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Rezension
Alternative gesucht
Lösungsvorschläge für unplausible Rezepturen
Vor mittlerweile mehr als sechs Jahren trat im Juni 2012 die Vierte Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung in Kraft, um diese zeitgemäß an neue Entwicklungen und Erfahrungen aus der Praxis anzupassen. Die Verbesserung der Arzneimittelsicherheit, vor allem bei der Arzneimittelherstellung sowie bei der Information und Beratung, waren wesentliche Ziele dieser Überarbeitung. Ebenso wie Arzneimittelhersteller müssen Apotheken seither ein Qualitätsmanagementsystem betreiben, durch das die pharmazeutischen Tätigkeiten innerhalb des betrieblichen Alltags optimiert werden sollen. Einen Schwerpunkt sind hierbei die Vorgaben zur Arzneimittelherstellung, besonders im Fall patientenindividuell herzustellender Rezepturarzneimittel und deren Dokumentation.
So muss vor Beginn der Rezepturherstellung die mittlerweile gängige Plausibilitätsprüfung durchgeführt werden. Hierbei handelt es sich unter anderem um eine pharmazeutische Beurteilung, ob die Vorschrift für die Herstellung der Individualrezeptur geeignet ist, um ein Arzneimittel mit ausreichender Qualität und Stabilität zu erzeugen. Mit der verpflichtend eingeführten Dokumentation bei jeder Rezepturherstellung (Plausibilitätsprüfung, Herstellungsanweisung und Herstellungsprotokoll) wird zusätzlich die Nachvollziehbarkeit der tatsächlichen Arzneimittelherstellung sichergestellt.
Pharmazeutische Qualitätsstandards einhalten
Damit eine den pharmazeutischen Qualitätsstandards entsprechende, stabile Individualrezeptur nach den gesetzlichen Regelungen hergestellt werden kann, muss die Rezepturformel intensiv unter die Lupe genommen und auf ihre Plausibilität hin geprüft werden. Um die Plausibilitätsprüfung im Apothekenalltag zu erleichtern, sind in den letzten Jahren zahlreiche Bücher, Software- und Online-Lösungen erschienen. Aber was macht man, wenn die Prüfung ergibt, dass in der vom Arzt verordneten Rezepturformel nicht alle Bestandteile stabil sind oder dass die Kompatibilität zwischen Rezepturbestandteilen nicht gewährleistet ist? Wie soll am besten mit einer möglicherweise therapeutisch sinnvollen, aber pharmazeutisch nicht plausiblen Verordnung umgegangen werden? Und wie kann ein Patient trotzdem mit einem stabilen und pharmazeutisch einwandfreien Arzneimittel versorgt werden? Zumal Rezepturarzneimittel oft therapeutische Lücken schließen, für die keine Fertigarzneimittel zur Verfügung stehen.
Um eine nicht plausible Rezeptur noch zu retten, bleibt häufig nach eingehender Prüfung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nichts anderes übrig, als die Rezeptur anzupassen und/oder ihre Zusammensetzung zu ändern. Viele der bisher auf diesem Fachgebiet erschienenen Artikel und Buchwerke beleuchten ausgiebig die Ursachen von Rezepturinkompatibilitäten und -instabilitäten, gehen aber meist nur unzureichend darauf ein, wie die Implausibilitäten beseitigt werden können. Gern werden als Lösung aller Probleme hier immer wieder standardisierte Rezepturen einschlägiger Rezepturformularien angefügt. Doch wer in der Apotheke tätig ist und einen großen Teil seiner Arbeitszeit mit Rezepturprüfung und -herstellung verbringt, weiß, dass die im Apothekenalltag immer wieder auftretenden Rezepturprobleme eben nicht immer durch Verweis auf standardisierte Rezepturen gelöst werden können. Genau an dieser Stelle setzt das im Deutschen Apotheker Verlag erschienene Buch „Rezeptur-Retter“ an, das vor allem Lösungsstrategien zu den in Rezepturen auftretenden Problemen in den Mittelpunkt rückt.
Andreas S. Ziegler (Hrsg.), Dominic Kram, Kirsten Seidel, Stefan Seyferth, Petra Staubach-Renz, Ronja Wittmann
Rezeptur-Retter
Problemrezepturen erkennen – Rezepturprobleme vermeiden
XII, 370 S., 59 farb. Abb., 82 farb. Tab.,
19,3 × 27,0 cm, Gebunden, 69,80 Euro
ISBN 978-3-7692-6828-7
Deutscher Apotheker Verlag 2018
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Wenn standardisierte Rezepturen nicht weiterhelfen
Auf etwa 350 Seiten werden in 20 Kapiteln die im Apothekenalltag am häufigsten auftretenden Ursachen für unplausible Rezepturverordnungen besprochen, Rezepturbeispiele und praktische Lösungsvorschläge präsentiert. Dabei sind alle Kapitel nach dem gleichen, einprägsamen Schema aufgebaut: Einer Einführung in das Grundproblem des Kapitels schließen sich die allgemeinen Handlungsempfehlungen an. Sie verweisen neben praktischen Empfehlungen auch dezidiert auf die durch das Arzneimittelgesetz oder die Apothekenbetriebsordnung geltende Rechtslage und zeigen genau den Entscheidungsspielraum der Apotheke auf. In den anschließenden Rezepturbeispielen aus der Apothekenpraxis werden die Handlungsempfehlungen exemplarisch im praktischen Kontext erklärt.
