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Diabetes mellitus

Mit Insulinpumpen den Alltag erleichtern!

Welche Systeme gibt es und für wen sind sie geeignet?

Insulinpumpen können Diabetikern Vorteile bei der Blutzuckereinstellung bringen und sich auch positiv auf die Lebensqualität auswirken. Zudem entfällt das häufige Spritzen. Die Handhabung der Pumpen ist jedoch nicht trivial, eine Schulung der Patienten ist daher notwendig. Aber welche Systeme werden derzeit angeboten, wer kann von einer solchen Therapie profitieren und wann ist eine Erstattung möglich? Dies sind nur einige Fragen, mit denen Sie in Ihrer Apotheke täglich konfrontiert sein können. | Von Stefan Oetzel

Seit über 40 Jahren gibt es bereits Insulinpumpen für die Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus [1, 2]. Während anfangs die Insulinpumpentherapie als Ultima Ratio für Typ-1-Diabetiker galt, die anders nicht eingestellt werden konnten, ist der Einsatz heute bei verschiedenen Indikationen etabliert [3]. Insgesamt soll es in Deutschland mittlerweile mehr als 60.000 Insulinpumpenträger geben, wobei die genaue Zahl nicht bekannt ist [4]. Insbesondere in der Pädiatrie sind Insulinpumpen seit einigen Jahren verbreitet, unter anderem weil sie den Eltern die Möglichkeit bieten, die Therapie einfach zu steuern [3]. Diabetes-Patienten im Alter von unter fünf Jahren verwenden besonders häufig eine Insulinpumpe. Hier betrug der Anteil im Jahr 2017 fast 92%. Bei älteren Jugend­lichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren waren es rund 46% [5]. Die Insulinpumpentherapie ist damit eine wichtige Alternative zur intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) mit Pen oder Spritze geworden.

Kontinuierliche Insulinversorgung mittels Insulinpumpe

Die Therapie mit einer Insulinpumpe entspricht prinzipiell einer intensivierten konventionellen Insulintherapie, das heißt, es wird täglich eine Basalrate an Insulin injiziert, die durch zusätzliche Insulingabe zu den Mahlzeiten (Bolus­therapie) ergänzt wird. Unterschiede bestehen jedoch im Hinblick auf die Applikation und das verwendete Insulin [6]: Während bei einer konventionellen Insulintherapie langwirksames Insulin für die Basistherapie und kurzwirksames Insulin als Bolus gespritzt wird, kommt bei einer Insulinpumpentherapie nur kurzwirksames Insulin bzw. Insulinanalogon zum Einsatz, das zur Basisversorgung über 24 Stunden in kleinen Mengen ins Unterhautfett­gewebe abgegeben wird. Dies geschieht über eine Kanüle, die direkt oder per Katheter mit dem Gerät verbunden ist [6]. Die individuell erforderliche Dosierung der Basalrate wird vom Arzt und Patienten gemeinsam vorher festgelegt und einprogrammiert [6]. Wird eine zusätzliche Insulingabe nach Mahlzeiten bzw. zur Blutzuckerkorrektur benötigt, dann lässt sich diese per Knopfdruck direkt an der Pumpe abgeben, wobei die entsprechende Dosierung des Bolus vorher eingestellt werden kann [6]. Aufgrund ihres Wirk­prinzips wird eine solche mittels Insulinpumpe durchgeführte Therapie auch als kontinuierliche subkutane Insulininfusionstherapie (CSII, Continuous Subcutaneous Insulin Infusion) bezeichnet.

Aufbau und Funktion unterschiedlicher Pumpensysteme

Herkömmliche Insulinpumpen sind Geräte etwa in der Größe einer Zigarettenschachtel, die außen am Körper, z. B. am Gürtel oder in der Hosentasche, getragen werden und das Insulin über einen schlauchförmigen Katheter mittels Kanüle subkutan injizieren. Die Pumpe besteht aus einem kleinen Motor, einer Ampulle mit Insulinreservoir, einem Katheter mit Infusionsset und einem Display mit Bedienknöpfen (Abb. 1) [7]. Eine neuere Entwicklung sind die sogenannten Patch-Pumpen. Diese benötigen keinen Katheter, sondern werden direkt auf die Haut aufgeklebt [8]. Die Regulierung sowie das automatische Einführen der Kanüle unter die Haut erfolgen über eine Fernsteuerung [8], ein Hand­gerät, das auch als „Personal Diabetes Manager“ bezeichnet wird. Patch-Pumpen sind wasserdicht und können so beim Duschen am Körper verbleiben [8]. Eine Unterbrechung der Insulinzufuhr, z. B. beim Sport, ist möglich.

