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Was können wir von Schweden lernen?

Familienfreundliche Arbeits- und Beschäftigungsmodelle

Im europäischen Vergleich gehört Schweden zu den Ländern mit der höchsten Geburtenrate (12,5 Lebendgeburten je 1000 Einwohner). Deutschland (9,5) ist weit abgeschlagen. Die Zahlen lassen sich durch systematische Maßnahmen zur ­Familienförderung und zur Gleichstellung von Frauen und Männern erklären.

Bei den Erwerbstätigenquoten nehmen Schweden und Deutschland zwar Spitzenplätze ein, und die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind gering. Betrachtet man jedoch die Teilzeitquote schneidet Deutschland unter Gender-Aspekten schlecht ab (Frauen: 46%, Männer: 9%; geschlechtsspezifischer Abstand: 37%). Auch in Schweden gibt es Unterschiede, sie sind aber geringer (36% vs. 13%; Differenz: 23%).

Foto: Alexandr Blinov – stock.adobe.com

Chancengleichheit am Arbeitsplatz

Außerdem haben die skandinavischen Länder Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern umgesetzt – mit Erfolg. Einige Zahlen aus Schweden: 44% der Abgeordneten im Reichstag sind Frauen, in der Regierung sind es 50%. Ähnlich ist die Situation in den Gemeindeverwaltungen (44% Frauen) und Provinziallandtagen (49% Frauen). Auch in den Verwaltungsräten öffentlicher Behörden liegt der Frauenanteil bei 47%. Das geschlechtsspezifische Lohngefälle (Gender Pay Gap) ist zwar auch in Schweden vorhanden (13%), aber deutlich geringer als in Deutschland (22%) oder im EU-Durchschnitt (16%). Und beide Partner arbeiten, was mehrere Gründe hat. Erstens werden beide Elternteile individuell besteuert. Es gibt keine finanziellen Anreize dafür, dass der Mann, der in der Regel auch in Schweden mehr verdient als die Frau, arbeitet, und die Frau den Haushalt führt. Zweitens ist das öffentliche Kinder­betreuungssystem in Schweden erschwinglich und von der Krippe bis hin zum Abitur gut ausgebaut. Das ­garantierte Recht auf einen Kinder­gartenplatz ab dem ersten vollendeten Lebensjahr nehmen 90% der Eltern in Anspruch. Und die Kindergärten müssen – bei Bedarf der Eltern – bereits ab 6.30 Uhr morgens Kinder aufnehmen und bis 18.30 Uhr geöffnet sein. Drittens gibt es finanzielle Hilfen für Kinder, Schüler und Studenten.

Elterngeld als Faktor für eine gerechtere Rollenverteilung

Noch ein Blick auf das Elterngeld. Derzeit erhalten Mütter und Väter 80% ihres Einkommens für die ersten 13 von insgesamt 16 Monaten, in denen sie sich um das Baby kümmern. Sowohl Mutter als auch Vater müssen mindestens 60 Tage beim Kind bleiben, um das Geld zu bekommen. Diese quasi vom Staat erzwungene Familien­zeit hat dazu geführt, dass sich in Schweden deutlich mehr Männer um Kinder kümmern als im Rest der EU. Bis zum achten Lebensjahr des Kindes haben Eltern das Recht, auf eigene Kosten ihre Arbeitszeit um bis zu 25% zu reduzieren. Allerdings ist es möglich, mit dem noch nicht aufgebrauchten Elterngeld den Lohnausfall zu kompensieren.

Deutschland: Politiker, Arbeit­geber und Familien in der Pflicht

Bleibt als Fazit: Schweden hat – wie andere skandinavische Länder auch – wirksame Maßnahmen zur Chancengleichheit und zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie umgesetzt. Was können wir daraus lernen? Unsere Regierung muss in Hinblick auf die Familienpolitik definitiv nachjustieren. Und Firmen sind in der Pflicht, Arbeitsplätze familienfreundlicher zu gestalten. Auch in Schweden verbesserte die Angst, Fachkräfte zu verlieren, etliche Rahmenbedingungen im Beruf. Nicht zuletzt sollten auch Paare ihre Rollenverteilung auf den Prüfstand stellen: Stimmen Anspruch und Wirklichkeit überein? |

Michael van den Heuvel

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