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- DAZ 3/2019
- Wo Ginkgo drauf steht
Arzneimittel und Therapie
Wo Ginkgo drauf steht ...
... ist bei Nahrungsergänzungsmitteln oft alles andere als Arzneibuch-Qualität drin
Schon 2010 untersuchte das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V. (ZL) verschiedene Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Ginkgo und stellte fest, dass häufig einfache Primärextrakte enthalten waren, die durch Zugabe von Flavonoiden aus verschiedenen Quellen so manipuliert wurden, dass der Flavonoid-Gehalt in etwa dem des Spezialextraktes nahekam. Leider scheint sich an dieser Situation in der Zwischenzeit wenig geändert zu haben. In einer kürzlich publizierten slovakischen Untersuchung wurde erneut der Frage nachgegangen, wie es um die Qualität von Ginkgo-biloba-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln bestellt ist. Im Fokus der Arbeit standen die beiden wesentlichen wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffgruppen der Ginkgo-Blätter: die Flavonoidglykoside und die Terpenlaktone (Ginkgolide, Bilobalide). Die Quantifizierung erfolgte mittels spezifischer HPLC/UV- bzw. LC/MS-Verfahren, so dass sowohl die Bestimmung des Gesamtgehaltes als auch die Quantifizierung einzelner Substanzen möglich war. Untersucht wurden elf in Europa erhältliche Nahrungsergänzungsmittel unterschiedlicher Anbieter, zu Vergleichszwecken wurde ein in der Slovakei erhältliches Phytopharmakon (Tebokan®, Dr. Wilmar Schwabe) mit einem arzneibuchkonformen Extrakt verwendet. Der Gehalt an Gesamtflavonoiden lag in den einzelnen NEM-Proben zwischen 0,2 und 40%, während für das Phytopharmakon ein Gehalt von 29% ermittelt wurde. Die Analyse der Terpenlaktone ergab Gehalte zwischen 0 und 30% (Phytopharmakon: 11%).
Zu geringe Mengen, preiswerte Zusätze, falsche Droge
Eine detaillierte Betrachtung der Ergebnisse auch unter Berücksichtigung der enthaltenen Mengen charakteristischer Einzelverbindungen zeigte ein differenziertes Bild: Neben Proben, die eindeutig qualitativ hochwertige und praktisch arzneibuchkonforme Extrakte enthielten, gab es Präparate, in denen nahezu keine aktiven Verbindungen nachweisbar waren. Andere Präparate enthielten zwar vermutlich Ginkgo-Extrakt, allerdings deutlich weniger als die deklarierte Menge. In mehreren Proben fanden sich ungewöhnlich hohe Konzentrationen an Flavonoid-Aglyka, was von den Autoren dahingehend interpretiert wurde, dass preiswerte und leicht zugängliche Aglyka wie Quercetin zugesetzt wurden, um den Flavonoid-Gehalt künstlich zu erhöhen. Eine Probe enthielt statt des deklarierten Extraktes pulverisierte Ginkgo-Blätter, eine weitere, die Ginkgo-Blätter enthalten sollte, bestand nach mikroskopischer Analyse aus einem anderen Drogenpulver, und somit waren auch keine der zu erwartenden aktiven Verbindungen nachweisbar.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Qualität von Nahrungsergänzungsmitteln mit Ginkgo-Extrakten weiterhin uneinheitlich ist und die Anwendung für den Verbraucher einem Glücksspiel gleicht. Auch wenn derartige NEM natürlich nicht für eine medizinische Verwendung gedacht sind und keinesfalls als preiswerter Ersatz für zugelassene Phytopharmaka angesehen werden können, so sollte man doch immerhin erwarten können, dass der Inhalt mit der Deklaration übereinstimmt. Leider scheint aber auch das nicht für alle Anbieter selbstverständlich zu sein. |
Quelle
Czigle S et al. Ginkgo biloba Food Supplements on the European Market – Adulteration Patterns Revealed by Quality Control of Selected Samples. Planta Med 2018; 84(6-07):475-482
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