Abb. 1: Aufbau und Funktion einer herkömmlichen Insulinpumpe. 1) Über den Motor wird der Kolben der Insulinampulle nach vorne gedrückt und so Insulin abgegeben. 2) Das Display zeigt Uhrzeit und Insulinabgabe an. 3) Die Ampulle enthält den Insulinvorrat. 4) Die Batterie versorgt die Pumpe mit Energie. 5) Der Adapter verbindet die Insulin­ampulle mit dem Katheter. 6) An der Katheterkupplung kann die Pumpe vorübergehend abgekoppelt werden. 7) Der Katheter besteht aus einem dünnen Schlauch, an dessen Ende eine Kanüle ist, über die das Insulin in den Körper gelangt. 8) Über Bedienungstasten bzw. per Menüsteuerung kann die benötigte Insulindosierung programmiert bzw. bei Bedarf ein Bolus abgerufen werden (nach [7]).

Bei modernen Insulinpumpen lassen sich mehrere Basal­raten und unterschiedliche Bolusformen mit verschiedenen Abgabeverzögerungen auswählen. Mittlerweile werden auch Pumpen angeboten, die mit einem Messgerät gekoppelt werden können, das kontinuierlich die Zuckerkonzentration im Unterhautfettgewebe bestimmt [6]. Diese sogenannten CGM(Continuous Glucose Monitoring)- oder auch rtCGM(real time Continuous Glucose Monitoring)-Systeme liefern rund um die Uhr einen Überblick über die Glucosewerte. Nach Kopplung der Insulinpumpe mit einem solchen rtCGM-System kann diese die Glucosewerte direkt empfangen und die Insulinabgabe bei einem zu niedrigen Wert für eine bestimmte Zeit stoppen, wenn der Patient entsprechende Warnsignale nicht beachtet hat. Diese Funktion erhöht die Therapiesicherheit z. B. in der Nacht, wenn der Patient tief schläft und daher unbemerkt in eine Hypoglykämie rutschen könnte. Man spricht bei dieser Form der Behandlung auch von einer Sensor-unterstützten Pumpentherapie (SuP) [6]. Einen Überblick über die derzeit angebotenen Insulinpumpen gibt Tabelle 1; gängige rtCGM-Systeme sind in Tabelle 2 dargestellt [9].

Eine Weiterentwicklung der Sensor-unterstützten Pumpentherapie ist die sogenannte künstliche Bauchspeicheldrüse, ein System mit einem geschlossenen Regelkreis (Closed-Loop-System), an dessen Marktreife in Europa derzeit gearbeitet wird. In den USA wurde ein solches System bereits im Jahr 2016 zugelassen und ist seit dem Jahr 2017 auf dem Markt [12]. Bei einer künstlichen Bauchspeicheldrüse wird die Glucosekonzentration ebenfalls kontinuierlich gemessen. Die Werte werden per Funkwellen in Echtzeit an einen in die Pumpe integrierten miniaturisierten Computer oder an einen externen Computer bzw. ein Smartphone mit entsprechender App gesendet (Abb. 2). Der Computer wertet die Daten nach einem Algorithmus aus und steuert auf dieser Basis dann die notwendige Insulinabgabe über die Pumpe. Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Diabetiker von einer solchen Therapie profitieren können [10, 11].

