindestens 39° C. Je jünger das Kind, desto früher sollte es zum Kinderarzt. Weitere Kriterien für den Arztkontakt sind:
- Fieber hält länger als drei Tage an
- Fieber sinkt trotz fiebersenkender Maßnahmen nicht
- bei weiteren Krankheitszeichen wie Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Hautausschlag, Kopfschmerzen, Lethargie, Berührungsempfindlichkeit, erschwertem Atmen oder Nackensteife
- Fieberkrampf
- deutliche Beeinträchtigung des Kindes (reduzierter Allgemeinzustand)
- Trinkverweigerung
- Veränderung des Schreimusters
- Sorgen und Beunruhigung der Eltern
Der Arzt sollte die Fiebermessung wiederholen und abklären, seit wann das Kind fiebert und in welchem Bereich die höchste gemessene Temperatur lag. Zudem überprüft er, ob weitere Symptome wie Schmerzen, Infekte der unteren und oberen Atemwege, Husten, Durchfall, Ausschlag, Anzeichen einer Blinddarm- oder Hirnhautentzündung sowie Krampfanfälle vorhanden sind. Entscheidend sind zudem der Allgemeinzustand des Kindes sowie signifikante Grunderkrankungen wie Immundefekte oder Herzerkrankungen. Die besondere Herausforderung liegt darin, die seltenen, wirklich ernsthaften Erkrankungen unter allen fiebernden Kindern rechtzeitig zu erkennen [1, 3, 7].
Was ist Dreitagefieber?
Das Dreitagefieber ist eine bei Säuglingen und Kindern unter drei Jahren sehr häufig auftretende, meist harmlos verlaufende Virusinfektion, hervorgerufen durch das humane Herpes-Virus Typ 6. Die Ansteckung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Hierbei bekommen die Kinder plötzlich hohes Fieber (39 bis 40° C), das nach drei bis vier Tagen wieder abrupt verschwindet. Erst danach tritt der typische kleinflächige, rote Hautausschlag auf, der eine eindeutige Diagnose erlaubt. Das Exanthem breitet sich innerhalb weniger Stunden vor allem an Brust, Bauch und Rücken, aber auch an Armen und Beinen und in seltenen Fällen auf Gesicht und Kopfhaut aus und verschwindet nach zwei bis drei Tagen wieder. Das Dreitagefieber lässt sich nicht ursächlich behandeln, es können nur die Symptome durch fiebersenkende Maßnahmen gelindert werden [3, 11].
Richtiges Verhalten bei einem Fieberkrampf
Fieber kann in seltenen Fällen zu Fieberkrämpfen führen. Sie treten während sehr hohen Fiebers oder in der Phase des schnellen Fieberanstiegs oder -abfalls auf. Dieses Ereignis kann sehr dramatisch erscheinen: Das Kind wird bewusstlos, verdreht die Augen, die Gliedmaßen sind erst steif, dann können sie rhythmisch zucken. Im Anschluss sind die Kinder meist müde und haben keine Erinnerung an den Krampf. Ein solcher Krampfanfall kann einige Minuten andauern. Er betrifft vorwiegend Kinder im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren, die ansonsten völlig gesund sind. Da ein Fieberkrampf in den allermeisten Fällen nach drei bis vier Minuten wieder von selbst vorübergeht, ist besonnenes Handeln angebracht: Eltern sollten ihr Kind beruhigen, es seitlich und stabil lagern und eventuell die Kleidung lockern. Nach einem erstmaligen Auftreten eines Fieberkrampfes sollte das Kind von einem Kinderarzt untersucht werden, der für einen möglichen Notfall Diazepam-Suppositorien verschreiben kann. Nur wenn der Krampf länger andauert, sollte der Notarzt gerufen werden. Fieberkrämpfe stellen in der Regel keine akute Gefahr für das Kind dar und bleiben normalerweise ohne gesundheitliche Folgen [3, 12]. Einen erneuten Fieberkrampf zuverlässig zu verhindern, ist leider nicht möglich, auch nicht durch konsequente Fiebersenkung.
