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Management

Die ersten 100 Tage

Der erfolgreiche Start als neue Führungskraft

Sie haben es geschafft! Sie sind gerade Chefin bzw. Chef einer (eigenen) Apotheke geworden oder werden es bald sein. Die fachliche Qualifikation bringen Sie selbstverständlich mit, doch ab sofort stehen Sie vor neuen Herausforderungen – im sachlichen und persönlichen Bereich. Dabei sind die ersten 100 Tage besonders wichtig, denn in dieser Zeit positionieren Sie sich als Führungskraft – unabhängig davon, ob Ihnen die Mitarbeiter bereits bekannt sind oder nicht.

Die Übernahme der Leitungsfunktion in einer Apotheke vollzieht sich unter recht unterschiedlichen Rahmenbedingungen:

  • Sie übernehmen die Apotheke eines Familienmitglieds.
  • Sie kaufen eine Apotheke.
  • Sie werden als Filialleiter an­gestellt.

In allen drei Fällen gelten für die ersten 100 Tage zwei übergreifende Aspekte, die Sie sich bewusst machen sollten.

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Gemeinsam bauen Eine Führungsposition zu übernehmen kann beflügeln, man will vieles ändern, dem eigenen Stil anpassen. Dabei wird leicht übersehen, dass gewachsene Arbeits- und Team-Strukturen übernommen werden. Das Phasenmodell hilft, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Dinge zu tun, damit das filigrane Gebilde nicht einstürzt.

1. Der Führungswechsel beginnt schon vor dem ersten Tag

Auch wenn für eine neue Führungskraft die eigentliche Positions­über­nahme mit dem ersten Arbeitstag startet, hat der Wechsel aus Sicht der Mitarbeiter schon deutlich vorher begonnen. Spätestens seit seiner offiziellen Bekanntgabe spekulieren sie darüber, wie die/der Neue wohl „tickt“, was die neue Leitung anders oder möglicher­weise besser macht und welche Bedeutung der Wechsel ganz generell für sie haben wird. Hoffnungen auf einen positiven Wandel mischen sich mit Verunsicherungen, ins­besondere dann, wenn im Zuge des Führungswechsels weitere Veränderungen geplant sind.

Wichtig

Sie sollten in Erfahrung bringen, wie und mit welcher Begründung das Team über den Führungswechsel informiert wurde.

Sind Sie dem Team unbekannt, werden Sie wahrscheinlich gegoogelt. Nur gut, wenn dann auf Facebook, Instagram etc. nur zeigenswerte Einträge zu finden sind.

2. Die Übernahme der Führungsfunktion erfordert Zeit

Naturgemäß strotzen Sie vor Tatendrang und dem Wunsch, Dinge zu bewegen. Doch bei aller Schubkraft, die die neue Position mit sich bringt:

Wichtig

Geben Sie sich und Ihrem Team in der Anfangsphase Zeit und vermeiden Sie Aktionismus.

Sie übernehmen ein aufeinander eingespieltes Team. Mit ihm wollen und müssen Sie erfolgreich zusammenarbeiten – und das in einer guten Atmosphäre. Doch erfahrungsgemäß dauert es rund ein Vierteljahr, bis sie sich aufeinander eingespielt haben. Dennoch ist es der häufigste taktische Fehler von neuen Führungskräften, dass sie bislang Praktiziertes und Bewährtes vorschnell infrage stellen und Veränderungen zu früh angehen, ohne die Mitarbeiter im Vorfeld „ins Boot“ zu holen. Damit könnten Sie recht bald auf erheb­liche Widerstände stoßen.

Was – wann: Das richtige Timing

Der erfolgreiche Start in eine Führungsposition bedeutet vor allem, die richtigen Dinge zur richtigen Zeit zu tun. Die oberste Maxime lautet: Erst verstehen – dann handeln. Hilfreich ist das in der Abbildung gezeigte Phasenmodell, das auf dem Erfahrungshintergrund vieler Führungswechsel in unterschiedlichen Branchen basiert.

Grafik: Tromm/AZ-ekr
Phasenmodell für den Führungswechsel. Erläuterungen der einzelnen Phasen siehe Text.