Abb. 2: Aufbau und Wirkprinzip der künstlichen Bauchspeicheldrüse [26]

Vor- und Nachteile einer Insulinpumpentherapie

Für den Patienten kann der Einsatz einer Insulinpumpe mit einigen Vorteilen im Vergleich zu einer intensivierten konventionellen Insulintherapie verbunden sein [6]:

  • Die Versorgung mit Insulin lässt sich präzise, rasch und flexibel an den tatsächlichen Bedarf anpassen. So können z. B. für die Nacht, in der normalerweise nur geringe Mengen an Insulin benötigt werden, entsprechende Insulindosen programmiert und eine Unterzuckerung verhindert werden. Hohe Blutzuckerspitzen am Morgen (Dawn-Phänomen) lassen sich durch passende Programmierung ebenfalls vermeiden, ohne deswegen den Schlaf zu unterbrechen. Vor Bewegung bzw. sportlicher Betätigung, während der der Blutzucker oft stark sinkt, kann die Basisversorgung kurzfristig reduziert und so einer Hypoglykämie vorgebeugt werden.
  • Bei einer Insulinpumpentherapie ist es auch einfacher, auf stark fett- oder eiweißhaltige Mahlzeiten durch Abgabe eines verzögerten Bolus zu reagieren, als dies bei einer Spritzentherapie möglich ist.
  • Patienten mit einem unregelmäßigen Tagesablauf, z. B. bei Berufen mit Reisetätigkeit oder Schichtarbeit, können ebenfalls von einer Pumpentherapie profitieren, da das Insulin nicht mehr nach einem festen Spritzrhythmus gegeben werden muss.
  • Zudem entfällt bei der Insulinpumpentherapie das unter Umständen mehrmals tägliche Spritzen mit dem Pen, was zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen kann.

Allerdings sind bei einer kontinuierlichen subkutanen Insulin-Infusionstherapie auch einige Punkte zu beachten. So müssen Pumpe und Katheter über 24 Stunden täglich am bzw. im Körper getragen werden. Sie können nur kurzzeitig abgekoppelt werden, wenn sie bei bestimmten Aktivitäten wie beim Baden stören. Die Kanüle wird in der Regel alle zwei bis drei Tage gewechselt. Durch die lange Verweildauer der Injektionsnadel und des Befestigungspflasters in der bzw. auf der Haut kann es zu Hautirritationen, Infektionen oder allergischen Reaktionen kommen. Und die Therapie mit Insulinpumpen ist kostenintensiv. Patienten, die bei ihrer Krankenversicherung einen entsprechenden Antrag stellen, müssen sich daher unter Umständen auch auf ein langes und aufwendiges Verfahren einstellen [7].

SCIPI-Studie: Insulinpumpe und mehrfach tägliche Injektionen im Vergleich

Im Rahmen der SCIPI-Studie wurden Wirksamkeit, Sicherheit sowie die Kosten einer Insulinpumpentherapie und einer mehrfach täglichen Insulin-Injektion miteinander verglichen. An der kontrollierten Open-Label-Studie nahmen insgesamt 293 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sieben Monaten und 15 Jahren aus 15 pädiatrischen Einrichtungen des Nationalen Gesundheitsdienstes in England und Wales teil, bei denen kurz zuvor ein Diabetes mellitus vom Typ 1 diagnostiziert worden war. Nach Randomisierung im Verhältnis 1 : 1 erhielten diese Patienten entweder per Insulinpumpe kontinuierlich kurzwirksames Insulin (CSII-Gruppe) oder stattdessen eine konventionelle Insulintherapie mit einer einmal täglichen Injektion eines langwirk­samen Insulinanalogons (Basalrate) plus mehrfach tägliche Injektionen eines kurzwirksamen Insulins als Bolus vor den Mahlzeiten und bei Bedarf auch danach (Multiple Daily Injection, MDI-Gruppe) [14, 15]. Dabei wurden die Dosierungen an das Alter und Gewicht des jeweiligen Patienten an­gepasst. Die Auswertung der Daten nach zwölf Monaten brachte folgende Ergebnisse [14]:

