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Arzneimittel und Therapie
Schmerzfrei durch Gabapentin und Pregabalin?
Evidenz lässt zu wünschen übrig
Die Schmerztherapie ist und bleibt eine Herausforderung. In den USA wurden im vergangenen Jahr politische Maßnahmen ergriffen, um die zunehmende Anzahl an Opiaten zur Schmerzbehandlung zu reduzieren. Es war dabei sogar die Rede von einer „Epidemie der Opiat-Überdosierung“. Da Paracetamol zur Behandlung von moderaten bis schweren Schmerzen jedoch oft nicht ausreicht und die Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) nicht unbegrenzt erfolgen kann, wird häufig auf Pregabalin oder Gabapentin zurückgegriffen.
Gabapentin wurde 1993 unter dem Markennamen Neurontin® von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) als Antiepileptikum zugelassen. 2002 erfolgte die Erweiterung der Zulassung auf postherpetische Neuralgie. 2004 wurde der Hersteller Pfizer wegen unrechtmäßigen Marketings zum Off-label-Einsatz von Neurontin® zu Strafzahlungen verurteilt. Im gleichen Jahr wurde das Nachfolgepräparat Lyrica® mit dem Wirkstoff Pregabalin von der FDA als Antiepileptikum sowie bei postherpetischer und diabetischer Neuralgie zugelassen. Später erfolgte eine Erweiterung der Zulassung auf Fibromyalgie und Schmerzen bei Rückenmarksverletzungen. Auch bei Lyrica® wurde Pfizer wegen irreführender Aussagen zum Off-label-Einsatz verurteilt. Obwohl die Anwendungsgebiete für Pregabalin und Gabapentin sehr limitiert sind, haben sich die Verordnungszahlen in den USA innerhalb der letzten 15 Jahre verdreifacht. Dies scheint durch den Off-Label-Einsatz bedingt zu sein.
Anwendung in Deutschland
In Deutschland ist Gabapentin (z. B. Neurontin® und Generika) bei Epilepsie und bei peripheren neuropathischen Schmerzen wie schmerzhafter diabetischer Neuropathie und postherpetischer Neuralgie zugelassen. Pregabalin (z. B. Lyrica® und Generika) ist in Deutschland bei Epilepsie, peripheren und zentralen neuropathischen Schmerzen und bei generalisierter Angststörung zugelassen. Zu den wichtigsten Nebenwirkungen von Pregabalin und Gabapentin zählen Benommenheit, Somnolenz und Schwindelgefühl. Beide Arzneistoffe können das Reaktionsvermögen beeinträchtigen (cave Straßenverkehr oder Bedienen von Maschinen). Auch die Wechselwirkung mit Alkohol sollte nicht unterschätzt werden.
Die Autoren einer Übersichtsarbeit zu den beiden Arzneistoffen untersuchten nun, welche klinische Evidenz zur Behandlung von Schmerzen tatsächlich vorliegt. Insgesamt wurden in der Literatur 18 randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien zu Gabapentin in der Schmerztherapie gefunden, 12 zu Pregabalin. Dabei zeigte sich, dass die Daten zur Wirksamkeit äußerst limitiert sind. Selbst bei bereits etablierten Indikationen wie diabetischer Neuralgie oder postherpetischer Neuralgie war kein klarer Nutzen erkennbar. Auch bei anderen Schmerzsyndromen war die Wirksamkeit gering oder nicht klinisch relevant. Die Autoren beklagen außerdem, dass der Sprachgebrauch in Leitlinien oft irreführend sei. Häufig werde zwischen evidenzbasierter Information und nicht evidenzbasierten Empfehlungen nicht klar genug unterschieden. Hinsichtlich neuropathischer Schmerzen werde aus Studien mit diabetischer oder postherpetischer Neuralgie unsachgemäß auf neuropathische Schmerzen im Allgemeinen extrapoliert. Und bezüglich der diabetischen Neuropathie würden die Leitlinien die Wirksamkeit besser darstellen, als sie tatsächlich ist. |
Quelle
Goodman CW et al. A Clinical Overview of Off-Label Use of Gabapentinoid Drugs. JAMA Intern Med 2019; doi:10.1001/jamainternmed.2019.0086
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