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Management

So steigern Sie das Engagement Ihrer Mitarbeiter

Teil II: Führen durch Loslassen

Fähige Mitarbeiter brauchen fähige Vorgesetzte. Oder besser: Sie brauchen Vorgesetzte, die gelernt haben, eine Führungskraft zu sein. Menschen mit „Führungs-Kraft“ geben konsequent Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an ihre Mitarbeiter ab. Damit verschaffen sie sich die nötigen Freiräume, um genau das zu tun, was ihre originäre Aufgabe ist: zu denken, zu planen, zu entwickeln – und zu führen. Zugleich werden auf diese Weise Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter gefördert – und gefordert.

Apotheker, die erstmals eine Vorgesetztenfunktion übernehmen, sind in Sachen Mitarbeiterführung selten geschult und haben nicht immer Vorbilder erlebt, denen sie nacheifern können. So praktizieren sie zumindest anfangs häufig einen eher autoritären Führungsstil. Natürlich ist es mit autoritären Ansagen durchaus möglich, Leistungen einzufordern. Was mit diesem Führungsstil aber nahezu vollständig unterdrückt wird, sind Engagement und Motivation der Mitarbeiter. Das Resultat zeigt sich dann unter anderem im Dienst nach Vorschrift, im Krankenstand oder in einer hohen Fluktuationsrate.

Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg vom funktionalen Vorgesetzten zur anerkannten Führungskraft ist die Bereitschaft (und der Mut) loszulassen, also Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an Mitarbeiter zu delegieren und ihnen hierzu (durchaus in Grenzen) Freiräume zu gewähren.

Kein Dirigent würde je auf die Idee kommen, alle Instrumente selbst spielen zu wollen. Aber Neulinge in Sachen Apothekenleitung versuchen häufig genau das – und verzetteln sich dann allzu schnell im operativen Tagesgeschäft. Die zwei am häufigsten im Zusammenhang mit dem Delegieren genannten Gegenargumente lauten:

  • „Wenn ich Aufgaben abgebe, dann dauert das letztlich länger oder erfordert mehr Aufwand, als wenn ich die Sache gleich selbst erledige.“
  • „Mir ist das Risiko zu groß, dass meine Mitarbeiter Fehler machen.“

Tatsächlich birgt das Konzept des Delegierens durchaus mögliche Nachteile. Aus verschiedenen (anonymen) Befragungen stammen die Top-3-Ergebnisse, die in Tabelle 1 aufgeführt sind.

Tab. 1: Die am häufigsten genannten möglichen Nachteile des Delegierens sind
für die Führungskraft
für die Mitarbeiter
  • liebgewonnene Aufgaben fallen weg
  • man muss sich intensiv(er) mit seiner Führungsrolle aus­einandersetzen
  • das Gefühl von Kontrollverlust
  • die Bequemlichkeit wird gestört
  • die Angst zu versagen
  • es wird eine präzise Einschätzung der Leistung möglich

Doch die Vorteile überwiegen:

  • Delegieren entlastet eine Führungskraft und vermindert dadurch Stress. Prüfen Sie einmal, wie viel Zeit Sie immer wieder für Tätigkeiten hergeben, die durchaus auch einzelne Mitarbeiter erledigen könnten.
  • Aufgaben werden von Mitarbeitern meist schneller angegangen, wenn sie sich dafür verantwortlich fühlen. Führungskräfte lassen dagegen häufig ungeliebte Aufgaben auf dem Schreibtisch liegen und verschieben sie immer wieder aufs Neue.
  • Mehr Verantwortung fördert die Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein der Mitar­beiter. Das wiederum dient der Arbeitseffizienz und damit dem Erfolg eines Unternehmens.

Wie aber lässt sich das Konzept „Führen durch Loslassen“ wirksam und erfolgreich in der Apotheke umsetzen? Dazu sechs Empfehlungen:

1. Setzen Sie Vertrauen in Ihre Mitarbeiter

Ohne Vertrauen auf beiden Seiten ist ein effektives Delegieren nicht möglich. Zunächst einmal muss das Team Ihnen vertrauen. Mitarbeiter müssen den Mut haben, Ihnen zu sagen, wenn sie eine Aufgabe überfordert oder wenn sie Unterstützung brauchen.

Umgekehrt müssen auch Sie darauf vertrauen, dass Ihr Team die gemeinsam vereinbarten Aufgaben erledigen kann. Schließlich haben Sie Ihre Mitarbeiter ja aus gutem Grund ausgewählt und eingestellt. Trauen Sie ihnen etwas zu, denn sie können und wollen etwas leisten. Wenn Sie dieses Vertrauen nicht haben, wird es Ihnen wahrscheinlich nicht möglich sein, Aufgaben und Verantwortung abzugeben. Damit wäre Ihr Delegiervorhaben von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

2. Fördern Sie das Verantwortungsbewusstsein Ihrer Mitarbeiter

Ermöglichen Sie es Ihrem Team, sich verantwortlich für die eigene Arbeit zu fühlen. Verzichten Sie darauf, dass alles mit Ihnen ab­gesprochen werden muss, denn wie soll jemand Eigeninitiative entwickeln, der bei jeder noch so kleinen Entscheidung „oben“ nachzufragen hat? Stattdessen:

  • Vereinbaren Sie klare Richtlinien und geben Sie einen definierten Entscheidungsspielraum vor. In welchen Fällen darf ein Mitarbeiter welche Kulanz zeigen? In welchen Fällen/bei welchen Kundenkontakten muss die Leitung eingebunden werden?
  • Nennen Sie oder erarbeiten Sie gemeinsam mit den Mitarbeitern eine klare Zielvorgabe und/oder einen definierten Auftrag. Was genau soll bis wann mit welchem Ergebnis und mit welchem Mitteleinsatz erreicht werden?