  • Der mittlere HbA1c-Wert war in beiden Gruppen ähnlich (CSII- vs. MDI-Gruppe: 60,9 mmol/mol vs. 58,5 mmol/mol; p = 0,09). Ein HbA1c-Wert < 58 mmol/mol wurde in der CSII-Gruppe von 46,2% und in der MDI-Gruppe von 54,9% der Patienten erreicht.
  • Schwere Hypoglykämien und diabetische Ketoazidosen traten in beiden Gruppen nur selten auf (CSII-Gruppe: 4,2% bzw. 1,4%; MDI-Gruppe: 1,3% bzw. 0%). Bei Behandlung mit der Insulinpumpe kam es in 14 Fällen, bei mehrfach täglichen Injektionen nur in acht Fällen zu schwerwiegenden Nebenwirkungen.
  • Die Eltern gaben an, dass die Lebensqualität der Patienten aus der CSII-Gruppe besser war als aus der MDI-Gruppe (mittlerer Unterschied im PedsQL-Score [PedsQL: Paediatric Quality of Life inventory]: 4,1 Punkte). Was die von den Kindern und Jugendlichen selbst berichtete Lebensqualität betrifft, war die Insulinpumpe den täglichen Injektionen von der Tendenz her ebenfalls überlegen, wobei der Unterschied von 3,1 Punkten aber nicht signifikant war.
  • Die Berechnung der Gesamtkosten ergab, dass die Behandlung mit der Insulinpumpe im ersten Jahr um durchschnittlich 2179 Euro (5151 Euro vs. 2972 Euro) teurer war als die Insulintherapie mit mehrfach täglichen Injektionen. Dabei wurden sowohl die direkten Kosten für Gerät, Verbrauchsmaterialien und Insulin als auch die indirekten Ausgaben für ambulante und stationäre Aufenthalte, Visiten, Kontakte zu medizinischem Fachpersonal, Hausarztbesuche, Haus- und Schulbesuche sowie Begleit­behandlungen berücksichtigt.

Bei Kindern und Jugendlichen, die in den ersten zwölf Monaten nach der Diagnose Diabetes mellitus vom Typ 1 mittels Insulinpumpe oder einer mehrfach täglichen Insulininjektion behandelt wurden, bestand demnach zwischen beiden Therapieformen kein relevanter Unterschied in der klinischen Wirksamkeit. Was die Lebensqualität der Patienten betrifft, hatte die Insulinpumpe zumindest nach Meinung der Eltern Vorteile gegenüber der Mehrfachinjektion. Dafür war die CSII durchschnittlich um fast 2200 Euro teurer als die konventionelle Insulintherapie [14].

Kohortenstudie zeigt klinische Wirksamkeit der CSII

In der SCIPI-Studie konnte zwar ein Vorteil der Insulinpumpentherapie hinsichtlich der Lebensqualität, nicht aber der klinischen Wirksamkeit nachgewiesen werden. Die Ergebnisse einer Untersuchung von Karges et al. zeigen hingegen, dass Diabetiker von einer kontinuierlichen subkutanen Insulin-Infusionstherapie auch durch eine verbesserte glykämische Kontrolle und ein geringeres Risiko für eine Stoffwechselentgleisung profitieren können. In die Kohortenstudie wurden junge Typ-1-Diabetiker im Alter von unter 20 Jahren einbezogen, die von Januar 2011 bis Dezember 2015 in 446 Diabeteszentren aus Deutschland, Österreich und Luxemburg erfasst worden waren. Dabei verglichen die Autoren der Studie die Daten von 9814 Patienten, die eine Insulinpumpe getragen hatten, mit denen von ebenfalls 9814 Patienten, die per Injektionstherapie behandelt worden waren [16]:

  • In der Gruppe mit Insulinpumpe war die Häufigkeit schwerer Hypoglykämien signifikant niedriger (9,55 vs. 13,97 pro 100 Patienten und Jahr; p < 0,001). Gleiches galt für die Häufigkeit von Unterzuckerungen mit Bewusst­losigkeit (2,30 vs. 2,96 pro 100 Patienten und Jahr, p = 0,02).
  • Die Rate an Ketoazidosen lag bei den Patienten unter der Pumpentherapie ebenfalls deutlich niedriger als bei denjenigen, die mit einer Injektionstherapie behandelt worden waren (3,64 vs. 4,26 pro 100 Patienten und Jahr; p = 0,04).
  • Auch der mittlere HbA1c-Wert war bei den Patienten mit Insulinpumpe signifikant niedriger als bei den Diabetikern, die stattdessen Insulin-Injektionen erhalten hatten (8,04% vs. 8,22%; p < 0,001).
  • Die Pumpenpatienten benötigten zudem weniger Insulin pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (0,84 vs. 0,98 Einheiten; p < 0,001), während sich der Body-Mass-Index zwischen beiden Gruppen nicht unterschied.