Startphase: Die ersten zwei bis vier Wochen dienen Ihrer Orientierung und auch der Ihrer Mitarbeiter. Nutzen Sie diese Phase unbedingt, um die Erwartungen und Befindlichkeiten des Teams kennenzulernen. Gerade in dieser Zeit ist seine Bereitschaft groß, Gespräche zu führen und Fragen zu beantworten.

Führen Sie Einzelgespräche mit ­allen Mitarbeitern und lassen Sie sich aus deren jeweils individueller und subjektiver Sicht schildern,

  • was gut und was weniger gut in der Apotheke läuft,
  • ob, und wenn ja, welche Ver­besserungswünsche oder -vorschläge es gibt,
  • welche Erwartungen mit Ihrer Person verknüpft werden

und

  • auf welche Fragen noch Ant­worten fehlen.

Wichtig

In der Startphase ist die Beziehungsarbeit wichtiger als die Sacharbeit. Es gilt, dem Team gegenüber Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufzubauen.

Hören Sie gut zu, sammeln Sie gezielt alle Informationen, aber geben Sie noch keine Versprechen ab. Wünsche an Sie sind keine Arbeitsaufträge!

Entwicklungsphase: Nehmen Sie sich Zeit, die gesammelten Informationen, Erwartungen und Wünsche zu sichten und zu bewerten. Definieren Sie die Themen, bei denen es einen erkennbaren Handlungsbedarf gibt. Planen Sie nicht zu viele Dinge gleichzeitig, sondern legen Sie Prioritäten fest. Achten Sie dabei auf die Balance zwischen sachlicher Notwendigkeit und der notwendigen Stabilität. Abschließend prüfen Sie, ob die erforderlichen zeitlichen, persönlichen und finanziellen Ressourcen gegeben sind. Falls nicht, werden Sie die Planung nochmals revidieren.

Das Ergebnis ist eine sogenannte „Zielelandschaft“, die Sie gegenüber Ihrem Team unbedingt überzeugend kommunizieren sollten.

Umsetzungsphase: Kaum zu glauben, aber die ersten drei ­Monate liegen jetzt bereits hinter Ihnen und damit Ihre ersten 100 Tage. Sie haben diese Zeit gut genutzt, um sich ausreichend zu orientieren und das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter zu gewinnen. Nach dieser gründlichen Vor­arbeit können Sie nun in die dritte Phase starten und gemeinsam mit Ihrem Team die verabschiedeten Maßnahmen schrittweise umsetzen.

Wichtig

Lernen und trainieren Sie, Aufgaben gezielt zu delegieren. Nur so schaffen Sie sich den nötigen Freiraum für Ihre Führungsaufgaben.

Lesen Sie dazu vielleicht nochmals in AZ 2019, Nr. 16, S. 6 den Beitrag „Führen durch loslassen“.

Besonderheiten der Führungsübernahme

Wie eingangs gesagt, vollzieht sich die Übernahme der Führungsfunktion unter recht unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Dabei gibt es einige Besonderheiten:

  • Sie übernehmen die Apotheke eines Familienangehörigen

Auch wenn man sich privat bestens versteht, birgt ein Genera­tionenwechsel in der Leitung mögliche Konfliktpotenziale:

  • Es kann zu Unstimmigkeiten kommen, weil der Vorgänger seine „Werte“ bewahrt wissen will.
  • Technische, organisatorische oder räumliche Veränderungen können als Herabsetzung des bisher Geleisteten wahrgenommen werden.
  • Die Mitarbeiter kennen Sie bereits aus Kleinkindzeiten und einige sprechen Sie sogar mit Ihrem früheren Kosenamen an? Da gilt es, liebevoll, aber unmissverständlich neue Regeln des Umgangs miteinander zu vereinbaren.
  • Falls der Vorgänger weiterhin in der Apotheke tätig ist, müssen beide Beteiligte eine neue „Rolle“ lernen, denn für das Team muss eindeutig erkenn- und erlebbar sein, wer ab sofort das Sagen hat. Hier hilft eine klare Trennung der Aufgabenbereiche und Zuständigkeiten.
  • Sie haben vorher im Team mitgearbeitet

Das hat durchaus Vorteile: Sie kennen jeden Mitarbeiter samt seiner Stärken und Schwächen, Sie sind mit der Situation des Unternehmens und den Abläufen in der Apotheke vertraut und viele Kunden und Geschäftspartner sind Ihnen bereits bekannt.

