- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 35/2019
- Erste ...
Arzneimittel und Therapie
Erste Enzymsubstitutionstherapie bei PKU
Pegvaliase für Patienten mit Phenylketonurie zugelassen
Bei Patienten mit der angeborenen seltenen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie ist der Abbau von Phenylalanin gestört. Erhöhte Konzentrationen dieser essenziellen Aminosäure können neurologische Störungen bis hin zu schweren Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit zur Folge haben. Für Patienten mit Hyperphenylalaninämie war bisher nur Sapropterin (Kuvan®) als medikamentöse Option verfügbar. Auf die synthetische Form des Tetrahydrobiopterin (BH4) – eines Co-Faktors der Phenylalanin-, Tyrosin- und Tryptophan-Hydroxylasen – sprechen jedoch nur zwischen 25 und 50% der Betroffenen an. Patienten, denen so nicht geholfen werden kann, könnten von dem neu zugelassenen Arzneimittel Palynziq® profitieren: Pegvaliase ist bei PKU-Patienten ab 16 Jahren indiziert, bei denen sich die Phenylalanin-Blutkonzentration mit anderen Behandlungsoptionen nicht unter 600 μmol/l senken lässt.
„Normale“ Phenylalanin-Spiegel
Bei Pegvaliase handelt es sich um die Pegylierte, rekombinante Form der Phenylalanin-Ammoniak-Lyase (PAL) aus dem Cyanobakterium Anabaena variabilis, die bei der Herstellung in Escherichia coli exprimiert wird. Durch Verknüpfung mit Polyethylenglykol (PEG) soll die Erkennung des Proteins durch das Immunsystem verringert und die Halbwertszeit verlängert werden. Das Enzym reduziert die Phenylalanin-Konzentration im Blut durch Umwandlung von Phenylalanin zu trans-Zimtsäure und Ammoniak, die hauptsächlich hepatisch eliminiert werden. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Pegvaliase wurden in zwei Phase-III-Studien geprüft. Darin gelang es beispielsweise, nach 24 Monaten Behandlung die durchschnittliche Phenylalanin-Blutkonzentration der Studienteilnehmer von 1232,7 μmol/l auf 311,4 μmol/l zu senken. Eine Phenylalanin-freie Diät war nicht notwendig. Bei etwa der Hälfte der Patienten (51,2%) lagen nach zwei Jahren Behandlung Werte unter 120 μmol/l vor, die denen gesunder Erwachsener entsprechen. Nach 36 Monaten hatten 72% der Patienten den Zielwert, eine Phenylalanin-Blutkonzentration von ≤ 600 μmol/l, erreicht.
Steckbrief PKU
- Erbgang: autosomal-rezessiv
- Auslöser: Mutationen (> 950 bekannt) im Gen für das Enzym Phenylalanin-Hydroxylase (PAH); katalysiert bei Vorhandensein des Co-Faktors Tetrahydrobiopterin (BH4) den Abbau von Phenylalanin (Phe) zu Tyrosin
- Folge: Hyperphenylalaninämie (HPA), Tyrosin-Defizit
- Erkennbarkeit: im Neugeborenenscreening (Guthrie-Test)
- Diät: Verzicht auf natürliches Protein (z. B. Nüsse, Fleisch, Wurst, Fisch, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Käse, Getreide, Kartoffeln, Mais), Tyrosin-Supplementation
Nebenwirkungen durch Prämedikation abschwächen
Die häufigsten unter Pegvaliase beobachteten Nebenwirkungen waren Arthralgie (70,5%), Injektionsstellenreaktionen (62,1%) und Erythem an der Injektionsstelle (47,9%) sowie Kopfschmerz (47,1%). Sie traten in den ersten sechs Monaten häufiger als in späteren Behandlungsphasen auf. Eine Prämedikation, zum Beispiel mit Antihistaminika oder Antipyretika, war mit einer geringeren Rate von Überempfindlichkeitsreaktionen verbunden. |
Literatur
Pressemitteilung „Paradigmenwechsel: Palynziq® eröffnet neue Perspektiven“ der BioMarin Deutschland GmbH, Berlin vom 26. Juli 2019
S2k-Leitlinie „Neugeborenen-Screening auf angeborene Stoffwechselstörungen und Endokrinopathien“, AWMF-Registernummer 024–012, Stand 7. Februar 2019
Kuvan® 100 mg Tabletten zur Herstellung einer Trinklösung. Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels (EPAR). www.ema.europa.eu
Thomas J et al. Pegvaliase for the treatment of phenylketonuria: Results of a long-term phase 3 clinical trial program (PRISM). Mol Genet Metab 2018;124819:27–38
Harding CO et al. Pegvaliase for the treatment of phenylketonuria: A pivotal, double-blind randomized discontinuation Phase 3 clinical trial. Mol Genet Metab 2018;12481):20–26
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.