Die Studiendaten zeigen, dass das Risiko für akute Komplikationen wie schwere Unterzuckerung oder diabetische Ketoazidose bei jungen Typ-1-Diabetikern, die eine Insulinpumpe verwenden, deutlich geringer ist als bei denjenigen, die eine Spritzentherapie erhalten. Auch die Kontrolle des Zuckerstoffwechsels kann durch eine kontinuierliche subkutane Insulin-Infusionstherapie verbessert werden. Dies wiederum deutet darauf hin, dass sich mit der Pumpentherapie bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes klinische Verbesserungen im Vergleich zur Injektionstherapie erreichen lassen, schlossen die Autoren der Studie [16].

Schulung für Pumpenträger: evaluiertes INPUT-Programm

Die sichere Handhabung der Insulinpumpen setzt eine intensive Schulung der betroffenen Patienten voraus [17]. Dies wird z. B. durch INPUT umgesetzt, ein seit 2018 angebotenes evaluiertes Schulungs- und Behandlungsprogramm für Menschen mit Insulinpumpentherapie. Das vom Forschungsinstitut der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM) mit Unterstützung der Berlin-Chemie AG entwickelte Programm umfasst zwölf Kurseinheiten von je 90 Minuten, in denen Patienten den Umgang mit der Insulinpumpe richtig lernen [18]. Ziel dabei ist es, dass die Teilnehmer erfahren, wie sie das Potenzial ihrer Insulinpumpe effektiver ausschöpfen und dadurch eine bessere Stoffwechseleinstellung erreichen können. Im Rahmen der Seminare werden die Fragen der Teilnehmer individuell behandelt, so dass diese trainieren, ihre im Alltag auftretenden Probleme selbstständig zu lösen. Beispiele hierfür sind Fragestellungen wie „Welche Bolusvarianten gibt es, wie und wann nutze ich sie?“, „Wie verhalte ich mich bei kurz- oder längerfristigem Ablegen der Pumpe?“ oder „Wie kann ich meine Nüchternwerte bzw. meine Basalrate optimieren?“ [18]. Die Wirksamkeit des INPUT-Programms konnte im Rahmen einer Studie an insgesamt 268 Trägern einer Insulinpumpe bestätigt werden. Zu Beginn der Untersuchung wurde jeweils die Hälfte der Patienten nach dem Zufallsprinzip einer Schulungsgruppe oder einer Kontrollgruppe zugeordnet [19]. In der INPUT-Gruppe verbesserte sich innerhalb von sechs Monaten der HbA1c-Wert signifikant von durchschnittlich 8,33% auf 8,04% (p < 0,0001), während er in der Kontrollgruppe fast unver­ändert blieb (8,33% vs. 8,27%; p = 0,11) [19]. Zudem kam es in der Kontrollgruppe 3,55-mal häufiger zu schweren Hypoglyk­ämien als in der INPUT-Gruppe (p = 0,0041) [19].

Neben INPUT gibt es noch weitere Schulungsprogramme, die durch die Herstellerfirmen bereitgestellt werden und sich auf die herstellerspezifischen Insulinpumpen beziehen [20].

Abb. 3: Schema für den Ablauf bei der Beantragung einer Insulinpumpe (CSII) [25]

Für wen kommen Insulinpumpen infrage, wann werden sie erstattet?

