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Aus den Ländern
Hanke: „Der politische Wille fehlt“
Kammerversammlung BaWü diskutiert geplante Apothekenreform, E-Rezept und ABDA-Haushalt
Als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im vergangenen Dezember auf der ABDA-Mitgliederversammlung die erste Version seiner Reformpläne für das Apothekenwesen vorstellte, hagelte es aus zahlreichen Kammern und Verbänden heftige Kritik. Damals hatte der CDU-Politiker den Apothekern unter anderem vorgeschlagen, die Rx-Boni ausländischer Versender auf 2,50 Euro festzuschreiben. Außerdem wurde eine Regulation des ausländischen Versandhandels vonseiten des Gesetzgebers in Aussicht gestellt, falls ein bestimmter Marktanteil überschritten werden sollte.
Baden-Württembergs Kammerpräsident Dr. Günther Hanke fand damals deutliche Worte für das Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministers. Hanke kritisierte, dass Spahn seine Reformpläne nicht einmal mit dem eigenen Haus abgestimmt hätte und die Apotheker unter Druck gesetzt haben soll. Der Vorstand der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg hielt es zudem für unwahrscheinlich, dass die ebenfalls angekündigte Regulation der Marktanteile überhaupt durchsetzbar und EU-Rechts-konform sei. In einem Brief an ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ging Hanke daher hart mit der Vorgehensweise des Ministers ins Gericht: „Aus unserer Sicht ist es eine erpresserische Art und Weise, mit der wir zur Annahme des ‚Ministerpakets‘ gedrängt werden.“
Weniger Kritik an den neuen Reformplänen
Mehr als ein halbes Jahr später scheinen die Wogen im Großen und Ganzen geglättet zu sein. Der Gesundheitsminister hat für sein geplantes „Apotheken-Stärkungsgesetz“ immerhin einige seiner ursprünglichen und von der Standesvertretung massiv kritisierten Pläne verworfen. Vor allem werden Rx-Boni nicht mehr konkret definiert. Auch die Regulation der Marktanteile ausländischer Versender ist kein vorgesehenes Instrument mehr. Dafür müssen die Apotheker akzeptieren, dass es kein Rx-Versandverbot geben wird und die Gleichpreisigkeit vom Arzneimittelrecht ins Sozialrecht wandert.
Baden-Württembergs Kammerpräsident Hanke hielt sich auf der Kammerversammlung am 10. Juli in Stuttgart diesmal mit einer Kritik auffallend zurück. Es sei einfach kein politischer Wille mehr da, weder für ein Rx-Versandverbot noch für eine Konfrontation mit den EU-Organen beim Thema Gleichpreisigkeit. Das müsse man als Standesvertretung realisieren und akzeptieren sowie die Reformpläne konstruktiv begleiten, statt an Maximalforderungen festzuhalten. Auch ein Delegierter machte in einer Wortmeldung deutlich, dass die ursprüngliche Forderung der Apotheker offensichtlich immer weniger verstanden wird in der Politik – und zwar auf höchster Ebene: „Wenn man sich anschaut, dass die Bundesregierung das Oberlandesgericht München seit 1,5 Jahren mit einer Begründung für die Gleichpreisigkeit warten lässt, dann muss man einfach feststellen, dass es von Regierungsseite kein Interesse gibt – nicht nur am Rx-Versandverbot, sondern sogar an der Gleichpreisigkeit.“
Einen großen Teil ihrer Redezeiten investierten sowohl der Kammerpräsident als auch Geschäftsführer Dr. Karsten Diers in die Präsentation der zahlreichen Gesetzesinitiativen aus dem Gesundheitsministerium. Sichtlich stolz zeigte man sich, dass die Implementierung der elektronischen Verordnung nicht nur aus der Apothekerschaft maßgeblich erfolgt, sondern sich aus dem Baden-Württemberger Modellprojekt GERDA entwickelt hat.
GERDA als Blaupause für das bundesweite E-Rezept
Das Pilotprojekt GERDA (Geschützter E-Rezept-Dienst der Apotheken) wurde von der LAK und dem Landesapothekerverband in Baden-Württemberg initiiert. Es soll für Patienten in den Modellregionen Stuttgart und Tuttlingen im Herbst 2019 starten. Das Projekt ist in das laufende Ärzte-Modellprojekt „DocDirekt“ implementiert, bei dem die Mediziner in Online-Sprechstunden beraten und auch verordnen dürfen. Die Landesregierung fördert die Initiative mit rund einer Million Euro. Ab November, wenn die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) ein passendes Arzt- und Patientensystem entwickelt hat, können Patienten das E-Rezept nutzen. Nach den Erfahrungen in den Modellregionen rechnet man damit, dass GERDA ab Anfang 2020 in allen Apotheken Baden-Württembergs etabliert ist.
