Arzneimittel und Therapie

Antiphospholipid-Syndrom?

Was man darunter versteht und wieso NOAK hier nicht eingesetzt werden sollten

cel/cst | In einem aktuellen Rote-Hand-Brief wird vor einem möglicherweise erhöhten Risiko für rezidivierende thrombotische Ereignisse unter Rivaroxaban und Co. gewarnt – und zwar bei Patien­ten mit Antiphospholipid-Syndrom (APS) und einer Thrombose in der Vorgeschichte. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff APS?

Das Antiphospholipid-Syndrom (APS) zählt zu den häufigsten Autoimmunerkrankungen. Sie trifft vorwiegend Frauen, insgesamt leiden an der Erkrankung 2% bis 5% der Bevölkerung. Beim APS zirkulieren Antikörper gegen Phospholipide, wie Cardiolipin und Prothrombin, und phospholipidbindende Proteine wie beta-2-Glykoprotein I im Blut, die zu einer Thrombophilie, d. h. einer erhöhten Thromboseneigung, bei den Patienten führen.

Man unterscheidet das primäre APS ohne Grunderkrankung vom sekundären APS, dem rheumatologische Erkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes), maligne Neoplasien oder Infektionen (z. B. HIV, Hepatitis B, Sepsis, Malaria) zugrunde liegen. Auch Arzneimittel können ein APS zur Folge haben, beispielsweise Chlorpromazin oder Propranolol.

Auf Symptomebene äußert sich ein APS durch vermehrtes Vorkommen von arteriellen und venösen Thrombosen und Embolien und dadurch verursachten Erkrankungen wie Lungenembolien, Herzinfarkte und Schlag­anfälle. Der Verbrauch von Thrombozyten kann in der Folge paradoxe Blutungen, besonders in der Haut (Purpura), auslösen.

Studiendaten für Rivaroxaban

Die Behandlung zielt nach einem thrombotischen Ereignis auf eine Antikoagulation ab. Studienergebnissen zufolge scheinen Vitamin-K-Antagonisten hier jedoch sicherer und effektiver zu sein als nicht-Vit­amin-K-antagonistische orale Antikoagulanzien (NOAK). So wurde die randomisierte, offene, multizentrische Traps-­Studie aufgrund erhöh­ter Raten an thromboembolischen Ereignissen unter Riva­roxaban (Xarelto®) vorzeitig abgebrochen: Von 120 eingeschlossenen APS-Patienten erlitten 12% der Patienten im Rivaroxaban-Arm thromboembolische Ereignisse – davon vier Schlaganfälle und drei Myokardinfarkte – und 7% schwere Blutungen. Im Warfarin-Arm traten keine thromboembolischen Ereignisse auf und schwere Blutungen nur bei 3% der Patienten.

Foto: Sebastian Kaulitzki – stock.adobe.com
APS-Patienten haben ein erhöhtes Risiko für thrombo­embolische Ereignisse.

Möglicher Klasseneffekt

Ob sich dies bei den Faktor-Xa-Inhibitoren Apixaban (Eliquis®) und Edoxaban (Lixiana®) sowie dem Thrombin-inhibitor Dabigatran (Pradaxa®) ähnlich verhält, ist derzeit nicht abschließend zu klären. Zu diesen Wirkstoffen sind weniger Daten vorhanden, Ergebnisse aus klinischen Studien liegen nicht vor. Doch es steht zu befürchten, dass auch diese NOAK gegenüber Vit­amin-K-Antagonisten mit einem erhöhten Risiko für rezidivierende Thrombosen assoziiert sind. Daher sollten nicht nur Rivaroxaban, sondern auch Apixaban, Dabigatran und Edoxaban bei APS-Patienten nicht eingesetzt werden. Besonders gefährdet sind laut Rote-Hand-Brief Hochrisikopatienten, die in allen drei Antiphospholipid-Tests positiv getestet wurden (Lupus-Antikoagulans, Anti-Cardiolipin-Antikörper und Anti-Beta-2-Glykoprotein-I-Antikörper).

Bei APS-Patienten, die zurzeit mit NOAK zur Prävention thromboembolischer Ereignisse behandelt werden, sei zu prüfen, ob eine Fortsetzung der Therapie angemessen ist und ob eine Umstellung auf Vitamin-K-Antagonisten erwogen werden sollte.

Wie die Zulassungsinhaber der oben genannten Arzneimittel in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Rote-Hand-Brief bekannt gaben, werden die Produktinformationen jeweils um einen neuen Warnhinweis für Patienten mit APS ergänzt. |

Quelle

Rote-Hand-Brief zu Eliquis® (Apixaban), Pradaxa® (Dabigatran), Lixiana® (Edoxaban) und Xarelto® (Rivaroxaban): Anwendung bei Patienten mit Antiphospholipid-Syndrom nicht empfohlen vom 23. Mai 2019. www.abda.de; Abruf am 23. Mai 2019

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