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Rezeptur
So gelingt die Hydrophile Erythromycin-Creme NRF 11.77.
Anreibung – pH-Korrektur – Rührsystem – Ausstreichtest
Als Makrolidantibiotikum hemmt Erythromycin die bakterielle Protein-Biosynthese. Der Wirkstoff wird hauptsächlich als Lokaltherapeutikum für die Aknebehandlung rezeptiert. Darüber hinaus werden Erythromycin-Zubereitungen bei superinfizierten Ekzemen und aufgrund antientzündlicher Effekte versuchsweise bei Rosazea eingesetzt. Als mikronisierte Rezeptursubstanz neigt Erythromycin zu starker Agglomerat-Bildung und ist mit vielen gängigen Rezepturgrundlagen vergleichsweise schlecht benetzbar. Zudem schwankt die Rohstoffqualität mitunter erheblich. Um Agglomerate in der fertigen Zubereitung zu vermeiden, ist es daher essenziell, den Wirkstoff gut anzureiben.
Herausforderung: Das Anreiben
Bereits die Wahl eines geeigneten Anreibemittels ist von entscheidender Bedeutung für die spätere Rezepturqualität. Löst sich beispielsweise während des Anreibens ein beträchtlicher Teil des Erythromycins, so besteht die Gefahr von Rekristallisationserscheinungen. Dies gilt beispielsweise für Ethanol. Die polarisationsmikroskopische Aufnahme einer 1%igen Erythromycin-Creme (in Basiscreme DAC), bei deren Herstellung Ethanol als Anreibemittel eingesetzt wurde, zeigt deutliche Nadeln, die bis zu 140 μm lang sein können (Abb. 1, links). Die Größe der Ausgangspartikel lag zwischen 10 und 30 μm. Als Anreibemittel für Erythromycin ebenfalls ungeeignet ist das sonst für diesen Zweck gern eingesetzte Propylenglycol. Wie Abbildung 1 Mitte zeigt, sind zwar noch Kristalle in ihrer Ausgangsform zu erkennen, es haben sich aber bereits einige Nadeln gebildet, wobei davon auszugehen ist, dass sich bei längerer Lagerung noch mehr und noch größere Kristalle entwickeln (Abb. 1). Die trotz einer geringeren Löslichkeit von Erythromycin schlechtere Eignung von Propylenglycol gegenüber mittelkettigen Triglyceriden, liegt möglicherweise darin begründet, dass Basiscreme DAC selbst einen höheren Anteil Propylenglycol (10%) als mittelkettige Triglyceride (7,5%) enthält. Letztere sind – im Gegensatz zu den bereits genannten Beispielen – als Anreibemittel gut geeignet. Wie in Abbildung 1 rechts erkennbar, sind die Erythromycin-Kristalle nicht nadelförmig gewachsen, sondern liegen auch nach zwei Wochen noch in ihrer ursprünglichen regelmäßigen Partikelform vor. Dementsprechend verwendet auch das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) für Hydrophile Erythromycin-Creme NRF 11.77. mittelkettige Triglyceride als Anreibemittel. Zugleich wird in der Monographie darauf hingewiesen, dass deren vorgegebene Menge exakt eingehalten werden muss, da sich andernfalls – insbesondere bei höheren Wirkstoffkonzentrationen – Klumpen bilden.
Herausforderung: Die pH-Wert-Korrektur
Im sauren, neutralen und stark basischen Milieu ist Erythromycin instabil. Bei pH-Werten unter 7 sinkt der Wirkstoffgehalt von Erythromycin-Zubereitungen innerhalb von 24 Stunden um 14%, bei pH-Werten unter 6 zersetzt sich der Wirkstoff innerhalb weniger Stunden komplett. Der optimale pH-Wert für Erythromycin bezüglich Wirksamkeit und Stabilität liegt bei pH 8 bis 8,5. In gelöster Form reagiert Erythromycin selbst deutlich basisch und kann in ungepufferten Zubereitungen pH-Werte bis 10,5 oder mehr erreichen, weshalb der pH-Wert in den meisten Fällen durch Zugabe von Citronensäure gesenkt werden muss. Abbildung 2 zeigt die für eine adäquate pH-Korrektur erforderlichen Citronensäure-Mengen zu einigen Erythromycin-Standardrezepturen (Ziegler Rezepturbibliothek® [ZRB] und NRF), die laboranalytisch geprüft und nachgewiesenermaßen acht bzw. zwölf Wochen chemisch und galenisch stabil sind. Wie die tabellierten Werte zeigen, gibt es Grundlagen, die gar keiner pH-Korrektur bedürfen (ZRB D06-24) und trotzdem eine ausreichende Stabilität gewährleisten, während andere Vehikelsysteme einen Citronensäure-Zusatz erfordern, der sich bei gleicher Erythromycin-Konzentration um das bis zu 20-Fache unterscheiden kann (vgl. Erythromycin 4% in Aknichthol Creme [ZRB D06-10] vs. Hydrophiles Erythromycin-Gel 4% [ZRB D06-28]).
