- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 29/2019
- Richtig messen
Arzneimittel und Therapie
Richtig messen
Was bei der Bestimmung der Glucose-Werte zu beachten ist
Die punktuelle Glucose-Bestimmung beim Arzt kann die Messung durch den Patienten bei Diabetes mellitus nicht ersetzen. Menschen mit einer intensivierten Insulin-Therapie benötigen die Glucose-Werte, um ihre Therapie entsprechend anzupassen. Um die Beratung von Diabetespatienten zu unterstützen, hat der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD) einen Leitfaden zur Glucose-Selbstkontrolle herausgegeben und nun aktualisiert.
Selbstmessung der Blutglucose
Für Patienten ohne Insulin-Therapie ist die klassische Blutzuckermessung meist ausreichend. Die Messung erfolgt mit kapillärem Vollblut. Aufgrund der Kalibrierung der Geräte wird jedoch der Glucose-Wert im Blutplasma ausgegeben.
Die Auswahl des Messgerätes sollte sich an den Fähigkeiten und Wünschen des Patienten orientieren. Die Geräte unterscheiden sich beispielsweise in der Kapazität der Speicherplätze, Größe des Displays/der Ziffern, der benötigten Blutmenge und der Haptik der Teststreifen sowie der Stechhilfen. Die Patienten sollen strukturiert in der Handhabung der Geräte geschult werden (s. Kasten).
Durchführung der Selbstmessung der Blutglucose
Vorbereitung des Materials: Messgerät, Teststreifen/Teststreifenkassette, Stechhilfe, Tupfer/Taschentuch und ggf. Blutzuckertagebuch bereitlegen
Vorbereitung der Punktionsstelle: Hände mit warmem Wasser und Seife waschen, um Essensreste und Schmutz zu entfernen. Hände danach gründlich abtrocknen, damit Restwasser die Messwerte nicht verfälscht. Eine Desinfektion ist nicht notwendig.
Durchführung der Punktion: Eine neue Lanzette verwenden, da Lanzetten Einmalprodukte sind, die schnell stumpf werden, wodurch die Punktion bei Mehrfachverwendung schmerzhafter wird. Die Punktion seitlich an der Fingerbeere ist weniger schmerzhaft. Seltener benötigte Finger (Mittel-, Ringfinger, kleiner Finger) sind zu bevorzugen und die Punktionsstelle ist regelmäßig zu wechseln. Da Infektionen bei Dialysepatienten am Shunt-Arm eine Gefahr für den Shunt darstellen, sollten diese am Nicht-Shunt-Arm messen.
Blut gewinnen: Durch leichtes Drücken öffnet sich die Punktionsstelle und Blut tritt aus. Sollte dieses nicht ausreichen, ist der Finger von der Wurzel bis zum ersten Fingerglied zu massieren und die Hand nach unten zu schütteln. Starkes Pressen ist zu vermeiden, da sonst Gewebewasser austritt, welches den Blutglucose-Wert verfälscht.
Blutglucose-Wert bestimmen: Teststreifen mit der vorgesehenen Stelle auf den Blutstropfen aufsetzen, sodass das Blut durch Kapillarkräfte eingesaugt werden kann. Das Gerät beginnt mit der Messung, wenn die Blutmenge ausreichend war. Der Wert sollte gespeichert oder notiert werden, um diesen beim nächsten Arzttermin parat zu haben. Anhand des Blutglucose-Werts kann der Patient gegebenenfalls die Therapie anpassen.
Entsorgung: Teststreifen und Lanzettentrommeln können in den Hausmüll gegeben werden. Einmallanzetten sollten wegen der Stichgefahr in bruchsicheren Behältnissen entsorgt werden.
[Quelle: VBDB-Leitfaden 2019]
Fehler vermeiden
Häufige Fehler entstehen beim Punktieren, weil die Patienten ihre Hände nicht waschen oder durch starkes Pressen versuchen, ausreichend Blut zu gewinnen. Hier gilt es, für eine richtige Handhabung zu sensibilisieren. Bei den Teststreifen ist darauf zu achten, dass diese das Haltbarkeitsdatum noch nicht überschritten haben und richtig gelagert wurden. Wird die Teststreifendose nach der Messung nicht verschlossen, können Luft und Feuchtigkeit die Enzyme der Teststreifen beeinflussen und so das Messergebnis verfälschen.
