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Joint Ventures
„Mehrere Lösungen sind kein Nachteil“
Interview mit Noweda-Chef Dr. Michael P. Kuck zum „Zukunftspakt Apotheke“
DAZ: Was sind die Beweggründe für Apotheken, sich dem Zukunftspakt anzuschließen? Ist es die digitale Infrastruktur oder die Tatsache, dass es ein neues Kundenmagazin gibt als Alternative zur „Apotheken Umschau“?
Dr. Michael P. Kuck:lacht Wahrscheinlich wird Ihnen jeder etwas anderes sagen, wenn Sie jetzt eine Umfrage unter den teilnehmenden Apotheken durchführen. Ich glaube, das ist eine Mischung aus allen Aspekten.
DAZ: Erhalten Sie denn ganz konkrete Rückmeldungen?
Kuck: Wir haben eine Menge Zuschriften bekommen. Im Zusammenhang mit dem neuen Kundenmagazin ist es in manchen Fällen vielleicht tatsächlich die Konkurrenz zur „Apotheken Umschau“. In anderen Fällen spielt der günstigere Preis eine Rolle.
DAZ: Aber das wird ja sicher nicht das einzige Argument sein. Immerhin gab es ja z. B. mit der „Neuen Apotheken Illustrierten“ schon davor Alternativen zur „Apotheken Umschau“. Dem Platzhirsch hätte man also schon Jahrzehnte zuvor Konkurrenz machen können …
Kuck: Richtig. Unsere neue Kundenzeitschrift ist bekanntlich Teil des Gesamtkonzepts „Zukunftspakt Apotheke“. Es geht also um mehr. Es geht darum, dass man sich zusammenschließt, um gemeinsam etwas zu bewegen, was man alleine nicht erreichen kann.
DAZ: Das ist ja der Sinn einer Genossenschaft, einer Standesvertretung, u. s. w.
Kuck: Genau. Geboren ist das alles aus der Erkenntnis, dass man den fremdbesitzgesteuerten und mittlerweile großen ausländischen Versendern als Einzel-Apotheke und sogar als Apotheken-Gruppe nur schwer etwas entgegensetzen kann. Der eine Teil unseres Angebots besteht also darin, an einer Online-Plattform teilzunehmen und damit dem Kunden den Zugang zur Apotheke über das Internet anbieten zu können. Das ist nichts Neues, das bieten mittlerweile viele an. Der andere und in meinen Augen noch viel wichtigere Teil unseres Konzepts ist es, Reichweite zu schaffen. Was nützt die schönste Website, wenn sie niemand besucht? Deshalb sind wir ja mit Hubert Burda Media auf einen Partner gestoßen, der weiß, wie Reichweite geht und der zudem als Werbepartner der Industrie auch ein erhebliches Interesse am Erhalt der Strukturen vor Ort hat.
DAZ: Und wie kamen Sie dann auf den Begriff „Zukunftspakt Apotheke“?
Kuck: Wenn man sich zusammentut, sucht man natürlich nach einem griffigen Namen für das Projekt. Zukunftspakt als Begriff soll Zusammenhalt signalisieren und die Bereitschaft, zukünftige Entwicklungen gemeinsam im eigenen Sinne zu gestalten. Dass es sich um einen Pakt handelt, soll zudem zeigen, dass unser Konzept für weitere Partner offen ist. Vielleicht kommen irgendwann pharmazeutische Hersteller oder Beratungsunternehmen dazu, die besonders apothekenaffin sind und die Vor-Ort-Apotheken unterstützen möchten. Der Zukunftspakt ist also eine Art Mantel, unter dem sich alle versammeln dürfen, denen an der inhabergeführten Apotheke viel liegt. Das Konzept ist also nicht abgeschlossen. Es gibt noch viele Möglichkeiten.
DAZ: Aber der erste Schritt ist anscheinend getan.
Kuck: Stand heute besteht der „Zukunftspakt Apotheke“ aus einer Firma, die weiß, wie Apotheke und pharmazeutische Logistik funktioniert, und einer Firma, die weiß, wie Reichweite funktioniert. Unterstützt wird der Zukunftspakt zudem durch apotheken.de, dem Online-Angebot der DAN Netzwerk Deutscher Apotheker GmbH. Diese Kooperation freut uns ganz besonders, weil die langjährige bewährte Technik von apotheken.de es den Teilnehmern des Zukunftspakts leicht macht, ihre Accounts zu verwalten und mit den Patienten und Kunden zu kommunizieren.
DAZ: Wenn es also um „Multi Channel“ und möglichst viele Partner geht, dann fragt man sich, warum es bisher nur Noweda und Hubert Burda Media sind, auch wenn es inzwischen die Kooperation mit apotheken.de gibt. Der Konkurrenzpakt um Sanacorp, Gehe, Noventi, Rowa und Wort & Bild ist da ja etwas facettenreicher. Herrscht hier schon eine Art Wettbewerb zwischen den Initiativen?
Nein, als wir damit angefangen haben, wussten wir nichts von der anderen Initiative. Uns ist dagegen immer klarer geworden: Es muss etwas passieren. Die Arzneimittelversender wachsen zweistellig und ein Ende ist nicht absehbar. Wir haben daraufhin mit Plattformen für unsere Eigenmarken experimentiert und uns angeschaut, wie so etwas genau funktioniert, wie die „Customer Journeys“ sind u. s. w. Daraus ergab sich der Kontakt zu Hubert Burda Media. Wir haben uns dann gemeinsam hingesetzt und gefragt, was die Menschen genau brauchen. Heraus kam, dass wir sie sowohl auf dem einen – analogen – Weg als auch auf dem anderen – digitalen – Weg erreichen müssen.