Der Einsatz einer Insulinpumpe kann für Menschen mit Typ-1-Diabetes sinnvoll sein, bei denen sich durch eine konventionelle Insulintherapie keine stabilen Blutzuckerwerte erreichen lassen. Eine unzureichende glykämische Kontrolle liegt z. B. beim sogenannten Dawn-Phänomen vor [21]. Hier zeigen die betroffenen Patienten infolge nächtlicher Hormonausschüttung von Somatotropin bzw. Cortisol und der dadurch verstärkten Freisetzung von Zuckerreserven aus der Leber einen deutlich erhöhten Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden. Auch Typ-1-Diabetiker mit häufigen Unterzuckerungen (Hypoglykämien) können ebenso von einer Insulinpumpentherapie profitieren wie Betroffene mit einem unregelmäßigen Tagesrhythmus (z. B. bei Schichtarbeit) oder Patientinnen bei geplanter oder beginnender Schwangerschaft. Bei Typ-2-Diabetikern kann ebenfalls eine Insulin­pumpe zum Einsatz kommen, wenn durch andere Therapieformen keine ausreichende Wirkung erzielt werden konnte [22].

Auf dieser Basis übernehmen auch die gesetzlichen Krankkassen in bestimmten Fällen die Kosten für eine Insulinpumpentherapie. Voraussetzung dafür ist, dass ein insulinpflichtiger Diabetes, insbesondere vom Typ 1, diagnostiziert ist und zusätzlich weitere Indikationen vorliegen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn [23]:

  • die individuell erforderliche Stoffwechselkontrolle durch eine intensivierte konventionelle Insulintherapie belegbar nicht erzielt werden kann und weitere Anpassungen der konventionellen Insulintherapie nachvollziehbar nicht zum Erfolg führen;
  • eine intensivierte konventionelle Insulintherapie ‒ insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern ‒ nicht möglich ist, weil sie z. B. bei sehr geringer Basalrate nicht ausreichend gesteuert werden kann;
  • die Stoffwechselkontrolle mit konventioneller Insulin-Applikation nicht eingestellt werden kann, da der Patient einen sehr unregelmäßigen Lebensrhythmus hat, wie dies z. B. bei einem durch Schichtarbeit bedingten, häufig wechselnden Tag-/Nachtrhythmus der Fall sein kann;
  • eine konventionelle Insulintherapie nicht möglich ist, weil der basale Insulinbedarf extrem gering ist, oder wenn hiermit belegbar nicht die individuell erforderliche Stoffwechselkontrolle erzielt werden kann und weitere Anpassungen der konventionellen Insulintherapie nicht zum Erfolg führen. Dies kann z. B. der Fall sein bei ausgeprägtem Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden (Dawn-Phänomen), bei schweren/nächtlichen Hypoglykämien, bei einem HbA1C-Wert außerhalb des Zielbereichs und/oder bei starken Fluktuationen der Blutzuckerwerte.
  • Diabetikerinnen einen aktuellem Kinderwunsch haben oder bereits schwanger sind, insbesondere bei schwierig einzustellendem Stoffwechsel. Hier kann der Pumpen­einsatz auch auf die Zeit der Schwangerschaft begrenzt werden.
  • Im Einzelfall kann eine Pumpentherapie auch in anderen Fällen angebracht sein, z. B. bei Diabetikerinnen oder Diabetikern mit ausgeprägten Spätkomplikationen, die eine normoglykämische Blutzuckereinstellung erfordern.
  • Die Insulinpumpentherapie kann für Typ-1- aber auch für Typ-2-Diabetiker eine gute Alternative zur intensivierten konventionellen Insulin­therapie darstellen.
  • Eine Insulinpumpe gibt zur Basisversorgung kontinuierlich kurzwirksames Insulin in geringer Menge ins Unterhautfettgewebe ab. Ist eine Bolusabgabe erforderlich, erfolgt diese manuell per Knopfdruck.
  • Patch-Pumpen werden ohne Katheter direkt auf die Haut aufgeklebt.
  • Weitere Entwicklungen sind Insulinpumpen, die mit einem kontinuierlichen Glucose-Monitoringsystem verbunden sind.
  • Insulinpumpen ermöglichen eine schnelle, genaue und flexible Anpassung der Insulin­versorgung an den tatsächlichen Bedarf.
  • Beachtet werden müssen aber eventuelle Einschränkungen durch das ganztägige Tragen des Geräts, mögliche Hautreaktionen durch die Kanüle und ein erhöhtes Ketoazidoserisiko.
  • Die Lebensqualität von Kindern und jugend­lichen Typ-1-Diabetikern lassen sich durch eine Insulinpumpentherapie verbessern. Allerdings sind die Kosten der CSII deutlich höher.
  • Patienten, die eine Insulinpumpe tragen, benötigen eine intensive Schulung. Mit INPUT wird hier seit 2018 ein evaluiertes Schulungs­programm angeboten.