Zudem zeigen die Beispiele, dass nicht zwangsläufig ein linearer Zusammenhang zwischen Wirkstoffkonzentration und zuzusetzender Menge des pH-Korrigens besteht. So erfordert eine Verdopplung des Wirkstoffgehalts in Hydrophiler Erythromycin-Creme NRF 11.77. zur Aufrechterhaltung eines angemessenen pH-Werts lediglich eine Erhöhung der Citronensäure-Menge um das 1,5- bzw. 1,17-Fache. Die Tatsache, dass speziell bei dieser Zubereitung vergleichsweise geringe und nicht proportional zur Erythromycin-Konzentration steigende Citronensäure-Mengen für die pH-Wert-Regulation erforderlich sind, deuten auf einen suspendierten oder in anderer Form gebundenen Erythromycin-Anteil hin. Nicht zuletzt deshalb ist die vorgeschriebene Citronensäure-Menge möglichst exakt einzuhalten. Des Weiteren sollte die Citronensäure vorsichtshalber nicht unmittelbar zusammen mit dem Wirkstoff verarbeitet, sondern erst am Ende der Herstellung zugegeben werden, um eine eventuelle Erythromycin-Zersetzung in vorübergehend saurem Milieu zu vermeiden.
Erythromycin im Bayerischen Rezepturtest
Im vergangenen Jahr beschlossen die Delegierten der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK), die Rezepturqualität flächendeckend zu überprüfen, und wählten dafür die Hydrophile Erythromycin-Creme NRF 11.77. aus. Ab April 2019 sollen nun die ersten Apotheken aufgefordert werden, diese Rezeptur beim Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) einzureichen. Erfüllt die Rezeptur die Anforderungen hinsichtlich Wirkstoffgehalt und -verteilung, erhält die Apotheke ein Zertifikat des ZL und die Kammer eine Bestätigung, dass der Rezepturtest bestanden wurde. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Apotheker Verlag entwickelte Fagron eine Arbeitshilfe (siehe Kasten "Neue Arbeitshilfe zur Qualitätssicherung"), die für die Kollegen aus Bayern besonders hilfreich ist!
Herausforderung: Automatisches Rührsystem
Bei der Verarbeitung von Erythromycin in automatischen Rührsystemen liefern die üblichen Standardprozesse oft keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Das NRF empfiehlt deshalb, Erythromycin in automatischen Rührsystemen nur nach geprüften und standardisierten Anweisungen zu verarbeiten, vorausgesetzt, diese führen nachweislich zu vergleichbaren Ergebnissen wie die Herstellung in der Fantaschale. Für die Hydrophile Erythromycin-Creme NRF 11.77. liegen solche Herstellvorschriften gerätespezifisch vor. Aufgrund der starken Tendenz des Wirkstoffs zur Agglomeratbildung sehen auch diese Anweisungen einen initialen Anreibeschritt (in der Fantaschale oder direkt im automatischen Rührsystem) bzw. zwei separate Homogenisierungsschritte vor. Die Rührparameter unterscheiden sich hierbei je nach verwendetem Rührgerät und gegebenenfalls der Ansatzmenge. Diesbezüglich lohnt sich ein Blick in die Rezepturhandbücher der Gerätehersteller oder auf die neue Arbeitshilfe von Fagron und Deutschem Apotheker Verlag (s. Kasten).
Neue Arbeitshilfe zur Qualitätssicherung
Um den Herausforderungen bei der Herstellung von Hydrophiler Erythromycin-Creme NRF 11.77. wirkungsvoll zu begegnen, entwickelte Fagron in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Apotheker Verlag eine Arbeitshilfe, in der die Herstellung von Hydrophiler Erythromycin-Creme NRF 11.77. Schritt für Schritt anhand einer bebilderten Herstellungsanweisung erläutert wird. Der Leporello wird in der Kalenderwoche 17 (ab 23. April 2019) kostenfrei an alle deutschen Apotheken kostenfrei versandt wird. Er kommt mit einer Werbeaussendung des Deutschen Apotheker Verlags in die Apotheke. Achten Sie darauf, damit Sie ihn nicht verpassen!
Der Leporello ist dank einer Speziallackierung abwaschbar und desinfizierbar. Auf ihm wird auf einer Seite die Herstellung in der Fantaschale in einzelnen Arbeitsschritten beschrieben und auf der anderen Seite die Herstellung im automatischen Rührsystem. Er kann in der Rezeptur aufgehängt werden und erklärt jeden einzelnen Arbeitsschritt ausführlich anhand eigens dafür aufgenommener Fotos. Nützliche Tipps und Cave-Hinweise komplettieren das hilfreiche Rezeptur-Tool.
Ausstreichtest als Inprozess- und Qualitätskontrolle
Aufgrund der starken Neigung zur Agglomerat-Bildung sollte neben einer bloßen Sichtkontrolle die Agglomerat-Freiheit zusätzlich durch das Ausstreichen einer kleinen Menge zwischen zwei Objektträgern überprüft werden. Betrachtet man die ausgestrichene Probe vor einem dunklen Hintergrund, so sind Agglomerate sehr gut zu erkennen – selbst wenn die Zubereitung in der Fantaschale möglicherweise schon gut aussah. Abbildung 3 zeigt unten rechts den Ausstreichtest einer Zubereitung aus Erythromycin und Basiscreme DAC zu einem Zeitpunkt, an dem in der Fantaschale kaum noch Klumpen zu erkennen waren. In diesem Fall muss weiter verrieben werden, bis die Zubereitung auch im Ausstreichtest homogen ist (s. Abb. 3 oben links). |
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