Hat der Patient alles richtig gemacht und die Werte sind dennoch nicht plausibel, kann ein vollständiges Blutbild sinnvoll sein. Denn erhöhte sowie erniedrigte Hämatokritwerte, stark erhöhte Cholesterol-, Triglycerid- oder Harnsäurewerte können das Ergebnis verfälschen. Zudem kann die Einnahme von Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Ascorbinsäure bei einigen Geräten die Messergebnisse beeinträchtigen.
Sensorbasierte Glucose-Messung
Für Patienten mit intensivierter Insulin-Therapie, die oft sechs- bis achtmal täglich ihren Glucose-Wert bestimmen müssen, stehen alternativ zur klassischen Blutzuckermessung sensorbasierte Messsysteme zur Verfügung. Beim „Continuous Glucose Monitoring“ (CGM, kontinuierliches Glucose-Monitoring) wird der Glucose-Wert in der Interstitialflüssigkeit im Unterhautfettgewebe bestimmt. In kurzen Abständen wird der gemessene Wert auf einen Empfänger übertragen und so ein kontinuierliches Profil erzeugt. Schwankungen, die bei punktuellen Messungen nicht zu erkennen sind, können damit sichtbar gemacht werden. Trendangaben ermöglichen es den Patienten, frühzeitig zu reagieren, wenn eine Hyper- oder Hypoglykämie droht. Mit einer Alarmfunktion können Patienten frühzeitig vom Gerät gewarnt werden, sobald der Wert außerhalb ihres Normbereichs liegt.
Man unterscheidet zwischen Realtime-CGM-Systemen (rtCGM) und Systemen zum intermittierenden Scannen eines CGM-Sensors (iscCGM), was auch als Flash-Glucose-Monitoring bezeichnet wird. Bei der rtCGM wird der Glucose-Wert von einem Sensor im Interstitium alle fünf Minuten gemessen und mittels Transmitter auf den Empfänger übertragen. Als Empfänger kann ein spezielles Gerät, eine Insulin-Pumpe oder ein Smartphone fungieren. Einige Geräte müssen ein- bis zweimal täglich mit einer Blutglucose-Messung kalibriert werden. Hierbei ist es wichtig, dass dies in Phasen stabiler Blutglucose-Werte beispielsweise nach dem morgendlichen Aufstehen vor dem Frühstück durchgeführt wird.
Das iscCGM (z. B. Freestyle libre) misst mittels Sensor alle 15 Minuten die Glucose-Konzentration im Unterhautfettgewebe. Der Sensor speichert die Werte, bis diese durch Abscannen ausgelesen werden. Das Auslesen mit einem Lesegerät oder Smartphone muss spätestens alle acht Stunden erfolgen, sonst gehen die Werte verloren. Eine Kalibrierung durch Blutglucose-Messungen ist nicht notwendig.
Wichtig für die Patienten ist, dass der im Gewebe gemessene Wert und der aktuelle Blutglucose-Wert nicht übereinstimmen. Der interstitielle Glucose-Wert hinkt dem Blutglucose-Wert etwa 10 bis 15 Minuten hinterher. Bei raschen Änderungen der Werte können im Einzelfall Unterschiede von 80 mg/dl erreicht werden. Daher sollten Patienten, die ein CGM-System nutzen, auch immer die klassische Blutzuckermessung beherrschen. Nur so können sie bei nicht plausiblen Werten zusätzlich den mittels Kapillarblut bestimmten Blutglucose-Wert für ihre Therapieentscheidung heranziehen. Auch bei den CGM-Systemen können Arzneimittel die Messergebnisse verfälschen (s. DAZ 2018, Nr. 39, S. 38).
Tipps für CGM-Patienten
Die Sensoren sind zwar für einige Minuten wasserdicht, dennoch können sie sich durch starkes Schwitzen oder beim Sport ablösen. Hier helfen Folienpflaster, Fixiermanschetten oder Tapes, um die Sensoren zusätzlich zu fixieren.
Da die Hersteller keine Garantie bei Durchführung einer Magnetresonanztomografie (MRT), Computertomografie (CT) und Röntgen übernehmen, sollten die Sensoren vor solchen Untersuchungen abgelegt werden.
Beim Tragen von Sensoren können Hautirritationen wie Rötungen, Juckreiz und Bläschen auftreten. Hier handelt es sich meist um Kontaktallergien auf die Klebstoffe. Teilweise hilft es, mit einem Schutzpflaster oder einem Sprühfilm eine Barriere zu schaffen. Bleiben die Irritationen bestehen, muss ein anderes Messsystem verwendet werden. |
Literatur
Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e .V. (VDBD). Leitfaden zur Glucose-Selbstkontrolle in Beratung und Therapie, 3. aktualisierte Auflage 2019. www.vdbd.de
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.