DAZ aktuell

Weder Apotheke noch Versandhandel, sondern einfach nur illegal

Verwaltungsgericht Karlsruhe bestätigt Schließung des DocMorris-Automaten

bro/eda | Anfang April hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage von DocMorris abgewiesen, mit der sich der Versender gegen das behördliche Verbot gewendet hatte, apothekenpflichtige Arzneimittel über einen Automaten im baden-württembergischen Hüffenhardt abzugeben. Nun folgten die Urteilsgründe: Sie sind ein Plädoyer für die regulierten Apothekenstrukturen. Die Versorgung über Doc­Morris könne nicht der Qualität der Vor-Ort-Apotheken entsprechen. Auch ein Rx-Versandverbot halten die Richter für gerechtfertigt.

Zur Erinnerung: Die Niederländer hatten im Frühjahr 2017 einen Automaten in der ehemaligen Hüffenhardter Apotheke eröffnet, aus dem die Kunden Rx- und OTC-Medikamente erhalten konnten. Auch eine Video-Beratung gab es, ein „Welcome-Manager“ half den Kunden beim Bedienen des Geräts. Doch schon nach kurzer Zeit folgten die behördlichen Schließungsanweisungen. DocMorris verfolgte im darauf folgenden Gerichtsverfahren die Strategie, den Automaten als Versandhandel zu definieren.

Aus dem Urteil, das nun im Wortlaut vorliegt, geht aber hervor, dass die Richter des Verwaltungsgerichtes (VG) dieser Ansicht in keiner Weise folgten. Um zu verdeutlichen, dass DocMorris in Hüffenhardt keinen Versandhandel betrieb, nähern sich die Richter in ihrer Begründung dem Begriff „Versandhandel“ gleich in mehrfacher Weise. Und schon hier scheitert DocMorris. Denn: „Bei der von der Klägerin angebotenen Abgabe von Arzneimitteln handelt es sich ausgehend vom Wortlaut jedenfalls bereits deshalb nicht um einen Versandhandel, da dem Kunden aufgrund der geringen Zeitspanne zwischen Kauf und Übergabe der Arzneimittel die Möglichkeit der direkten Mitnahme der gekauften Waren gegeben wird.“ Und auch aus systematischer Sicht liegen den Richtern zu­folge keine Gründe vor, denn hierbei kann es nicht um einen Versand gehen, da zum Zeitpunkt des Grenzübertritts der Arzneimittel ein Endverbraucher nicht objektiv feststeht. Schließlich könnten einzelne nach Hüffenhardt gelieferte Arzneimittel auch nicht gekauft werden.

3-D-Effekt bei Rezeptprüfung erforderlich

Auch was die Weiterreichung der Rezepte betrifft, sieht das VG Karlsruhe gleich mehrere Probleme hinsichtlich des Verbraucherschutzes. Denn: „Die Kontrolle der Verschreibung über den eingebauten Scanner erscheint gegenüber deren Kontrolle im Original als weniger sicher. Die Echtheit der ärzt­lichen Verschreibung kann mittels des Videoterminals nicht hinreichend wirksam geprüft werden.“ Man könne nicht erkennen, ob es sich um eine Kopie oder um ein Original handelt, wenn das Rezept nur auf dem Bildschirm einsehbar ist. Wichtig sei der „durch die Unterschrift entstehende ‚3-D-Effekt‘“.

Vielmehr geht das Gericht in seinem Urteil davon aus, dass DocMorris in Hüffenhardt illegalerweise eine Apotheke betrieben hat. Allein schon die Außenwirkung des Namens „DocMorris“ spreche dafür: DocMorris sei darauf angelegt, als Präsenzapotheken wahrgenommen zu werden.

In ihren Urteilsgründen greifen die Richter gleich mehrere Punkte auf, um die es seit dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung in der politischen Debatte geht. Da wäre zunächst der Vorwurf, dass DocMorris sehr gerne mit dem Europarecht („Unionsrecht“) argumentiert, dies aber „rechtsmissbräuchlich“ tue. Heißt konkret: Der Konzern benutzt das Europarecht, um seine Strategie zu rechtfertigen. Die Richter erklären: „Die Anwendung der Unionsvorschriften kann nicht so weit reichen, dass Vorgänge geschützt werden, die zu dem Zweck durchgeführt werden, betrügerisch oder missbräuchlich in den Genuss von im Unionsrecht vorgesehenen Vorteilen zu gelangen.“ Im Umkehrschluss bedeutet das für die Karlsruher Richter auch, dass sich DocMorris nur die Rechte und Möglichkeiten einer Vor-Ort-Apotheke sichern möchte – ohne aber deren Pflichten zu erledigen. Und selbst wenn man akzeptierte, dass das Hüffenhardt-Modell nur eine Spielart des Versandhandels ist, dann wäre es aus Sicht der Richter immer noch ein unzulässiger Versandhandel. Denn: „Die deutschen Vorschriften zum Versandhandel müssen auch ohne deutsche Versandhandelserlaubnis eingehalten werden. Auch mit der Nennung des Herkunftslandes auf der Länderliste ist die EU-Apotheke nicht von der Einhaltung der sonstigen apotheken- und arzneimittelrechtlichen Vorschriften befreit.“ Sind Eingriffe in den grenzüberschreitenden Arzneimittel-Versandhandel, wie etwa ein Rx-Versandverbot, mit Blick auf die Warenverkehrsfreiheit in der EU möglich? Die Richter meinen Ja, schließlich „kann das Erfordernis, die regel­mäßige Versorgung des Landes für wichtige medizinische Zwecke sicherzustellen, eine Behinderung des innergemeinschaftlichen Handelsverkehrs im Rahmen von Art. 36 AEUV rechtfertigen, da dieses Ziel unter den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen fällt“.  |

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