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Management
Fehlzeiten vermeiden
Wie sich Widerstandskräfte erhöhen und Krankenstände senken lassen
Ende 2018 schockten alarmierende Zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Nach dem Bericht „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ des Bundesarbeitsministeriums gibt es Rekord-Ausfälle wegen Depressionen und Burn-out. 2017 haben Arbeitnehmer in Deutschland krankheitsbedingt 668 Millionen Arbeitstage gefehlt. Dabei nehmen insbesondere die psychischen Leiden durch den Job immer mehr zu. Die meisten Arbeitsunfälle und berufsbedingten Erkrankungen gibt es im Baugewerbe und in der Landwirtschaft, also in Berufen mit hoher körperlicher Beanspruchung, weniger in Apotheken. Trotzdem lohnt sich für den Apothekenleiter die Überlegung, was er tun kann, um die Widerstandskräfte bei sich und den Mitarbeitern zu stärken und damit hohe Fehl- und Krankenstände zu vermeiden.
Optimale Rahmenbedingungen schaffen
Grundlage für eine gesundheitsorientierte Führung ist die Wertschätzung der Angestellten und ihrer Arbeit. „Was ist das für ein Mensch, der da jeden Morgen meine Apotheke betritt? Wie kann ich ihn dabei unterstützen, dass er das, was er tut, mit Freude macht und in seiner Tätigkeit einen Sinn erkennt?“ Wertschätzende Chefs betrachten ihre Mitarbeiter nicht als Erfüllungsgehilfen, sie wollen offensiv etwas für ihre Gesunderhaltung tun.
Wer zu dieser Wertschätzung fähig ist, wird sich motiviert fühlen, die Arbeits- und Rahmenbedingungen so gesundheitsfördernd wie möglich zu gestalten. Arbeit darf niemals zu Krankheiten führen, Stressfaktoren müssen reduziert, Burn-out-Maßnahmen präventiv ergriffen werden. Konkret: Der Apothekenleiter erlaubt den Mitarbeitern, wo immer dies möglich ist, am Arbeitsplatz auf ihren individuellen (Arbeits-)Rhythmus und ihre persönlichen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.
Er räumt seinen Mitarbeitern so viele Stolpersteine wie möglich aus dem Weg und betreibt zum Beispiel ein offensives Konfliktmanagement, damit sie sich auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren können: den bestmöglichen Beitrag zur Erreichung der Apothekenziele zu leisten. Damit schlägt der Chef zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Mitarbeiter kommen mit ihren jeweiligen kritischen Stresssituationen besser zurecht und sind darum weniger krank. Und er zeigt seinen Mitarbeitern auf, wie sehr er sie wertschätzt – was immer noch die beste Prophylaxe gegen hohe Fehlzeiten und Krankenstände ist.
„Die Seele hat keinen Turbogang“.
Dr. Michael Schonnebeck
Mit Drucksituationen umgehen lernen
Wer die Ursachen kennt, die zu belastenden Drucksituationen und einem Gefühl der Ohnmacht führen, kann frühzeitig einschreiten. Darum sollte der Apothekenleiter darüber nachdenken,
- welche präventiven Maßnahmen helfen, dass es gar nicht erst zu Erschöpfungszuständen kommt,
- wie er die psychische und physische Stärke, die es Menschen ermöglicht, schmerzhafte Widrigkeiten aller Art zu meistern, erhöhen kann, und
- welche Veränderungen er durchführen will, damit Leistungsfähigkeit und Leistungsmotivation wieder ansteigen.
Notwendig zur Problemlösung ist ein Bündel an Interventionen. Dabei sollte der Apothekenleiter stets die Individualität des Betroffenen berücksichtigen. 08/15-Lösungen helfen selten weiter. Denn: „Die Seele hat keinen Turbogang“, sagt der Psychosomatik-Facharzt Dr. Michael Schonnebeck aus Köln, Leiter einer Psychosomatischen Tagesklinik. Der Mensch benötigt Phasen der Entspannung und des Innehaltens, in denen er den leeren Akku auftanken kann. Dabei muss jeder Mensch „seinen“ eigenen Weg finden.