Die Krankenkasse kann nach § 275 des SGB V die medizinische Notwendigkeit bei Verordnung einer Insulinpumpe durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) überprüfen lassen [24]. Dazu fordert der MDK möglicherweise eine Stellungnahme vom zuständigen Diabetologen/in sowie weitere Unterlagen an wie z. B. Dokumentationen der Blutzuckerwerte in den letzten Monaten (Blut­zuckertagebuch) [25]. Abbildung 3 zeigt ein Schema, in dem die einheitlichen, standardisierten Abläufe dargestellt sind, nach denen laut den Angaben des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eine Insulinpumpentherapie beantragt und gegebenenfalls genehmigt werden sollte [25]. |

Literatur

 [1] Kitabchi AE, Fisher JN, Burghen GA, Gaylord MS, Blank NM. Evaluation of a portable insulin infusion pump for outpatient management of brittle diabetes. Diabetes Care 1979;2:421-424

 [2] Pickup JC, Keen H, Parsons JA, Alberti KG. Continuous subcutaneous insulin infusion: an approach to achieving normoglycaemia. Br Med J 1978;1:204-207

 [3] Thomas A. Neues auf dem Insulinpumpenmarkt – Aktueller Stand von Insulinpumpen für die Behandlung des Diabetes. Kompendium Diabetes 2011:42-47

 [4] Insulinpumpen zum Aufkleben: Es geht voran. Informationen der Diabetes News Media AG. www.diabetes-news.de/nachrichten/insulinpumpen-zum-aufkleben-es-geht-voran, Abruf am 18. Juni 2019

 [5] Deutscher Gesundheitsbericht: Diabetes 2019, Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Deutsche Diabetes-Hilfe, www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Stellungnahmen/Gesundheitspolitik/20181114gesundheitsbericht_2019.pdf, Abruf am 29. April 2019

 [6] Therapie mit Insulinpumpe. Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD). www.dzd-ev.de/diabetes/therapie-typ-1-diabetes/therapie-mit-insulinpumpe/index.html, Abruf am 31. Mai 2019

 [7] Mehr Lebensqualität mit Insulinpumpe. Diabetes Ratgeber, www.diabetes-ratgeber.net/insulinpumpe, Wort & Bild Verlag Konradshöhe GmbH & Co KG, Abruf am 31. Mai 2019

 [8] Patch-Pumpe. Diabetes Ratgeber. www.diabetes-ratgeber.net/Insulin/Patch-Pumpe-114379.html, Abruf am 11. Juni 2019

 [9] Diabetiker.Info – das Info-Portal für Diabetiker. Insulinpumpen und CGM-Systeme in der Übersicht www.diabetiker.info/tabellen-insulinpumpe-cgm/, Abruf am 03. Juni 2019

[10] Diabetes-Informationsdienst des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ). „Künstliche Bauchspeicheldrüse“ bei Typ-2-Diabetes getestet diabetesinformationsdienst.de/kuenstliche-bauchspeicheldruese-bei-typ-2-diabetes-getestet/, Abruf am 12. Juni 2019

[11] „Künstliche Bauchspeicheldrüse“ verbessert Blutzuckerkontrolle im Alltag. Diabetes-Informationsdienst des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), www.diabetesinformationsdienst.de/kuenstliche-bauchspeicheldruese-verbessert-blutzuckerkontrolle-im-alltag/, Abruf am 12. Juni 2019

[12] Weltweit erstes Hybrid-Closed-Loop-System ist auf dem Markt. Diabetes-online, Verlag Kirchheim + Co GmbH, www.diabetes-online.de/a/usa-weltweit-erstes-hybrid-closed-loop-system-ist-auf-dem-markt-1815533, Abruf am 19. Juni 2019

