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DocMorris-Gewinnspiel vor Gericht
OLG: EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung ändert nichts an Auslegung des Heilmittelwerberechts
In dem Rechtsstreit zwischen der AKNR und DocMorris um das Gewinnspiel geht es um einen Flyer, mit dem DocMorris im März 2015 für ein „großes Gewinnspiel“ warb. Als Hauptpreis war ein E-Bike im Wert von 2500 Euro ausgelobt, zudem winkten neun hochwertige elektrische Zahnbürsten als Gewinn. Wer teilnehmen wollte, musste ein Rezept einreichen.
Erste Instanz pro DocMorris
Die AKNR mahnte DocMorris wegen dieser Kopplung von Gewinnspiel und Rezepteinlösung ab. Es folgte eine Klage vor dem Landgericht Frankfurt. Dieses entschied im Mai 2017, also nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rx-Preisbindung, zugunsten von DocMorris. Die AKNR hatte in dem Verfahren gar nicht erst gerügt, dass das Arzneimittelpreisrecht unterlaufen werde. Vielmehr sah sie einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, weil unter anderem gegen das Heilmittelwerberecht verstoßen werde. Doch das Landgericht fand, die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) müssten nach der EuGH-Entscheidung vom Oktober 2016 europarechtskonform ausgelegt werden – und zwar so, dass sie hier gar nicht zur Anwendung kommen. Die Werbung für das Gewinnspiel sei damit zulässig.
Die AKNR ging daraufhin in Berufung. Mit Erfolg: Das OLG Frankfurt hat das Urteil der Vorinstanz vergangenen Sommer kassiert, seit Anfang Januar liegen die Entscheidungsgründe vor. Die Richter am OLG sind demnach sehr wohl der Auffassung, dass ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 HWG normierte Zuwendungsverbot vorliegt und damit ein Unterlassungsanspruch besteht. Auch deshalb muss die Frage, ob die Werbung gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung verstößt, nicht beantwortet werden – obwohl das OLG einen solchen Verstoß offenbar bejahen würde. Die Auslegung von § 7 Abs. 1 HWG werde – anders als vom Landgericht angenommen – nicht durch das EuGH-Urteil beeinflusst, so das OLG. § 7 HWG habe nämlich nicht die Einhaltung der arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften zum Gegenstand, sondern das Verbot der Wertreklame, das durch diese Preisvorschriften nur verschärft werde. Das OLG geht davon aus, dass die Teilnahme an einem Gewinnspiel eine Werbegabe im Sinne dieser Norm ist. Und die Teilnahmemöglichkeit löse einen Anreiz aus, der dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 HWG zuwiderlaufe: „Das Zuwendungsverbot des § 7 HWG soll eine mittelbare Gesundheitsgefährdung vermeiden und in erster Linie verhindern, dass die Kunden bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, unsachlich beeinflusst werden“, heißt es im Urteil. Und weiter: „Man könnte argumentieren, dass es darum vorliegend nicht gehe, weil das fragliche Arzneimittel bereits verordnet und ein Arzneimittelfehlgebrauch durch Beeinflussung des Arztes nicht zu befürchten ist. Es besteht jedoch die naheliegende Möglichkeit, dass der Patient sein Rezept bei der Beklagten vorlegt anstatt bei einer anderen Apotheke, insbesondere bei einer stationären Apotheke“.
Die Unterschiede zwischen Versand- und Präsenzapotheke
Und welche Unterschiede es hier gibt, habe der EuGH in seiner fraglichen Entscheidung selbst ausgeführt: So sei eine Versandapotheke im Gegensatz zu stationären Apotheken nicht in der Lage, Patienten durch ihr Personal vor Ort individuell zu beraten. Sie habe ein eingeschränktes Leistungsangebot und könne nur telefonisch und auf ausdrückliche Nachfrage beraten. Der EuGH sieht in diesem Unterschied einen entscheidenden Grund dafür, dass den Versandapotheken ein Preiswettbewerb ermöglicht werden muss. Das OLG weiter: „Es kann in der Tat für den Kunden bedeutsam sein, auch bei Einlösung eines Rezepts unaufgefordert beraten zu werden, beispielsweise im Hinblick auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten; hierfür ist der Apotheker ausgebildet. Die Entscheidung für eine stationäre Apotheke oder eine Versandapotheke ist daher für die Gesundheit des Kunden relevant und muss von ihm getroffen werden“. Mit dem Gewinnspiel werde sie aber unsachlich beeinflusst.
Nächste Station BGH
Verneint hat das OLG dagegen einen Verstoß gegen das Verbot, mit Preisausschreiben für Arzneimittel zu werben, sofern diese einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten (§ 11 Abs. 1 Nr. 13 HWG). Für einen solchen „Vorschub“ reiche es nicht, dass der Kunde veranlasst wird, das verschriebene Arzneimittel bei der beklagten Versandapotheke statt bei einer anderen Apotheke zu kaufen.
Zu Ende ist der Streit um das Gewinnspiel mit diesem Urteil allerdings noch nicht. Die Revision wurde zugelassen und ist auch bereits eingelegt. Nun muss sich zeigen, wie der Bundesgerichtshof den Fall sieht. |
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