Das ABDA-Tochterunternehmen NGDA (Netzgesellschaft Deutscher Apotheker) entwickelt derzeit auf dieser Grundlage das E-Rezept für die gesamte Apothekerschaft in Deutschland. Zuvor hatte das Bundesgesundheitsministerium der Bewerbung der ABDA mit dem Modellprojekt aus Baden-Württemberg grünes Licht gegeben. Einen Überblick über den aktuellen Stand der Entwicklungen gab im Rahmen der Kammerversammlung NGDA-Geschäftsführer Christian Krüger.
Für eine rege Diskussion sorgte eine vorgesehene Änderung in der Meldeordnung, die Kammerjustiziar Uwe Kriessler den Delegierten vorstellte. Apothekerinnen und Apotheker, die in den Kammerbereich Baden-Württemberg ziehen, sollen zukünftig unaufgefordert und innerhalb einer bestimmten Frist die beglaubigte Abschrift ihrer Approbationsurkunde der Kammergeschäftsstelle vorlegen. Damit solle rechtzeitig sichergestellt werden, dass niemand ohne eine gültige oder mit einer gefälschten Approbation beruflich tätig wird. Auch im Hinblick auf die Ausstellung der Heilberufeausweise (HBA) sei diese Regelung nötig.
Einige Vertreter kritisierten, dass diese Regel zu deutlich mehr Verwaltungsaufwand und Kosten führen werde. Als Alternative wurde vorgeschlagen, dass die Kammer sich selbst um eine (telefonische) Auskunft bei den jeweiligen Kammern bemühen sollte. Außerdem müssten solche Prozesse am besten auf digitalem Weg erfolgen.
Letztendlich wurde der vorgeschlagenen Änderung in der Meldeordnung zugestimmt – auch im Hinblick darauf, dass sich die LAK derzeit darum bemüht, selbst zur Approbations-erteilenden Behörde zu werden. Diese Tatsache könnte den Vorgang in Zukunft nochmal grundlegend verändern.
Kammerhaushalt und Hebesatz
Bereits in seiner Rede zu Anfang der Vertreterversammlung kritisierte Dr. Günther Hanke den Eklat um den ABDA-Haushaltsentwurf im vergangenen Juni. In einem Entwurf, der vom Gesamtvorstand beschlossen wurde, war damals noch eine unerwartete Regelung zur Vergütung des ABDA-Vorstandes eingeflossen. Demzufolge sollten für die Aufwandsentschädigung im kommenden Jahr etwa 108.000 Euro mehr ausgegeben werden – ein Plus von 23 Prozent. Aus Kreisen der Standesvertretung hieß es, dass die berufspolitische Arbeit im geschäftsführenden Vorstand der ABDA für nachrückende Apotheker dadurch attraktiver gemacht werden sollte. Die Entschädigungen von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, DAV-Vorsitzendem Fritz Becker, BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer und ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold waren von dieser Neuregelung nicht betroffen, sondern die der übrigen Mitglieder des 13-köpfigen geschäftsführenden Vorstandes, die nur rund 570 Euro pro Monat ausgezahlt bekommen. Der Haushaltsentwurf wurde letztendlich in der ABDA-Mitgliederversammlung beschlossen. Doch dieses Vorgehen hatte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt eine Rüge des Haushaltsausschusses der ABDA eingebracht.
In der Kammerversammlung Baden-Württemberg regten Delegierte an, zukünftig über die ABDA-Haushaltsentwürfe zu diskutieren, bevor diese beschlossen werden. Kammerpräsident Hanke gab zu bedenken, dass es für ihn schwierig sei, hierbei nur auf konkreter Beschlusslage agieren zu dürfen, da sich viele Aspekte bezüglich des ABDA-Haushaltes häufig spontan bei der Mitgliederversammlung ergeben würden. Doch ab 2020 soll versucht werden, dass die Kammerversammlung in Baden-Württemberg früher stattfindet, um über kritische Punkte im Vorhinein zu beraten.
In einem Antrag, der letztendlich abgelehnt wurde, forderten Delegierte, den Kammerhaushalt für 2020 „einzufrieren“, um die steigenden Ausgaben zu verhindern. Mögliche Überschüsse sollten in die Rücklagen fließen oder den Apothekeninhabern, die den größten Anteil der Kammerbeiträge schultern, ausgezahlt werden. Als Begründung wurde angegeben, dass der umsatzabhängige Hebesatz den Kammerhaushalt unverhältnismäßig vergrößere, während die Erträge der Apotheken umsatzabgekoppelt stagnieren oder zum Teil sogar sinken würden. Kammergeschäftsführer Diers präsentierte ausführlich, weshalb seiner Meinung nach ein „Einfrieren“ des Haushaltes ein fatales politisches Signal der Stagnation aussenden würde und wichtige Projekte – wie zum Beispiel GERDA –, die den Berufsstand weiterbringen würden, damit unmöglich mache. Hanke versprach den Antragstellern, bei der nächsten Kammerversammlung Ende November ausführlich auf das Anliegen einzugehen und vor dem Hintergrund des aktuellen Haushaltes auch eine Reduzierung des Hebesatzes diskutieren zu wollen. |
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