Arzneimittel und Therapie

Weg damit!

Apotheker können Deprescribing unterstützen

Sehr häufig werden bei geriatrischen Patienten Arzneimittel verordnet, die im höheren Alter ungeeignet sind. Das Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen bis hin zu Hospitalisierungen wird dadurch erhöht. Dass Apotheker einen wichtigen Beitrag leisten können, wenn es darum geht, potenziell gefährliche Arzneimittel abzusetzen, zeigt eine Studie aus Kanada.

Aktuelle Zahlen aus den USA und Kanada belegen, dass rund 30% der Senioren über 65 Jahren mindestens ein Medikament einnehmen, das für ihr Alter ungeeignet ist. Solche problematischen Arzneimittel sind in der „American Geriatrics Society Beers Criteria list of drugs to avoid in older adults”, kurz Beers-Liste, definiert. Hier werden Arzneistoffe aufgeführt, die bei älteren Personen zu Neben­wirkungen, Stürzen, kognitiver Beeinträchtigung und Hospitalisierungen führen. Beim Deprescribing werden solche Medikationen gezielt gestoppt oder reduziert.

In einer Studie aus Kanada wurde nun untersucht, wie sich eine durch Apotheker geleitete Intervention im Vergleich zur herkömmlichen pharmazeutischen Betreuung auf das Deprescribing auswirkt. An der randomisierten D-PRESCRIBE-Studie (Developing Pharmacist-Led Research to Educate and Sensitize Community Residents to the Inappopriate Prescriptions Burden in the Elderly) nahmen 69 öffentliche Apotheken in Quebec und deren Patienten teil. Eingeschlossen wurden Personen über 65 Jahre, die ein Arzneimittel aus vier definierten Arzneistoffklassen der Beers-Liste einnahmen (sedierende Hypnotika, Antihistami­nika der ersten Generation, Glibenclamid, nichtsteroidale Antiphlogistika). 248 Patienten wurden randomisiert der Interventionsgruppe zugeteilt, 241 der Kontrollgruppe. Die Apotheker in der Interventionsgruppe sollten ihren Patienten eine Aufklärungs-Broschüre zum Deprescribing senden sowie dem behandelnden Arzt im Sinne einer evidenzbasierten pharmazeutischen Expertise ein Deprescribing empfehlen. Die Apotheker in der Kontrollgruppe blieben bei der üblichen pharmazeutischen Betreuung.

Ungeeignete Medikation abgesetzt

Nach sechs Monaten wurde die Anzahl der Deprescribing-Fälle verglichen: Bei 43% der Patienten in der Interventionsgruppe war als ungeeignet angesehene Medikation abgesetzt worden, verglichen mit 12% in der Kontrollgruppe. Bei Patienten, die sedierende Hypnotika erhalten hatten, setzten 43,2% in der Interventionsgruppe und 9,0% in der Kontrollgruppe die Medikation ab. Die Einnahme von Glibenclamid beendeten 30,6% versus 13,8%. Im Hinblick auf nicht­steroidale Antiphlogistika wurde bei 57,6% versus 21,7% ein Deprescribing erreicht. Die Antihistaminika-Gruppe konnte wegen der zu kleinen Gruppengröße nicht ausgewertet werden. Schwer­wiegende Nebenwirkungen traten nicht auf. Jedoch kam es bei 38% der Patienten, bei denen sedierende Hypnotika ausgeschlichen werden sollten, zu Entzugserscheinungen.

Insgesamt zeigt diese Studie sehr schön das Potenzial, das die Apotheke als pharmazeutisches Kompetenz­zentrum beim Deprescribing ausschöpfen und nutzen kann. |

Quelle

Martin P et al. Effect of a Pharmacist-Led Educational Intervention on Inappropriate Medication Prescriptions in Older Adults. The D‑PRESCRIBE Randomized Clinical Trial. JAMA 2018;320(18):1889-98

Apothekerin Dr. Birgit Benedek

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