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Politik

VOASG: Was ist daran faul?

ABDA nimmt erneut Stellung zum Apothekenstärkungsgesetz

ks | Am 4. September werden im Gesundheitsausschuss des Bundesrats die ersten Beratungen zum Kabinettsentwurf für das Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) sowie der zugehörigen Sammelverordnung stattfinden. Die ABDA hat dazu neue Stellungnahmen abgegeben. Einige der gegenüber dem Referentenentwurf mittlerweile vorgenommenen Nachbesserungen sind ganz in ihrem Sinne. Nicht aber, dass die Regierung zum Beispiel weiterhin an der Streichung der Preisbindung für EU-Versender im Arzneimittelgesetz festhält.

Der am 17. Juli beschlossene Kabinettsentwurf zum Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken weist gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf einige Änderungen auf. Und so war auch die ABDA gefordert, ihre erste Stellungnahme aus dem Mai nochmals zu überarbeiten. Wie das Reformvorhaben selbst ist nun auch die Stellungnahme zweigeteilt: Einmal geht es um den Gesetzentwurf, einmal um den Entwurf für eine Verordnung zur Änderung der Arzneimittelpreisverordnung und der Apothekenbetriebsordnung. Was die ABDA von den Plänen der Regierung für Änderungen im Bereich der Apotheken hält, sollen jetzt auch die Länder wissen. Denn Anfang September werden im Gesundheitsausschuss des Bundesrats die ersten Beratungen zum Gesetzentwurf stattfinden. Der Ausschuss wird dann Empfehlungen für eine Stellungnahme des Plenums aussprechen.

Doch was steht nun drin in der neuen ABDA-Stellungnahme? In weiten Teilen dasselbe wie schon in der ersten Stellungnahme. Sie begrüßt nach wie vor die Intention der Regierung, die Vor-Ort-Apotheken stärken zu wollen. „Der Gesetzentwurf ist eine tragfähige Grundlage für eine nachhaltig und spürbar gestärkte Arzneimittelversorgung“, heißt es einleitend. Vor allem dass es eine Rechtsgrundlage für zusätzliche honorierte pharmazeutische Dienstleistungen geben soll, gefällt der ABDA. Zusammen mit den weiteren Regelungen zur Sicherung der freien Wahl der Apotheken, dem – aus ihrer Sicht noch zu verstärkenden – Verbot der Arzneimittelabgabe durch automatisierte Einrichtungen, der stärkeren finanziellen Unterstützung von Gemeinwohlaufgaben (Notdienste) und dem Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken werde „die Versorgung der Patienten durch die Apotheken vor Ort sinnvoll weiterentwickelt“.

Bessere Formulierung der Preisbindung in § 129 SGB V

Positiv sei auch, dass der Gesetzgeber bestrebt sei, die Lücken im Preisbildungssystem, die durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2016 entstanden sind, wieder zu schließen. Die vorgesehene Wiederherstellung des einheitlichen Apothekenabgabepreises im GKV-Bereich auch beim Bezug von Arzneimitteln aus dem Ausland sei dazu „ein wichtiger und richtiger Schritt“. Die Neuformulierung des § 129 SGB V, über den die Bindung an die Arzneimittelpreisverordnung im Sozialrecht und Sanktionen bei Verstößen verankert werden sollen, ist aus ihrer Sicht eine Verbesserung gegenüber dem Referentenentwurf. Einen Nachbesserungswunsch hat sie aber: Verstößt eine Apotheke gegen die Preisbindung, droht ihr eine Vertragsstrafe von bis zu 250.000 Euro – solange diese nicht vollständig beglichen ist, kann sie von der Versorgung ausgeschlossen werden. Hier sähe die ABDA lieber eine „Muss“- als eine „Kann“-Regelung.

Die Kritik konzentriert sich nun vornehmlich auf die nach wie vor geplante Streichung der Preisbindung für Versender im Arzneimittelgesetz. Denn der einheitliche Apothekenabgabepreis müsse auch gelten, wenn EU-Versender Arzneimittel an Privatversicherte abgeben. „Wir fordern deshalb, auf die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG zu verzichten“, lautet nach wie vor die klare Ansage der ABDA. Die Begründung dieser Forderung nimmt in der Stellungnahme den meisten Raum ein, unterscheidet sich aber nicht von der aus dem Mai.

Die ABDA-Stellungnahmen zum Kabinettsentwurf ­für das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken und zum Verordnungsentwurf zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung finden Sie, wenn Sie bei DAZ.online im Suchfeld den Webcode V5XA4 bzw. D9NU5 eingeben.

Mehr Geld für Dienstleistungen

Auf Zuspruch trifft es, dass mit dem Kabinettsentwurf das Zuwendungsverbot in § 7 des Heilmittelwerbegesetzes ergänzt werden soll. Dieses soll künftig auch Verstöße gegen die preisrechtlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuchs V umfassen – dies sei sachgerecht, weil so auch weiterhin wettbewerbsrechtlich gegen Verstöße vorgegangen werden kann. Dass auch die Streichung der sogenannten Länder­liste aus der Kabinettsvorlage verschwunden ist, ist ebenfalls ganz im Sinne der ABDA.