In DAZ Nr. 48 wurde auf Seite 107 zum oben stehenden Absatz nachfolgender Erratum-Kasten veröffentlicht:
Leider ist uns in der DAZ 2019, Nr. 47 auf der S. 40 im Beitrag „Wenn das Immunsystem heiß läuft – Was tun mit fiebernden Babys und Kindern?“ ein bedauerlicher Fehler unterlaufen. Dort wurde ein falscher Handelsname für Diazepam Suppositorien genannt. Korrekte Beispiele für rektal applizierbare Diazepam-Darreichungsformen sind Desitin rectal Mikroklistier oder Stesolid rectal Mikroklistier.
Wir bedanken uns bei unseren aufmerksamen Lesern und bitten um Entschuldigung für den Fehler!
Faktencheck Fiebermittel
Hinsichtlich der Fiebersenkung bei Kindern besteht die größte Erfahrung mit Prostaglandinsynthese-Hemmern, die durch eine Inhibition der Cyclooxygenase (COX) peripher und zentral die Prostaglandinsynthese und damit die Sollwerthochregulation im Hypothalamus hemmen [1]. Als Mittel der Wahl werden Paracetamol und Ibuprofen eingesetzt [13, 14, 15].
Paracetamol. Der analgetische und antipyretische Wirkungsmechanismus von Paracetamol (z. B. ben-u-ron®)ist nicht eindeutig geklärt, nachgewiesen ist eine ausgeprägte Hemmung der cerebralen Prostaglandinsynthese, während die periphere Prostaglandinsynthese nur schwach gehemmt wird. Paracetamol hemmt auch den Effekt endogener Pyrogene auf das hypothalamische Temperaturregulationszentrum. Dosiert wird es in Abhängigkeit von Alter und Körpergewicht, in der Regel mit 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht als Einzeldosis, bis 60 mg/kg Körpergewicht als Tagesgesamtdosis. Das jeweilige Dosierungsintervall richtet sich nach der Symptomatik und der maximalen Tagesgesamtdosis, es sollte sechs Stunden nicht unterschreiten: im Alter < drei Monate, Körpergewicht < 5 kg: Mindestabstand acht bis zwölf Stunden; Körpergewicht ≥ 5 kg: Mindestabstand sechs Stunden.
Ibuprofen wirkt analgetisch, antipyretisch und antiphlogistisch, da es die Cyclooxygenasen und damit die Synthese der Prostaglandine, Thromboxan A2 und Prostacyclin hemmt. Ibuprofen (z. B. Nurofen®) wird bei Kindern in Abhängigkeit von Körpergewicht bzw. Alter dosiert, in der Regel mit 7 bis 10 mg/kg Körpergewicht als Einzeldosis, bis maximal 30 mg/kg Körpergewicht als Tagesgesamtdosis, Körpergewicht < 8 kg: Mindestabstand: sechs bis acht Stunden; Körpergewicht > 8 kg: Mindestabstand sechs Stunden.
Neben Suppositorien und Suspensionen stehen auch Tabletten, Kapseln oder Schmelztabletten als Darreichungsform zur Verfügung. Fiebersaft sollte dem Kind immer vorsichtig und langsam in die Wangentasche geträufelt werden, damit es sich nicht verschluckt. Dabei sollte das Kind nicht auf dem Rücken liegen, sondern sitzen oder aufrecht gehalten werden. Die Suppositorien eignen sich vor allem, wenn das Kind erbricht oder lethargisch ist. Am besten liegt das Kind für die rektale Applikation auf der Seite und winkelt die Beine Richtung Brust an. Eltern können das Zäpfchen mit dem stumpfen Ende voran in den After schieben, damit der Reflex des Herausdrückens möglichst nicht ausgelöst wird.
