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Aus den Ländern
Medizin und Pharmazie im Katastrophenfall
Lebensrettendes Notfallsortiment
Carina Vetye-Maler leitet in der Hilfsorganisation Apotheker ohne Grenzen Deutschland e. V. die Projekte in Argentinien und ist außerdem Schulungsleiterin in der Ausbildung und Qualifizierung der Einsatzkräfte. Michael Winter ist Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und spezielle Unfallchirurgie, stellvertretender Durchgangsarzt und Oberarzt am Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge. Er ist regelmäßig für Ärzte ohne Grenzen e. V. im Einsatz.
Medizinische Versorgung im Katastrophenfall
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen (ÄoG) hat 2017 458 Projekte in 73 Ländern durchgeführt. Dazu zählten die Basisgesundheitsversorgung in Flüchtlings- und Vertriebenenlagern, die Wasserversorgung bzw. die Errichtung sanitärer Anlagen, die Durchführung von Ernährungs- und Impfprogrammen oder die Behandlung von Menschen mit Infektionskrankheiten wie HIV/AIDS, Tuberkulose oder Kala-Azar. Unter den 3664 internationalen Mitarbeitern waren 20 deutsche Chirurgen. Um ein Vielfaches höher ist die Zahl der lokalen Mitarbeiter (2017: 37.844), die vor Ort die Arbeit der Ärzte ohne Grenzen unterstützen. Voraussetzungen, um als Arzt bei ÄoG mitarbeiten zu können, ist neben der Approbation eine mindestens zweijährige Berufserfahrung. Gute englische Sprachkenntnisse, Reise- und Berufserfahrung in Entwicklungsländern und die Bereitschaft, unter schwierigen Bedingungen zu arbeiten, sind weitere Voraussetzungen. Die Einsatzdauer liegt für Ärzte in der Regel zwischen einem und neun Monaten. Zu 96% wird die Tätigkeit von Ärzte ohne Grenzen aus privaten Spenden finanziert.
Arzneimittelhilfe im Katastrophenfall
Die Hilfsorganisation Apotheker ohne Grenzen Deutschland e. V. mit rund 2000 Mitgliedern ist spezialisiert auf Arzneimittelhilfe im Katastrophenfall sowie auf Entwicklungszusammenarbeit. Der unabhängige und gemeinnützige Verein hat beispielsweise bei der Ebola-Epidemie in Westafrika 2014, beim Erdbeben in Nepal 2015 und bei den Hurrikanen in der Karibik 2016 und 2017 akute Nothilfe geleistet. Aktuell engagieren sich die Vereinsmitglieder für die langfristige Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowohl in Deutschland als auch in der Entwicklungshilfe, zum Beispiel in Argentinien, Tansania, Uganda und auf den Philippinen. Laut Apothekerin Dr. Carina Vetye-Maler sind gut gemeinte Arzneimittelspenden, wie sie häufig bei Apotheker ohne Grenzen ankommen, kontraproduktiv, da sie nicht dem tatsächlichen Bedarf entsprechen. Die für die erste Phase der Notfallversorgung hilfreichen Medikamente sind im 1,2 Tonnen schweren Notfallsortiment IEHK (Interagency Emergency Health Kit) enthalten. Es basiert auf der Essential Medicines List der WHO und besteht aus 60 wichtigen Arzneimitteln sowie Infusionslösungen und Medizinprodukten. Enthalten sind darin einige Wirkstoffe, die im Apothekenalltag in Deutschland kaum eine Rolle spielen, wie z. B. das Anthelminthikum Albendazol. Mit diesem Notfallsortiment können im Katastrophenfall 10.000 Menschen drei Monate lang grundversorgt werden. Um das Sortiment effektiver nutzen zu können, hat Carina Vetye-Maler ein Handbuch verfasst und 2017 im Eigenverlag veröffentlicht. Darin sind für jeden Wirkstoff die Indikationen, Dosierungen, Gegenanzeigen und Wechselwirkungen auf jeweils einer Seite zusammengefasst.
Apotheker oder PTA, die sich für einen Einsatz in Projekten von Apotheker ohne Grenzen interessieren, müssen entsprechende Voraussetzungen mitbringen und zwei Schulungen besuchen. Auch ein halbes Jahr des Pharmaziepraktikums nach dem zweiten Staatsexamen kann beim Verein absolviert werden. Nähere Informationen gibt es unter www.apotheker-ohne-grenzen.de. |
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