Zukunftspakt Apotheke
Wann gegründet?
September 2018
Wer steckt dahinter?
Noweda und Hubert Burda Media. Eine eigens gegründetes Joint Venture bringt das Kundenmagazin sowie die Gesundheitsplattform „MyLife“ heraus, die Bestellplattform IhreApotheken.de ist zu 100 Prozent im Besitz der Noweda
Was wird geboten?
die digitale Bestellplattform „IhreApotheke.de“ und das Apothekenkundenmagazin sowie die Gesundheitsplattform „Mylife“
Wie ist der Zeitplan?
Start der beiden Angebote war am 1. April, anmelden konnte man sich seit der Expopharm 2018.
Wie viele Apotheken nehmen teil?
mehr als 6000 (Stand: April 2019)
Welche Kosten ergeben sich?
Das Angebot ist im ersten Jahr für Noweda-Mitglieder gratis (Bestellplattform und Paket von 150 Heften). Ab 2020 zahlen Noweda-Mitglieder dann 99 Euro pro Monat.
Das Angebot steht jedoch allen Vor-Ort-Apotheken offen. Wer kein Noweda-Mitglied ist, muss 150 Euro monatlich bezahlen.
Mitglieder von apotheken.de können Ihreapotheken.de bis Ende des Jahres kostenlos nutzen. Für Bestellungen über die Plattform wird eine Transaktionsgebühr von fünf Cent pro nicht rezeptpflichtigem Arzneimittel fällig, bzw. 20 Cent pro eingelöstem Rezept.
Auf Ihreapotheken.de gibt es maximal 25 „Indikatorartikel“ – das sind apothekenübliche, nicht rezeptpflichtige Produkte, für die die Noweda Höchstpreise vorgibt und die bundesweit beworben werden. Laut Noweda werden apothekenpflichtige Produkte um maximal zehn Prozent rabattiert. Es soll aber sichergestellt werden, dass den teilnehmenden Apotheken kein Nachteil entsteht, beispielsweise durch günstige Einkaufskonditionen für die Apotheken.
DAZ: Und bei diesen Gesprächen kam nicht mal die Idee: Wir fragen mal den anderen genossenschaftlichen Großhändler oder das Apothekereigene Unternehmen Noventi?
Kuck: Es ist ja nicht ausgeschlossen. Mir wurde in persönlichen Gesprächen zum Teil vorgeworfen, dass sich doch alle wichtigen Unternehmen zusammentun müssten. Da ist natürlich was dran. Aber diese Vorwürfe können nur von Leuten kommen, die noch nie an der Entwicklung solcher Projekte beteiligt waren. Ein derart komplexes Konzept zu entwickeln, wo fünf, sechs oder sieben Firmen gleichberechtigt beteiligt sind, ist nicht trivial.
DAZ: Vor allem Firmen, die direkte Konkurrenten darstellen …
Kuck: Noventi bietet eine eigene App an, Wort & Bild hat Curacado gekauft, Sanacorp setzt mit Meadirekt auf Google My Business. Ich kann mir gut vorstellen, dass es alles andere als einfach ist, das alles unter einen Hut zu bringen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass solch ein gemeinsames Projekt enorm zeitintensiv ist. Und dabei waren es beim „Zukunftspakt Apotheke“ nur die internen Abstimmungen und die bisher eine Schnittstelle zu Hubert Burda Media.
DAZ: Ist denn ausgeschlossen, dass Sie in nächster Zeit mit anderen Partnern sprechen?
Kuck: Überhaupt nicht. Wir sprechen mit sehr vielen potenziellen Partnern. Nicht zuletzt, weil wir die technischen Voraussetzungen geschaffen haben, dass mit unserer Plattform Apps weiterer Anbieter kommunizieren können.
DAZ: Stellen die Krankenkassen auch potenzielle Partner dar?
Kuck: Mit den Kassen gab es auch schon Kontakte. Doch dabei sind wir eher vorsichtig, weil die Krankenkassen bei solchen Projekten eine ganz andere Herangehensweise und Ausrichtung haben. Außerdem sind deren Eigeninteressen nicht unbedingt deckungsgleich mit denen der Vor-Ort-Apotheken. Aber zumindest ist es nicht ausgeschlossen, dass man die Technik auch an die Kassen anbindet.
DAZ: Ist denn die Schaffung einer Plattform eine Idealvorstellung, die sich gar nicht realisieren lässt?
Kuck: Aus Sicht der Apotheken sind mehrere Online-Lösungen ja gar kein Nachteil. Man stelle sich mal vor, dass es im Endeffekt zwei etablierte Plattformen gibt, die in der Lage sind, Bestellungen für die Vor-Ort-Apotheken zu generieren. Das wäre doch wunderbar. Insofern ist es egal, von wem oder wo die Infrastruktur dafür herkommt. Am Markt ist ja auch Platz für mehr als einen Arzneimittelversender.
DAZ: Herr Dr. Kuck, vielen Dank für das Gespräch. |
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