Deutscher Apothekertag 2019

Rx-Versandverbot: Umsetzen, berücksichtigen, ergänzend einbringen

Der schwierige Weg zur Würdigung der Bundesratsempfehlung

tmb | Bei der Antragsdebatte am Donnerstag ging es sofort um die derzeit zentrale berufspolitische Frage für die Apotheker: Was ist der richtige Weg zur Gleichpreisigkeit? Der geschäftsführende ABDA-Vorstand hatte einen allgemein gehaltenen Leitantrag eingebracht, in dem das Rx-Versandverbot nicht vorkam. Doch besonders nach der jüngsten Empfehlung des Bundesrates für das Rx-Versandverbot erschien dies manchen Kammerpräsidenten, Verbandsvorsitzenden und anderen Delegierten unangebracht. Sie wollten ein deutliches Zeichen setzen. Der Weg zu einer einheitlichen Position war lang.

Bei der Eröffnung der Antragsdebatte blickte ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold auf die Diskussion des Vor­tages zurück (siehe Seite 60). Er sehe keine Zielkonflikte, sondern nur Uneinigkeit über die Chancen verschiedener Wege zum Ziel. Diese seien durch den jeweiligen Informationsstand und die persönliche Sichtweise begründet. Die Apotheker wollten dem Bundesrat danken, dass er verstanden und Position bezogen habe. Doch sie wollten auch, dass das Gesetzgebungsver­fahren weitergehe, erklärte Arnold. Die Apotheker wollten gestalten und dürften darum kein Signal der Uneinigkeit vermitteln. „Einigkeit und Gestaltungswillen“ bezeichnete Arnold als das „richtige Signal“.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Zusätzlicher Antrag …

Doch es blieb die Frage, wie die Apotheker auf die Empfehlung des Bundesrates zum Rx-Versandverbot reagieren sollten. Dazu brachte Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, einen Ad-hoc-Antrag ein. Darin sollte der Gesetzgeber aufgefordert werden, die in der Stellungnahme des Bundesrates vorgesehene Wiedereinführung des Rx-Versandverbotes in der laufenden Gesetzgebung umzusetzen. Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, gab zu bedenken, dass eine solche isolierte Forderung die Diskussion über andere Lösungen beenden würde und damit den Gedanken von Arnold zuwider­liefe. Benkert erläuterte, dass der ­Vorschlag als Teil des Gesetzgebungsverfahrens zu sehen sei und nicht als Ersatz. Daraufhin bildete sich spontan eine Gruppe, die anstelle des Adhoc-Antrags einen Änderungsantrag für den ersten Leitantrag formulierte. Der ursprüngliche Leitantrag forderte in allgemein gehaltenen Formulierungen verlässliche Rahmenbedingungen für die Apotheken, die Sicherung der frei- und heilberuflichen Struktur sowie ein tragfähiges Vergütungssystem. Konkreter ging es um den Erhalt der Preisbindung, die freie Apothekenwahl und das Zuweisungsverbot. Außerdem sollten gemäß dem Antrag Modellvorhaben mit Apotheken nur unter Beteiligung der Landesapothekerverbände zulässig sein, damit die Teilnahme allen Apotheken offensteht. Doch das Rx-Versandverbot wurde in der ursprünglichen Fassung des Antrags nicht erwähnt.

… oder Änderungsantrag

Nachdem die Hauptversammlung zahlreiche andere Anträge bearbeitet hatte, wurde der Änderungsvorschlag unmittelbar vor der Mittagspause präsentiert. Nach der Mittagspause und dem Themenforum über pharmazeutische Dienstleistungen sollte darüber diskutiert werden. Doch dann brachten der Bayerische Landesapothekerverband und der Berliner Apothekerverein eine weitere, etwas weicher formulierte Fassung ein. Der wesentliche Unterschied war, ob die Stellungnahme des Bundesrates „umgesetzt“ oder nur „berücksichtigt“ werden solle. Es folgte eine lange Debatte über die beiden Alternativen, in der es nicht nur um die beiden Wörter, sondern mehr um die Einschätzung der Situation und der politischen Erfolgsaussichten ging.

Zähes Ringen

Für „Umsetzen“ wurde argumentiert, dass eine Forderung sinnlos sei, wenn man sie nicht umsetzen wolle. Die Apotheker seien nicht der Gesetzgeber und könnten ohnehin nur Forderungen aufstellen, sollten dies aber deutlich tun. Die Forderung sollte auch nicht immer weiter verwässert werden, denn das Abweichen vom Ad-hoc-Antrag sei schon ein Kompromiss. Pharmaziestudent Benedikt Bühler, der die jüngste Petition für das Rx-Versandverbot eingebracht hatte, ermunterte die Delegierten, ein „klares Wort für klare Taten“ zu verwenden.

Ein Vertreter des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden hielt da­gegen, ein Versandverbot sei nicht vermittelbar, und erklärte: „Mit einem Versandverbot mauern Sie sich in der Apotheke ein.“ Mehrfach wurde gefordert, das Gesetzgebungsverfahren schnell voranzubringen und keine weitere Zeit zu verlieren. Auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt forderte, den Prozess in Gang zu halten. Dr. Kerstin Kemmritz, Präsidentin der Berliner Apothekerkammer, betonte die nötige Einigkeit. Sie forderte einen guten Kompromiss, weil es sonst nur Verlierer gäbe.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Taktische Überlegungen

Neben der inhaltlichen Debatte wurden im Verlauf der Diskussion zunehmend taktische Überlegungen angestellt, mit welcher Version eine größere Mehrheit zu erreichen wäre. Doch dies war nicht zu erkennen, nicht einmal mit dem Versuch, die Zustimmung an der Applausstärke zu messen. Zweimal wurde ein Antrag auf das Ende der Rednerliste gestellt, doch beide Anträge wurden abgewiesen. Als der Antrag zum zweiten Mal gestellt wurde, waren die inhaltlichen Argumente weitgehend ausgetauscht und es ging offenbar vorrangig darum, wie ein möglichst einheitliches Votum erzielt werden konnte. Gabriele Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, hatte schon zuvor gemahnt, die zwei Wörter „umsetzen“ und „berücksichtigen“ sollten nicht die Macht bekommen, die Apotheker auseinanderdriften zu lassen. Darum schlug sie nun vor, beide Wörter wegzulassen, um maximale Zustimmung zu erreichen.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Einigung auf dritte Änderung

Daraufhin zog sich erneut eine Gruppe zurück und erarbeitete eine neue Formulierung. Der nunmehr dritte Änderungsantrag wurde dann etwas später ohne weitere Diskussion und ohne Gegenstimme bei zwei Enthaltungen angenommen. Der neu formulierte Abschnitt lautet nun: „Insbesondere ist durch geeignete Regelungen sicherzustellen, dass der einheitliche Apothekenabgabepreis für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel gilt. Der Bundesrat hat festgestellt, dass dies vollständig durch den Ausschluss der verschreibungspflichtigen Arzneimittel vom Versandhandel erreicht werden kann. Daher fordert die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker den Gesetzgeber auf, die Stellungnahme des Bundesrates in das laufende Gesetzgebungsverfahren ergänzend einzubringen und so die Gleichpreisigkeit schnellstmöglich wiederherzustellen.“ |

 

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