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- DAZ 36/2019
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Arzneimittel und Therapie
Blaues Licht kann gefährlich werden
Lichttherapie-Maske gegen Akne zurückgerufen
Im Juli 2019 teilte die Johnson & Johnson GmbH mit, die Neutrogena® visibly clear® Anti-Akne Lichttherapie Maske – ein Medizinprodukt der Klasse IIa zur Behandlung der leichten bis mittelschweren Akne – und den zugehörigen Neutrogena® visibly clear® Aktivator auf Handelsebene zurückzurufen. Die Marktrücknahme erfolgte entsprechend der Pressemitteilung als reine Vorsichtsmaßnahme [1].
Nach Angaben der Firma bestehe bei Anwendung der Lichttherapie-Maske für einen kleinen Teil der Bevölkerung das theoretische Risiko einer Augenschädigung. Dies betreffe Patienten mit bestimmten bestehenden Augenerkrankungen sowie Benutzer, die Medikamente einnehmen, die die Lichtempfindlichkeit des Auges erhöhen können – dazu zählen beispielsweise anticholinerg wirksame Substanzen wie Antidepressiva. Eingehende Berichte über visuelle Effekte im Zusammenhang mit der Anwendung der Neutrogena® visibly clear® Anti-Akne Lichttherapie Maske seien selten und die geschilderten Effekte im Allgemeinen von leichter und vorübergehender Natur. Nach Firmenangaben lagen Berichte von unerwünschten Ereignissen vor, welche als nicht gravierend eingestuft und in einer Häufigkeit von etwa 0,02% der vertriebenen Masken gemeldet wurden. Die Berichte beschrieben Reaktionen, die beim Umgang mit hellem Licht zu erwarten sind – wie vorübergehendes Schmerzen der Augen, Tränen der Augen, verschwommenes Sehen, das Sehen von Flecken oder eine veränderte Wahrnehmung von Farben. Der Entschluss zum Rückruf erfolgte aufgrund einer neuerlichen Risikobewertung, die insbesondere die wachsende wissenschaftliche Diskussion über die Sicherheit von blauem Licht ins Kalkül zog.
Mit blauem Licht gegen Akne
Trotz der vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten ist der Therapieerfolg bei Patienten mit Akne nicht immer befriedigend, zumal medikamentöse Maßnahmen problematisch sein können [2]. Antimikrobielle Therapien bergen beispielsweise das Risiko einer Resistenzentwicklung, eine Retinoid-Therapie ist aufgrund ihrer teratogenen Eigenschaften insbesondere für Frauen im gebärfähigen Alter risikobehaftet. Physikalische Maßnahmen bieten eine vermeintlich nebenwirkungsarme Alternative. Doch worauf beruht die aknereduzierende Wirkung der Lichttherapie?
Über die auf der Neutrogena-Website verfügbaren Informationen [3] hinausgehende Angaben, insbesondere die Daten einer noch unveröffentlichten produktspezifischen klinischen Studie, sind nicht verfügbar. Die Behandlung basiert jedoch auf der Kombination von blauem und rotem Licht. Zur Lichttherapie der entzündlichen Akne finden sich zahlreiche Beiträge in der wissenschaftlichen Literatur, sodass das Wirkprinzip des Medizinprodukts grundsätzlich nachzuvollziehen ist. Eine photodynamische Therapie mit blauem Licht (± 415 nm) könnte demnach Cutibacterium acnes (C. acnes, ehemals Propionibacterium acnes) dezimieren sowie die Haartalgdrüseneinheit in Größe und Funktion reduzieren. Insbesondere die Absorption des blauwelligen Lichts durch Porphyrine von C. acnes führt zur Bildung von Singulett-Sauerstoff und reaktiven Sauerstoffspezies und einer damit einhergehenden bakteriziden Wirkung [4 – 6]. Licht längerer Wellenlängen ist weniger in der Lage, Porphyrine zu aktivieren, dringt jedoch tiefer in das Gewebe ein und könnte durch eine direkte Drosselung der Talgdrüsenfunktion und der Induktion antientzündlicher Immunfunktionen zu einer Verbesserung der Symptomatik beitragen. Demzufolge wurden neben reinem Blaulicht auch kombinierte Applikationen von blauem und rotem Licht zur Behandlung der Akne getestet und sind in therapeutischem Einsatz [4, 7]. Insgesamt und der Analyse eines Cochrane Reviews [8] zufolge fehlen jedoch qualitativ hochwertige Daten, sodass die Phototherapie derzeit nicht als Erstlinienbehandlung einer Akne betrachtet werden kann.
