Arzneimittel und Therapie

Wo Ginkgo drauf steht ...

... ist bei Nahrungsergänzungsmitteln oft alles andere als Arzneibuch-Qualität drin

Phytopharmaka aus den Blättern von Ginkgo biloba spielen auf dem deutschen Arzneimittelmarkt seit Jahren eine bedeutende Rolle. Der darin enthaltene Spezialextrakt wird aufwendig hergestellt und ist dementsprechend teuer. Daher sucht manch einer nach günstigen Alternativen. Und tatsächlich, eine Vielzahl von Anbietern vertreibt Nahrungsergänzungsmittel, die Ginkgo-Extrakt oder Ginkgo-Pulver enthalten sollen. Die Qualität dieser Produkte scheint allerdings nicht immer dem zu entsprechen, was sich der Käufer verspricht.

Schon 2010 untersuchte das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V. (ZL) verschiedene Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Ginkgo und stellte fest, dass häufig einfache Primärextrakte enthalten waren, die durch Zugabe von Flavonoiden aus verschiedenen Quellen so manipuliert wurden, dass der Flavonoid-Gehalt in etwa dem des Spezialextraktes nahekam. Leider scheint sich an dieser Situation in der Zwischenzeit wenig geändert zu haben. In einer kürzlich publizierten slovakischen Untersuchung wurde erneut der Frage nachgegangen, wie es um die Qualität von Ginkgo-biloba-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln bestellt ist. Im Fokus der Arbeit standen die beiden wesentlichen wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffgruppen der Ginkgo-Blätter: die Flavonoidglykoside und die Terpenlaktone (Ginkgolide, Bilobalide). Die Quantifizierung erfolgte mittels spezifischer HPLC/UV- bzw. LC/MS-Verfahren, so dass sowohl die Bestimmung des Gesamtgehaltes als auch die Quantifizierung einzelner Substanzen möglich war. Untersucht wurden elf in Europa erhältliche Nahrungsergänzungsmittel unterschiedlicher Anbieter, zu Vergleichszwecken wurde ein in der Slovakei erhältliches Phyto­pharmakon (Tebokan®, Dr. Wilmar Schwabe) mit einem arzneibuch­konformen Extrakt verwendet. Der Gehalt an Gesamt­flavonoiden lag in den einzelnen NEM-Proben zwischen 0,2 und 40%, während für das Phytopharmakon ein Gehalt von 29% ermittelt wurde. Die Analyse der Terpen­laktone ergab Gehalte zwischen 0 und 30% (Phytopharmakon: 11%).

Foto: Xuejun li – stock.adobe.com

Zu geringe Mengen, preiswerte Zusätze, falsche Droge

Eine detaillierte Betrachtung der Ergebnisse auch unter Berücksichtigung der enthaltenen Mengen charakteristischer Einzelverbindungen zeigte ein differenziertes Bild: Neben Proben, die eindeutig qualitativ hochwertige und praktisch arzneibuchkonforme Ex­trakte enthielten, gab es Präparate, in denen nahezu keine aktiven Verbin­dungen nachweisbar waren. Andere Prä­parate enthielten zwar vermutlich Ginkgo-Extrakt, allerdings deutlich weniger als die deklarierte Menge. In mehreren Proben fanden sich ungewöhnlich hohe Konzentrationen an Flavonoid-Aglyka, was von den Autoren dahingehend interpretiert wurde, dass preiswerte und leicht zugängliche Aglyka wie Quercetin zugesetzt wurden, um den Flavonoid-Gehalt künstlich zu erhöhen. Eine Probe enthielt statt des deklarierten Extraktes pulverisierte Ginkgo-Blätter, eine weitere, die Ginkgo-Blätter enthalten sollte, bestand nach mikroskopischer Analyse aus einem anderen Drogenpulver, und somit waren auch keine der zu erwartenden aktiven Verbindungen nachweisbar.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Qualität von Nahrungsergänzungsmitteln mit Ginkgo-Extrakten weiterhin uneinheitlich ist und die Anwendung für den Verbraucher einem Glücksspiel gleicht. Auch wenn derartige NEM natürlich nicht für eine medizinische Verwendung gedacht sind und keinesfalls als preiswerter Ersatz für zugelassene Phytophar­maka angesehen werden können, so sollte man doch immerhin erwarten können, dass der Inhalt mit der Deklaration übereinstimmt. Leider scheint aber auch das nicht für alle Anbieter selbstverständlich zu sein. |

Quelle

Czigle S et al. Ginkgo biloba Food Supplements on the European Market – Adulteration Patterns Revealed by Quality Control of Selected Samples. Planta Med 2018; 84(6-07):475-482

Priv.-Doz. Dr. Kristina Jenett-Siems, Apothekerin

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