Die neu formulierten Ausführungen der ABDA zu den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen kommen zu demselben Ergebnis wie schon in der ersten Stellungnahme: Auch wenn die ABDA es begrüßt, dass die Dienstleistungen selbst konkretisiert wurden, müssten die Regelungen zu ihrer Finanzierung und den Geldflüssen nach wie vor präzisiert werden. So müsse etwa klargestellt werden, dass die Apotheken verpflichtet sind, den zusätzlichen Zuschlag hierfür an den Deutschen Apothekerverband abzuführen. Überdies seien die im Gesetzentwurf vorgesehenen 20 Cent pro Rx-Packung zu wenig – 43 Cent fordert die ABDA stattdessen. Zudem hält sie eine morbiditätsorientierte Dynamisierungsregelung für „zwingend notwendig“. Nicht zuletzt müssten die Dienstleistungen von der Umsatzbesteuerung ausgenommen werden.

Abgabeautomaten weiterhin in der Kritik

Nichts mehr auszusetzen hat die ABDA an der Regelung zu Wiederholungsrezepten. Ihre Kritik, dass diese im Referentenentwurf Patienten mit schwerwiegenden chronischen Erkrankungen vorbehalten sein sollten, ist offenbar angekommen. Der Kabinettsentwurf spricht nur noch von der Notwendigkeit einer „kontinuierlichen Versorgung“.

Nicht einverstanden ist die Standesorganisation dagegen mit der neuen Regelung zu automatisierten Ausgabestationen. Sie hatte schon zuvor gefordert, dass diese außerhalb des Versandhandels nicht nur auf bestimmte Fälle beschränkt sein sollten, sondern generell untersagt werden müssten. Es gebe dafür schlicht keinen Bedarf. Und es sollte daran festgehalten werden, dass der persönliche Kontakt ein maßgebliches Kennzeichen der Präsenzversorgung ist. Werde der Anregung nicht gefolgt, sollte man wenigstens dafür sorgen, dass die Beratung nicht regelhaft im Wege der Telekommunikation erbracht werden darf. Zudem kritisiert die ABDA die neu vorgesehene Ausnahmeregelung für den Versand. Dessen Ausgabestationen sollen nach dem jüngsten Entwurf nicht innerhalb der Betriebsräume der Versandapotheke liegen müssen und nicht vom Personal der Versandapotheke bestückt werden müssen. Diese Regelung, so betont die ABDA, sei geeignet, rechtswidrig betriebene Abgabeformen wie in Hüffenhardt sogar zu legitimieren.

Zudem plädiert die ABDA nach wie vor dafür, weitere aus ihrer Sicht unzulässige Formen der Arzneimittelabgabe zu verbieten. Im Blick hat sie dabei Kommissionsmodelle und andere Mischformen wie zum Beispiel die einstige deutsch-holländische Kooperation „Vorteil 24“. Unverändert ist auch ihre Forderung, die Regelungen zum Schutz der freien Wahl der Apotheke so auszugestalten, dass auch Dritte, die keine Apotheker, Ärzte oder Krankenkassen sind, keine Rezeptzuweisungen aus kommerziellen Interessen initiieren und organisieren dürfen.

Was die Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen betrifft, bleibt die ABDA dabei, dass diese nur gestattet werden sollten, wenn sie von den Landesapothekerverbänden vereinbart und damit allen Apotheken in einer Region zugänglich sind. Modellvorhaben, an denen nur einzelne Apotheken oder Apothekengruppen teilnehmen, können der Standesorganisation zufolge keine aussagekräftigen Ergebnisse hervorbringen.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Immer noch nicht einverstanden ist die ABDA (rechts: Präsident Friedemann Schmidt) mit dem Kabinettsentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (links).

In ihrer Stellungnahme zum Verordnungsentwurf hat die ABDA weiterhin viele Anregungen zur Neuregelung des Botendienstes. In diesem Punkt hatte das Bundesgesundheitsministerium nochmals nachgearbeitet – allerdings nicht unbedingt zum Gefallen der ABDA. Aus ihrer Sicht ist zwingend vorzusehen, dass der Bote zum Personal der Apotheke gehören muss. So will man verhindern, dass hier Dritte aus ökonomischen Interessen eingebunden werden. Kein Verständnis hat die ABDA überdies für den Plan, dass die vorherige Beratungspflicht im Fall der Botenzustellung nur für Rx-Arzneimittel gelten soll.

Was die neuen Temperaturanforderungen für den Versand betrifft, so pocht die ABDA darauf, dass effektive Kontrollen – auch ausländischer Versender – sicherzustellen sind.

Notdienstpauschale und Dienstleistungsvergütung

Die Erhöhung des Notdienstzuschlages von 16 auf 21 Cent je Rx-Packung ist aus ABDA-Sicht nach wie vor richtig. Sie verweist darauf, dass die 16 Cent von Anfang an zu niedrig bemessen gewesen seien, um den seinerzeit intendierten Betrag von 120 Millionen Euro jährlich zu erreichen.

Auf die Forderung nach einem noch höheren Zuschlag für den Notdienst verzichtet die ABDA angesichts ihrer Wünsche, deutlich mehr für die pharmazeutischen Dienstleistungen zu bekommen. Zugleich macht sie klar: Kommt ihr der Gesetzgeber bei den Dienstleistungen nicht entgegen, behält sie sich vor, einen höheren Notdienst-Zuschlag einzufordern. Auf uneingeschränkten Zuspruch trifft bei der ABDA die neue Aut-idem-Regelung für Fälle außerhalb der GKV. |

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