Gesundheitspolitik

Kommentar: Die wackeligen zehn Prozent

Kommentar von Armin Edalat

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat angekündigt, die Arzneimittelpreisbindung für 90 Prozent der Patienten in Deutschland festschreiben zu wollen. Dazu hat er eine Sozialrechtsregelung erschaffen, die er geschwind noch von der EU-Kommission abnicken lässt, um auch die letzten Kritiker von seinem Vorhaben überzeugen zu können. Die fehlenden zehn Prozent in seinem Plan, also die Privatversicherten und Selbstzahler, überlässt er dabei offenbar sich selbst oder den Kräften des freien Marktes. Irgendwie scheint er darauf zu vertrauen, dass Arzneimittelversender wie DocMorris bei PKV-Rezepten seriös und ehrlich vorgehen und genau das quittieren, was auch mit den Versicherten ab­gerechnet wurde. Denkste! Mit den Boni auf PKV-Rezepten wird sich der Bundesgerichtshof beschäftigen müssen (S. 3) und von dieser Entscheidung wird abhängen, ob der 100-Prozent-Mann Spahn nicht doch etwas zu viel Vertrauen in die Versender hat. Das Oberlandesgericht Naumburg hatte entschieden, dass DocMorris keine Unterlagen ausstellen darf, die zur Vorlage bei einer PKV geeignet sind und zugleich gewährte Boni verschweigen. Vor einem Jahr entschied das Oberlandesgericht Stuttgart dagegen im Fall der Europa Apotheek, dass ein „Sofort-Bonus“ zulässig sei, wenn er einem Kundenkonto gutgeschrieben wird und bei späteren Einkäufen eingelöst werden kann. Die Kunden müssten diese Art eines Bonus auch keiner PKV melden. Ein unbegreiflicher Richterspruch, der zeigt, auf was für einem ­wackeligen Fundament die zehn Prozent stehen und dass es zu weiteren Angriffen gegen das Konstrukt kommen wird.

Dr. Armin Edalat, Chefredaktion der AZ

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