[13] Diabetesberatung: Ketoazidose und Insulinpumpe. Informationen des Kantonsspital Aarau, www.ksa.ch/sites/default/files/cms/edm/pocketguide/appendix/13_ketoazidose_und_insulinpumpe.pdf

[14] Blair JC, McKay A, Ridyard C, Thornborough K, Bedson E, Peak M, Didi M, Annan F, Gregory JW, Hughes DA, Gamble C. Continuous subcutaneous insulin infusion versus multiple daily injection regimens in children and young people at diagnosis of type 1 diabetes: pragmatic randomised controlled trial and economic evaluation. BMJ 2019;365:l1226

[15] Blair J, Gregory JW, Hughes D, Ridyard CH, Gamble C, McKay A, Didi M, Thornborough K, Bedson E, Awoyale L, Cwiklinski E, Peak M. Study protocol for a randomised controlled trial of insulin delivery by continuous subcutaneous infusion compared to multiple daily injections. Trials 2015;16

[16] Karges B, Schwandt A, Heidtmann B, Kordonouri O, Binder E, Schierloh U, Boettcher C, Kapellen T, Rosenbauer J, Holl RW. Association of Insulin Pump Therapy vs Insulin Injection Therapy With Severe Hypoglycemia, Ketoacidosis, and Glycemic Control Among Children, Adolescents, and Young Adults With Type 1 Diabetes. JAMA 2017;318:1358-1366

[17] Immel-Sehr A. Beratung aktiv – Selbstmedikation: Medizinisch-pharmazeutischer Leitfaden für die Kundenberatung in der Apotheke, vollständig überarbeitete Auflage 2018. Eschborn: Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH; 2018

[18] Diabetiker.Info – das Info-Portal für Diabetiker. INPUT: erstes Schulungsprogramm für Insulinpumpenträger www.diabetiker.info/input-insulinpumpenschulungsprogramm/, Abruf am 11. Juni 2019

[19] Ehrmann D, Kulzer B, Schipfer M, Lippmann-Grob B, Haak T, Hermanns N. Efficacy of an Education Program for People With Diabetes and Insulin Pump Treatment (INPUT): Results From a Randomized Controlled Trial. Diabetes Care 2018;41:2453-2462

[20] Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Technologie, der Deutschen Diabetes Gesellschaft e. V. Insulinpumpe: ein Schritt zur phyisologischen Insulinzufuhr www.diabetes-technologie.de/technologien/insulingabe/insulinpumpe/, Abruf am 13. Juni 2019

[21] Therapie des Typ-1-Diabetes. S3-Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), 2. Auflage 2018, AWMF-Registernummer: 057-013, www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Leitlinien/Evidenzbasierte_Leitlinien/2018/S3-LL-Therapie-Typ-1-Diabetes-Auflage-2-Langfassung-09042018.pdf

[22] Einsatz von Insulinpumpen zur Diabetesbehandlung. Informationen des Diabetes-Informationsdienstes des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), www.diabetesinformationsdienst.de/einsatz-von-insulinpumpen-zur-diabetesbehandlung/, Abruf am 12. Juni 2019

[23] Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes. GKV-Spitzenverband, www.hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home.action, Abruf am 13. Mai 2019

[24] Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) § 275 Begutachtung und Beratung. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__275.html, Abruf am 15. Mai 2019

[25] Beantragung einer Insulinpumpe. Informationen der Medtronic GmbH, www.medtronic.com/de-de/diabetes/home/service/beantragung-einer-insulinpumpe/beantragung-insulinpumpe.html, Abruf am 13. Juni 2019

[26] Typ-2-Diabetes: Künstliches Pankreas verbessert Blutzucker in der Klinik. Deutsches Ärzteblatt, www.aerzteblatt.de/nachrichten/96069/Typ-2-Diabetes-Kuenstliches-Pankreas-verbessert-Blutzucker-in-der-Klinik, Abruf am 12. Juni 2019

Autor

Diplom-Biologe Stefan Oetzel hat an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken sowie an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen studiert. Im Anschluss absolvierte er eine Weiterbildung zum Fachzeitschriftenredakteur beim Ernst Klett Verlag in Stuttgart. Seit 1998 arbeitet er als freiberuflicher Medizinjournalist.

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