Die Dosierung der Antipyretika erfolgt gewichtsbezogen. Paracetamol ist bereits zugelassen für Neugeborene und bei korrekter Dosierung gut verträglich [1]. Ob der Wirkstoff an der Entstehung von Asthma beteiligt ist, wird kontrovers diskutiert, ist aber weder eindeutig belegt noch widerlegt [16]. Als Alternative für ältere Säuglinge und Kinder kommt Ibuprofen infrage. Die Substanz ist für Kinder ab drei Monaten beziehungsweise ab 6 bis 8 kg Körpergewicht zugelassen [13]. Ibuprofen-Präparate wirken im Gegensatz zu Paracetamol auch entzündungshemmend. Als Nebenwirkung können vereinzelt Gastritis und Magen-Darm-Geschwüre auftreten, auch Nierenschäden sind möglich, vor allem bei Dehydrierung [17, 18]. Sinkt das Fieber trotz Paracetamol- oder Ibuprofen-Gabe nicht, kann der Arzt Metamizol verordnen.
Metamizol ist ein nicht steroidales Analgetikum vom Pyrazolon-Typ und besitzt analgetische, antipyretische, spasmolytische und geringe antiphlogistische Wirkungen. Es hemmt unter anderem die Prostaglandinsynthese und reversibel die Thrombozytenaggregation. Als seltene, aber lebensgefährliche Nebenwirkungen können unter Metamizol anaphylaktischer Schock, Agranulozytose und schwere Hautreaktionen auftreten. Bei Säuglingen unter drei Monaten oder unter 5 kg Körpergewicht ist Metamizol kontraindiziert [13]. Bei Kindern und Jugendlichen bis 14 Jahre können als Einzeldosis 8 bis 16 mg Metamizol pro kg Körpergewicht gegeben werden. Bei Fieber ist für Kinder eine Dosis von 10 mg Metamizol pro kg Körpergewicht im Allgemeinen ausreichend.
darf bei Kindern und Jugendlichen nur unter sehr strenger Indikationsstellung eingesetzt werden, da der Arzneistoff in seltenen Fällen ein Reye-Syndrom auslösen kann. Dieses ist charakterisiert durch eine Enzephalopathie und Leberzelldegeneration.
Auf einen Blick
- Fieber wird am exaktesten rektal gemessen, mit einem digitalen Thermometer.
- Ursachen und Beurteilung von akutem Fieber unterscheiden sich je nach Alter des Kindes, Neugeborene sollten ab 38° C sofort zum Kinderarzt.
- Zu den wichtigsten Symptomen, die auf eine schwere Erkrankung hindeuten, zählen Appetitlosigkeit, Reizbarkeit, Lethargie und Veränderung des Schreimusters.
- Der Einsatz von Antipyretika ist nicht ausschließlich an einer konkreten Gradzahl festzumachen, sondern am Allgemeinzustand des Kindes.
- Paracetamol ist bereits zugelassen für Neugeborene. Als Alternative für ältere Säuglinge und Kinder kommt Ibuprofen zur Fiebersenkung infrage. Die Dosierung erfolgt gewichtsbezogen.
- Bei alternierender Gabe von Paracetamol und Ibuprofen sollten die Eltern sorgfältig notieren, wann sie welches Medikament in welcher Dosierung gegeben haben.
- In jedem Fall ist auf eine ausreichende Rehydrierung des fiebernden Kindes zu achten.
Paracetamol und Ibuprofen im Wechsel?