Risiko für die Augen
Energiereiches blaues Licht kann über photodynamische Reaktionen Schädigungen des Auges bewirken, insbesondere der Netzhaut. Die Mechanismen sind seit geraumer Zeit beschrieben [9, 10], ebenso wie die schädlichen Auswirkungen einer kumulativen Lichtexposition auf die Integrität der Retina [11].
Die Anti-Akne Lichttherapie Maske verfügt über einen getönten Augenschutz und weist im Augenbereich eine Aussparung (Sichtfenster) auf, sodass direkte Schadwirkungen auf das Auge vermieden werden sollten. In der Anleitung ist explizit ein Hinweis zu finden, dass die Lichttherapie auch mit geöffneten Augen durchgeführt werden kann. Die eingehenden Berichte müssen jedoch als Signal gewertet werden, dass – zumindest bei bestimmten Patientengruppen – dennoch ein erhöhtes Risiko für Augenschäden bestehen könnte. Der Rückruf nach neuerlicher Bewertung des Nutzen-Risiko-Profils ist demzufolge nachvollziehbar und richtig. Ein Wiederaufleben dieses durchaus interessanten Therapieansatzes ist nur nach einer vollständigen Ausräumung des Risikos einer Augenschädigung, beispielsweise durch Integration einer lichtundurchlässigen Augenbedeckung, zu befürworten. |
Literatur
[1] 28/19 Rückruf: Neutrogena® visibly clear® Anti-Akne Lichttherapie Maske und Neutrogena® visibly clear® Aktivator für Anti-Akne Lichttherapie Maske. Mitteilung der Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK) vom 9. Juli 2019; www.abda.de
[2] Leopoldt D. Ungeliebtes Spiegelbild. Topische und systemische Behandlungsmöglichkeiten bei Akne. DAZ 2019, Nr. 22, S. 32
[3] Informationen des Herstellers zur Neutrogena® visibly clear® Anti-Akne Lichttherapie Maske. www.neutrogena.de/news/anti-akne-lichttherapie; Abruf am 27. August 2019
[4] Pei S et al. Light-based therapies in acne treatment. Indian Dermatol Online J 2015;6(3):145-157
[5] Salavastru C. Phototherapie der entzündlichen Akne. Der Hautarzt 2018;69:27-34
[6] Ashkenazi H et al. Eradication of Propionibacterium acnes by its Endogenic Porphyrins After illumination with High Intensity Blue Light. FEMS Immunol Med Microbiol 2003;35(1):17-24
[7] Ablon G. Phototherapy with Light Emitting Diodes: Treating a Broad Range of Medical and Aesthetic Conditions in Dermatology. J Clin Aesthet Dermatol 2018;11(2):21-27
[8] Barbaric J et al. Light therapies for acne. Cochrane Database Syst Rev 2016;9:CD007917
[9] Ham WT et al. Basic mechanisms underlying the production of photochemical lesions in the mammalian retina. Curr Eye Res 1984;3(1):165-174
[10] Ruffolo JJ et al. Photochemical lesions in the primate retina under conditions of elevated blood oxygen. Invest Ophth Vis Sci 1984;25(8):893-898
[11] Young RW. Solar radiation and age-related macular degeneration. Surv Ophthalmol 1988;32(4):252-269
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