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Aus den Ländern
Hochrisikoprozess Arzneimitteltherapie sicherer machen
44. ADKA-Kongress widmet sich dem „Closed Loop Medication Management“ in Kliniken
So unsäglich Skandale wie Valsartan, Lunapharm oder Bottrop sind – sie sind Lehre und Triebfeder, die Arzneimittelversorgung künftig sicherer zu machen. Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) zieht beispielsweise Konsequenzen aus diesen jüngsten Arzneimittelzwischenfällen. Dieses „hochproduktive“ Engagement seitens des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) lobte Professor Dr. Frank Dörje bei dem vom 9. bis 11. Mai 2019 in Berlin stattgefundenen 44. Wissenschaftlichen Kongress des ADKA. „Viele Dinge sind nun gesetzlich gut berücksichtigt“, fand der ADKA-Präsident – auch wenn beim Dauerbrenner Lieferengpässe nach wie vor „klare und weitergehende Maßnahmen zur Vermeidung“ fehlten.
„Run“ auf knappe Arzneimittel durch Meldepflichten?
Dörje erntete bei dieser Forderung direkt Verständnis seitens der Politik: Dass bei Lieferengpässen ein Optimum an gesetzgeberischem Handeln noch nicht erreicht ist, erkannte auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen in seinen Grußworten an die Krankenhausapotheker. Er gesteht den Apothekern zu: „Sie erwarten mehr, das kann ich verstehen“, so Riebsamen. Er sieht jedoch wohl auch Gefahren, gerade bei einer verpflichtenden Meldung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln. Es dürfe nicht passieren, dass – gerade durch Meldepflichten – erst ein „Run“ auf die knappen Arzneimittel stattfinde, warnte Riebsamen.
Leuchtturm Niedersachsen
Geradezu als Meilenstein, um die Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit in deutschen Krankenhäusern wirksam zu fördern, bewertete Dörje das novellierte niedersächsische Krankenhausgesetz. Es ist Folge des Pflegeskandals um Niels H. und sieht ab 1. Januar 2022 in niedersächsischen Krankenhäusern flächendeckend Stationsapotheker vor. Dass dies in Niedersachsen nun Realität wird, verdanken die künftigen Patienten nicht zuletzt dem außerordentlichen Engagement der Apothekerkammer Niedersachsen, allen voran deren Präsidentin Magdalene Linz. Diese Leuchtturmfunktion von Magdalene Linz honorierte die ADKA: Sie ehrte die Noch-Kammerpräsidentin mit der diesjährigen ADKA-Ehrennadel. In der Laudatio anerkannte Frank Dörje: „Selbstbewusst, kämpferisch, mit diplomatischem und politischem Geschick hat sich Magdalene Linz stets für das Patientenwohl und die Fortsetzung des apothekerlichen Heilberufes eingesetzt“. „Einmischen, Partei ergreifen und erfolgreich sein“, das sei eine Lebensphilosophie, die Magdalene Linz par excellence vorlebe. Dass die Ehrennadel mehr als verdient ist, verriet der tosende Beifall der Apotheker im Auditorium. Dörje zeigte Entschlossenheit: „Wir werden nicht müde werden, uns für die Verankerung von Stationsapothekern als wirksame AMTS-Maßnahme in Ländergesetzen und auch in bundeseinheitlichen Normen einzusetzen“, so der ADKA-Präsident.
Magdalene Linz plädiert für Interprofessionalität
„Es ist für mich ein sehr bewegender Moment, eine Ehrennadel für etwas zu erhalten, das für mich selbstverständlich war“, freute sich Magdalene Linz. Für Magdalene Linz ist das Entscheidende, „im Schulterschluss und gemeinsam mit Ärzten, die Patientensicherheit voranzubringen“, erklärte sie in ihrer Dankesrede. „Ich glaube, dass Krankenhausapotheker immer schon Vorreiter waren und Wegbereiter für neue Projekte, die irgendwann dann auch in den ambulanten Bereich überschwappen“.
Bei der interprofessionellen Zusammenarbeit trifft Linz bei der ADKA auf offene Ohren. Das Motto des diesjährigen ADKA-Kongresses „Der Medikationsprozess im Krankenhaus – eine runde Sache“ stellt das 2018 von den Krankenhausapothekern ambitioniert gesteckte Ziel – „Closed Loop Medication Management“ – in den Mittelpunkt. Dieses strategische Ziel beinhaltet unter anderem den regelhaften Einsatz von Stationsapothekern im Medikationsmanagement, das rückt laut Dörje nun in „spürbare Nähe“.
AMTS: Vieles wird getan, vieles fehlt noch
Ein systematischer, validierter und geschlossener Medikationsprozess beinhalte jedoch auch die Elemente elektronische Verordnung, patientenindividuelle Arzneimittellogistik und natürlich die korrekte Applikation und elektronische Dokumentation der am Patienten angewandten Arzneimittel. Als positive politische Entwicklung bezeichnet Dörje die jüngst erfolgte Verankerung der AMTS im Qualitätsbericht der Krankenhäuser. Dies hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Dezember 2018 beschlossen. AMTS werde zweifellos auch durch Aktionspläne seitens des Bundesgesundheitsministeriums gefördert, so Dörje. Doch: „Haben wir in Deutschland bereits genügend getan, um die Arzneimitteltherapiesicherheit in deutschen Krankenhäusern, 19 Jahre nach dem US-amerikanischen Meilensteinbericht ‚To err ist human‘, auf hohem Niveau systematisch zu gewährleisten? Wir meinen: Wir können und müssen mehr tun“, ist der ADKA-Präsident überzeugt.
Erfolgsfaktor Mensch
Ein wesentlicher Punkt hin zum erfolgreichen geschlossenen Medikationsmanagement bleibe der Mensch. Bereits bei seinem Amtsantritt als ADKA-Präsident im Mai 2018 erklärte Dörje, der interprofessionellen Zusammenarbeit im besonderen Maß sein Engagement widmen zu wollen. Er ließ den Worten Taten folgen, und schon im Herbst des vergangenen Jahres stellte er gemeinsam mit dem Präsidenten der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Professor Wolf-Dieter Ludwig, die erste gemeinsame Fortbildung von ADKA und AkdÄ auf die Beine. Auch beim wissenschaftlichen Kongress der Krankenhausapotheker betont Dörje erneut: „Eine bestmögliche interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Arzt, Apotheker und Pflegekraft ist erforderlich und schafft den bestmöglichen Nutzen für den Patienten“. Er sieht eindeutig „das multiprofessionelle Behandlungsteam als Erfolgsfaktor“. |
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