Nicht selten legen Eltern in der Apotheke ein Rezept über die gleichzeitige Verordnung von Paracetamol und Ibuprofen vor. Meist hat der Kinderarzt empfohlen, beide Fiebersenker im Wechsel zu geben, um das Fieber besser zu kontrollieren. Doch wie sieht es mit der alternierenden Gabe von Paracetamol und Ibuprofen aus? Hierzu gehen die Expertenmeinungen auseinander. Die aktuelle Datenlage ist nicht besonders ergiebig hinsichtlich konkreter Empfehlungen zu einer abwechselnden Gabe beider fiebersenkender Mittel bei Kindern. Die britische PITCH-Studie von 2008 ergab, dass Ibuprofen Fieber rascher senkte als Paracetamol oder die gleichzeitige Einnahme beider Antipyretika. Hingegen blieben Kinder unter der kombinierten Gabe länger fieberfrei. Aufgrund dieser Studienergebnisse raten die Autoren der Pitch-Studie, zunächst zu Ibuprofen zu greifen, wenn eine schnelle Fiebersenkung erwünscht ist [19]. Auch Prof. Dr. Dr. Kay Brune, Erlangen, bevorzugt die Gabe von Ibuprofen zur Fiebersenkung, spricht sich aber gegen eine alternierende Gabe von Paracetamol und Ibuprofen aus, welche die Autoren der Pitch-Studie bei nicht ausreichender Fiebersenkung anraten [20]. Weitere Daten hierzu untersuchte ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2017. Die Analyse von sechs Studien mit 915 behandelten Kindern stellte heraus, dass Paracetamol plus Ibuprofen das Fieber stärker und länger senkte als die jeweiligen Monotherapien, unabhängig davon, ob die beiden Antipyretika abwechselnd oder gleichzeitig gegeben wurden. Der Kombination der Arzneimittel wurde insgesamt eine schwache Evidenz zugesprochen. Sie zeigte nicht mehr Nebenwirkungen als die jeweilige Einzeltherapie mit den Substanzen. Auch nach diesen Auswertungen könnte initial eine rasche Fiebersenkung mit Ibuprofen versucht und erst bei nicht ausreichendem Effekt zu einer alternierenden Gabe mit Paracetamol gewechselt werden [21]. Allerdings äußern sich sowohl das National Institute for Health and Clinical Excellence als auch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin kritisch und empfehlen nach wie vor eine Monotherapie entweder mit Ibuprofen oder Paracetamol. Befürchtet wird vor allem eine Überdosierung der beiden Wirkstoffe, denn Eltern seien zum Teil von dem alternierenden Dosier-Regime überfordert und hielten nicht immer die empfohlenen Applikationsintervalle ein [20, 21]. Um Fehldosierungen zu vermeiden, ist es in jedem Fall wichtig, dass die Eltern sorgfältig notieren, wann sie welches Medikament in welcher Dosierung gegeben haben. Darüber hinaus muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Kinder ausreichend trinken – täglich etwa 50 bis 80 ml Wasser oder ungesüßter Tee pro Kilogramm Körpergewicht, um Nierenfunktionsstörungen unter Ibuprofengabe zu vermeiden, aber auch generell für ein verbessertes Befinden zu sorgen [1].
Naturheilkundliche Mittel und physikalische Maßnahmen
Neben den allopathischen Antipyretika liegen Erfahrungen mit verschiedenen Mitteln aus der Naturheilkunde vor. Hierzu gehören beispielsweise die homöopathischen Einzelsubstanzen Aconitum, Belladonna und Ferrum phosphoricum sowie als Komplexmittel unter anderem Viburcol® N Zäpfchen, Argentum/Quarz® Globuli, Infludoron® Globuli oder Aconitum/China comp. Suppositorien für Kinder [22]. Zudem können nicht-medikamentöse Maßnahmen den Organismus während des Fieberanstiegs und -abfalls entlasten. Bei steigender Temperatur sind eine Wärmflasche und eine zusätzliche Decke gefragt, beim Fieberabfall Wadenwickel und die Entkleidung des Kindes. Wickel können sowohl an der Wade als auch am Handgelenk als Pulswickel angelegt werden – allerdings nur, wenn Arme und Beine warm sind. Bei Säuglingen unter sechs Monaten verwendet man ausschließlich Pulswickel. Ein Wickel besteht aus einem feuchten Innenwickel und einem trockenen Außentuch. Die Temperatur des Innenwickels darf nicht mehr als 5° C unter der gemessenen Körpertemperatur liegen. Der Patient wird nicht zu warm zugedeckt, um einen Hitzestau zu vermeiden. Sobald der Innenwickel zu trocken oder warm ist, wird er entfernt [23]. Ist der Allgemeinzustand des Kindes trotz des Fiebers nicht beeinträchtigt, muss keine strikte Bettruhe eingehalten werden. Körperliche Anstrengung und sportliche Aktivitäten sind jedoch zu vermeiden. |