Mit Arbeitszeitmanagement Stress vorbeugen
Das Multitasking gehört zu den Ursachen für die hohen Fehlzeiten. Das Apothekenteam überlegt darum, wie sich durch ein intelligentes Arbeitszeitmanagement Doppelbelastungen – und damit Stress – minimieren lassen. Mit einer genauen Zuteilung bezüglich der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten (Wer macht was wann und wie?) und der detaillierten Planung, wer für wen einspringt, wenn ein Arbeitsprozess einmal länger dauert als geplant, gelingt es meistens, die gröbsten Auswüchse zu verhindern.
Wichtig ist, daneben eine „Kultur der gegenseitigen Unterstützung“ zu etablieren. Was heißt das? Es liegt in der Verantwortung des Apothekenleiters, mit den Mitarbeitern in der Teamsitzung zu diskutieren, wie man sich gegenseitig helfen kann, wenn ein Kollege offensichtlich von einem Aufgabenberg erdrückt zu werden droht.
Mehr Kontroll- und Einflussmöglichkeiten
Es ist nicht immer die zeitliche Überbelastung, die zu Stress und damit zu hohen Kranken- und Fehlzeiten führt. Menschen, die hohen Arbeitsanforderungen ausgesetzt sind, unterscheiden sich gesundheitlich oft nicht von Kollegen, die nur wenige Anforderungen meistern müssen. Entscheidend sind dagegen eher die Kontroll- und Einflussmöglichkeiten bezüglich der eigenen Tätigkeit und die soziale Unterstützung von Kollegen. Wer selbstbestimmt arbeiten und Entscheidungen eigeninitiativ treffen kann und dabei Unterstützung erfährt, kommt mit Druck und Stress oft besser zurecht. Um Tätigkeiten positiv zu bewerten, benötigen Menschen ein gewisses Ausmaß an Autonomie. Dann können und dürfen sie sich als bedeutsam und wichtig erleben. Diese Autonomie sollte der Apothekenleiter den Mitarbeitern zugestehen.
Führungsstil beeinflusst Wohlbefinden
Klar ist: Mit seinem Führungsstil nimmt der Apothekenleiter unmittelbar Einfluss auf den Krankenstand. Mitarbeiter, die von ihrer Führungskraft Anerkennung erfahren und häufig eine Rückmeldung zur Qualität ihrer Arbeit erhalten, identifizieren sich eher mit den Apothekenzielen und erleiden weniger gesundheitliche Beschwerden.
Dabei ist zu beachten: Zuweilen können Vorgesetzte ihren Mitarbeitern deswegen nicht helfen, weil sie selbst unter Stress stehen. Daher liegt die Schlussfolgerung nahe, dass sie die Prinzipien der gesundheitsfördernden Führung zuallererst auf den Umgang mit sich selbst beziehen sollten.
In diesem Zusammenhang spielt das Selbstmanagement eine Rolle: Der Apothekenleiter fragt sich, in welchen konkreten Bereichen er etwas für seine Gesundheit und sein Wohlbefinden tun kann. Zugleich überlegt er, ob sich diese Maßnahmen nicht auch für die Mitarbeiter nutzen lassen. Ein Beispiel: Er gelangt zu dem Ergebnis, dass es für ihn unerlässlich ist, in belastenden Stresssituationen einen kurzen Entspannungsspaziergang einzulegen. Das hilft ihm und stärkt seine Widerstandskräfte enorm. Warum sollte es nicht möglich sein, dies – oder eine andere Entspannungsmaßnahme – auch den Mitarbeitern zuzugestehen?
Zu guter Letzt noch der folgende Tipp, der freilich oft schwer umsetzbar ist: Man sollte nie „Arbeit mit nach Hause schleppen“, auch nicht auf der mentalen Ebene. Wenn man die Apotheke verlässt, sollte man mit der Arbeit abgeschlossen haben und nicht gezwungen sein, sich mit ihr zu Hause weiterhin zu beschäftigen. |
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