Gleichzeitig kann der Aufstieg in die Chefposition eine Herausforderung darstellen, denn als Führungskraft gehören Sie zwar noch zum Team, aber nicht mehr zur Gruppe der Kollegen:

  • Insbesondere ältere Team­mitglieder tun sich manchmal schwer, den neuen (jungen) Apothekenleiter zu akzeptieren. Nutzen Sie ihre Erfahrungen und suchen Sie bewusst ihren Rat.
  • Das Team stellt vielleicht hohe Ansprüche an Sie in Ihrer neuen Funktion in dem Sinne: Sie wird die bekannten Probleme sicher endlich lösen.
  • Wenn Sie freundschaftliche Beziehungen zu einzelnen Personen pflegen, kann von deren Seite eine Erwartungshaltung auf Bevorzugung entstehen.

Kommunizieren Sie klar, wie Sie das Miteinander gestalten wollen, welche Schritte Sie mittelfristig planen und bitten Sie das Team dabei um Unterstützung. Vor allem: Bleiben Sie authentisch und vermeiden Sie unbedingt autoritäres Chef-Gehabe.

  • Sie werden als Filialleiter angestellt oder kaufen eine Apotheke

Ob Sie die Filialleitung oder eine Apotheke komplett übernehmen: Sie treffen auf ein eingespieltes Team, dessen „Spielregeln“ und informelle Hierarchie Sie (noch) nicht kennen. Umso wichtiger ist es, in der Startphase mit allen Mitarbeitern ein persönliches Gespräch zu führen über ihre Erwartungen, aber auch über mögliche Vorbehalte, und durch eine offene Kommunikation ihr Vertrauen zu gewinnen.

Als angestellter Filialleitersind Sie ab sofort in einer Sandwich-Position. Sie haben einerseits einen Vorgesetzten, dessen Erwartungen und Ziele Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern erfüllen sollen. Andererseits sind Sie selbst Vorgesetzter. Und beide „Sandwich-Seiten“ fordern Loyalität von Ihnen, eine nicht immer einfach zu meisternde Aufgabe.

Die reibungslose Führungsübernahme setzt zudem voraus,

  • dass Sie die Erwartungen des Inhabers sehr genau kennen,
  • dass die (messbaren) Ziele abgesprochen und vereinbart sind

und

  • dass Ihre Verantwortlichkeiten und Kompetenzen vertraglich geregelt wurden.

In der 2. Phase, der Bewertungsphase, müssen Sie zunächst den Apothekeninhaber von Ihrer Zielelandschaft überzeugen und mit ihm Ihre geplanten Maßnahmen abstimmen, bevor Sie eine Veränderung intern kommunizieren und initiieren.

Lesetipp

Von Cornelia Tromm sind zwei Beiträge zum Thema „So steigern Sie das Engagement Ihrer Mitarbeiter“ in der Apotheker Zeitung erschienen:

Als neuer Inhaber einer gekauften Apotheke werden Sie gerade in der Anfangsphase des Wechsels feststellen, dass Ihr Vorgänger für das Team noch von Bedeutung ist. Möglicherweise trauert es ihm nach und hält aus alter Loyalität – auch bei berechtigter Kritik – zu ihm.

Zeigen Sie deshalb Respekt und Anerkennung für seine Leistungen. Das bedeutet:

  • Vermeiden Sie negative Äußerungen zur Person oder mög­lichen Misserfolgen.
  • Verändern Sie Abläufe oder Regeln, die Ihrem Vorgänger sehr wichtig waren, nur mit Bedacht.
  • Ihr Team wird einige Wochen benötigen, um sich von seinem alten Chef ganz zu lösen. Haben Sie Geduld und geben Sie ihm die Zeit.

Eine letzte Empfehlung

Zeigen und leben Sie als neue Führungskraft in den ersten 100 Tagen und auch darüber hinaus eine klare Haltung. Machen Sie Ihre „Führung“ erlebbar – durch authentisches Auftreten, offene ­Kommunikation und Vertrauen in Ihr Team. |

Cornelia Tromm, Kommunikations­beraterin, -trainerin und -coach, www.cornelia-tromm.de

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