Literatur
[1] Niehues T. The febrile child: diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(45):764-774, DOI: 10.3238/arztebl.2013.0764
[2] Mutschler E, Geisslinger G, Kroemer HK, Menzel S, Ruth P. Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2013
[3] Fieber im Kindesalter (Fieber bei Kindern) Patientenleitlinie. Informationen des medizinischen Wissensnetzwerks der Universität Witten/Herdecke, www.evidence.de, www.patientenleitlinien.de/Fieber_Kindesalter/fieber_kindesalter.html; Abruf: 4. November 2019
[4] Was ist Fieber? Informationen der Kinderärzte im Netz, www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/fieber/ Abruf: 4. November 2019
[5] El-Radhi AS. Measurement of body temperature. Clinical Manual of Fever in Children. Heidelberg, Springer 2009;63–67
[6] Dodd SR, Lancaster GA, Craig JV, Smyth RL, Williamson PR. In a systematic review, infrared ear thermometry for fever diagnosis in children finds poor sensitivity. Journal of Clinical Epidemiology 2006;59:354–357
[7] Consolini DM. Fieber bei Säuglingen und Kindern. Informationen der MSD Manuals. www.msdmanuals.com/de-de/profi/pädiatrie/symptome-bei-säuglingen-und-kindern/fieber-bei-säuglingen-und-kindern; Abruf: 4. November 2019
[8] Doran TF, De Angelis C, Baumgardner RA, Mellits ED. Acetaminophen: more harm than good for chickenpox? J Pediatr 1989;114(6):1045–1048
[9] Plaisance KI, Kudaravalli S, Wasserman SS, Levine MM, Mackowiak PA. Effect of antipyretic therapy on the duration of illness in experimental influenza A, Shigella sonnei, and Rickettsia rickettsii infections. Pharmacotherapy 2000;20(12):1417–1422
[10] Mein Kind hat Fieber. Informationen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V., www.dgkj.de/eltern/dgkj-elterninformationen/elterninfo-fieber/ Abruf: 4. November 2019
[11] www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/drei-tage-fieber/ Abruf: 4. November 2019
[12] www.kinderaerzte-im-netz.de/media/53ec996633af614b7300ef74/source/20080120131322_fieberkraempfe.pdf
[13] Fachinformationen zu Paracetamol, Ibuprofen und Metamizol; Abruf: 4. November 2019, www.fachinfo.de
[14] Sullivan JE, Farrar HC. Fever and antipyretic use in children. Pediatrics 2011;127:580–587
[15] Pierce CA, Voss B. Efficacy and safety of ibuprofen and acetaminophen in children and adults: a meta-analysis and qualitative review. Ann Pharmacother 2010;44:489–506
[16] Etminan M, Sadatsafavi M, Jafari S, Doyle-Waters M, Aminzadeh K, Fitzgerald JM. Acetaminophen use and the risk of asthma in children and adults: a systematic review and metaanalysis. Chest 2009;136:1316–1323
[17] Berezin SH, Bostwick HE, Halata MS, Feerick J, Newman LJ, Medow MS. Gastrointestinal bleeding in children following ingestion of low-dose ibuprofen. Journal of Pediatric Gastroenterology and Nutrition 2007;44:506–508
[18] Misurac JM, Knoderer CA, Leiser JD, Nailescu C, Wilson AC, Andreoli SP. Nonsteroidal anti inflammatory drugs are an important cause of acute kidney injury in children. J Pediatr 2013;162:1153–1159
[19] Hay A et al. Paracetamol plus ibuprofen for the treatment of fever in children (PITCH): randomised controlled trial. Br Med J 2008;337:1302; doi: 10.1136/bmj.a1302
[20] Uhl D. Ibuprofen und Paracetamol im Wechsel geben? DAZ 2008;44:52
[21] Müller C. Sollte die alternierende Gabe von Paracetamol und Ibuprofen unterbleiben? www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/02/20/sollte-die-alternierende-gabe-von-paracetamol-und-ibuprofen-unterbleiben, 20. Februar 2018
[22] Vagedes J, Soldner G. Das Kinder-Gesundheitsbuch: Kinderkrankheiten ganzheitlich vorbeugen und heilen, 4. Auflage, Gräfe und Unzer Verlag, München 2011
[23] Uhlemayr U. Wickel und Co: Bärenstarke Hausmittel für Kinder, 13. Auflage, Urs-Verlag 2017
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