Die Arbeitshilfen, die meist in Tabellenform am Ende eines jeden Kapitels aufgelistet sind, bieten ein Nachschlagewerk für die individuellen Rezeptureigenschaften einzelner Wirk- und Hilfsstoffe und praktische Lösungsvorschläge, sollte es in der vorliegenden Rezeptur zu Inkompatibilitäten und/oder Instabilitäten kommen. Es werden alle für die Apothekenrezeptur essenziellen Themen inhaltlich behandelt, darunter zum Beispiel der Umgang mit bedenklichen oder obsoleten Ausgangsstoffen, typische Wirkstoffproblematiken wie Inkompatibilitäten oder physikalische Instabilitäten, mikrobiell anfällige Rezepturen und Konservierungsmittel, pH-Wert und rezeptierbarer Bereich, Inkompatibilitäten durch Hilfsstoffe, brechende Emulsionssysteme und instabile Suspensionen, um nur einige zu nennen. Zusätzlich gibt es aber auch Informationen zum Umgang und der Problemlösung bei rauen oder körnigen Zubereitungen, klebriger Haptik oder gar inkompatiblem Packmittel.
Bedenklich, obsolet, instabil – es wird eine Lösung gefunden
Meiner Meinung nach handelt es sich hier um ein sehr gelungenes Fachbuch, das dem Personal in der Apothekenrezeptur eine große Hilfe bei Umgang mit nichtplausiblen Rezepten sein wird. Besonders gut hat mir gefallen, dass die einzelnen Kapitel nach Informationen zu den gesetzlichen Grundlagen auch klar den Handlungsspielraum des pharmazeutischen Personals aufzeigen. Konsequent wird dabei auch gleich die Vorgehensweise zum Umgang und der Abrechnung von GKV-Rezepten gezeigt, wenn gravierende Änderungen an einer Rezeptur notwendig sind, wie das zum Beispiel beim Trennen einer Rezeptur mit inkompatiblen Wirkstoffen der Fall sein kann. Sehr gut gelungen sind auch die Arbeitshilfen am Ende eines jeden Kapitels. Die Tabellen bieten praktische Informationen zum Beispiel zur Wasserlöslichkeit und den pH-Wert-Bereichen von Konservierungsmitteln, der antimikrobiellen Wirksamkeit rezepturrelevanter Wirkstoffe, den Kompatibilitäten gängiger Wirkstoffkombinationen oder der Phasenlage bzw. dem Wassergehalt verschiedener Grundlagen und Handelspräparate. Eine in die Tabellen eingebaute Farbcodierung ermöglicht meist auf einen Blick, mögliche Rezepturprobleme zu identifizieren, ohne dass seitenweise Text studiert werden muss. In diesem Zusammenhang stellt das Buch ein ideales Nachschlagewerk für alle rezepturgängigen Wirk- und Hilfsstoffe dar.
Als letztes möchte ich an dieser Stelle noch die an der einen oder anderen Stelle hervorgehobenen Praxistipps zum Umgang mit Geräten in der Apothekenrezeptur loben. So gibt es Tipps zur richtigen Vorgehensweise beim Wiegen, wenn die in der Apotheke vorhandene Waage eigentlich nicht genau genug ist, oder auch zum Umgang mit automatischen Rührsystemen, insbesondere in Hinblick auf die nicht zu unterschätzende Wärmeentwicklung.
Dem Herausgeber und seinen Co-Autoren ist es gelungen, ein sehr praxisnahes und übersichtliches Werk zu den wichtigsten Fragestellungen rund um die Plausibilität von Rezepturarzneimitteln zu schaffen. Ich empfehle dieses Buch allen, die sich beruflich oder im Rahmen von Ausbildung bzw. Studium mit der Thematik Rezepturen beschäftigen und insbesondere an Lösungsmöglichkeiten für die Probleme, die in nichtplausiblen Rezepturen vorkommen, interessiert sind. Gerade in Bezug auf den letzten Punkt, sehe ich das Buch „Rezeptur-Retter“ als zukünftige Standardliteratur für die Apothekenrezeptur. |
Werden Sie Rezeptur-Retter!
Oft sind sich Ärzte der bei ihren Rezepturverordnungen auftretenden Inkompatibilitäten nicht bewusst. Anhand zahlreicher Originalverordnungen aus der Praxis veranschaulicht der Herausgebern des „Rezeptur-Retters“ in einem Vortrag, welche „Inkompatibilitätsfallen“ lauern, wenn Rezepturen unter therapeutischen Gesichtspunkten komponiert werden, ohne dabei galenische Aspekte zu berücksichtigen.
„Wie Hüttenkäse und Tapetenkleister. Inkompatible Rezepturen und ihre Rettung“
Dr. Andreas Ziegler, Stuttgart, am Samstag, den 16. März 2019, auf der Interpharm in Stuttgart.
Weitere Informationen finden Sie unter www.interpharm.de
Für DAZ-Abonnenten gibt es übrigens Sonderpreise!
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