Und dann lassen Sie sie laufen. Ja – die Verführung ist groß, als Chef doch immer wieder korrigierend einzugreifen. Das führt zu der nächsten Empfehlung:

3. Lassen Sie andere Lösungswege zu

Natürlich gehen Mitarbeiter häufig anders an eine Aufgabe und deren Lösung heran, als Sie selbst es täten. Insbesondere für neue Aufgaben benötigen sie zuweilen mehr Zeit und gehen Umwege. Doch lassen Sie Ihre Mitarbeiter selbst Wege finden, Aufgaben zu meistern. Dazu gehört ein wenig Geduld und auch Mut.

Nur wenn Menschen eigene Lösungswege suchen, finden und gehen, wird bewirkt, dass sie aktiv mitdenken. Nur dann werden die Potenziale, die ganz sicher in Ihrem Team stecken, zur Entfaltung kommen. Und über das Erarbeiten eigener Lösungswege lernen Mitarbeiter, das zu tun, was Sie sich als Führungskraft wünschen: selbstständig zu handeln und Entscheidungen zu fällen.

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4. Delegieren Sie „mit Netz“

Natürlich werden und sollten Sie als Apothekenleiter, insbesondere bei größeren delegierten Aufgaben, „mit Netz“ arbeiten. Schließlich wollen Sie sichergehen, dass Ihr Führungskonzept im jeweiligen konkreten Fall sinnvoll und zielführend ist. Dazu drei Tipps:

  • Bestimmen Sie einen „Stell­vertreter“ aus dem Team als Sprecher und/oder Projekt­verantwortlichen oder lassen Sie diese Person wählen.
  • Erarbeiten Sie bei größeren Aufgaben gemeinsam mit Ihrem Team einen detaillierten Zeitplan, den Sie auch regelmäßig prüfen.
  • Planen Sie hierin Abstimmungsgespräche ein. Die geben Ihnen die Möglichkeit, den Stand der Dinge zu klären und rechtzeitig zu erkennen, ob die jeweils betrauten Mitarbeiter Ihre Unterstützung brauchen.

Spätestens in solchen Abstimmungsgesprächen wird deutlich, wie hilfreich es ist, im Vorfeld gemeinsam mit den Mitarbeitern die zu erreichenden Ziele und Zeiten definiert zu haben. Denn dadurch haben alle Beteiligten auch eine gemeinsam akzeptierte und relativ emotionsfreie Kontrollmöglichkeit.

5. Erlauben Sie Fehler

Es kommt zu zeitlichen Verzögerungen (die benötigten Flyer wurden zu spät bestellt) oder Sie erkennen eine Fehlentscheidung (ein übersehener Feiertag im geplanten Aktionszeitraum).

Sanktionieren Sie keinesfalls Umwege, Pannen oder Fehler. Sie sind Teil des wichtigen Lernprozesses. Möglicherweise waren Ihre Erwartungen oder Ansprüche an das Team doch zu hoch oder eine Aufgabe noch zu schwierig? Vielleicht erfordert Ihre Delegationsstrategie einfach kleinere Schritte? Denn häufig müssen Mitarbeiter erst einmal mit der neuen Verantwortung, die ja auch eine Herausforderung ist, umgehen lernen.

Bieten Sie in dieser Situation Ihre Unterstützung an und überlegen Sie gemeinsam, wie die Aufgabe trotzdem bewältigt oder das Problem gelöst werden kann. So werden Mitarbeiter sehr viel eher bereit sein, Verantwortung auch für eine ungünstige Entscheidung zu übernehmen sowie Fehler zuzugeben, und sich dann mit Engagement an einen neuen Lösungsweg machen.

Die sechste und letzte Empfehlung ist nur scheinbar banal:

6. Schenken Sie Anerkennung

Fragen Sie einmal Ihre Mitarbeiter, was im beruflichen Alltag am stärksten motiviert. Die Spontanantwort wird in den über­wiegenden Fällen – und für Sie vielleicht überraschend – lauten: „Anerkennung“.

Es ist ein weitverbreitetes Phänomen, dass Führungskräfte häufiger kritisieren als loben. Vielen fällt es schwer, ein anerkennendes Lob auszusprechen. Die Gründe lassen sich nur vermuten: Vielleicht haben sie es nicht gelernt zu loben, weil sie selbst früher selten gelobt wurden. Oder es ist ihnen peinlich. Oder aber sie befürchten, dass sich der Gelobte dann nicht mehr genug engagiert. Oder sie handeln nach dem Motto: „Nichts gesagt ist genug gelobt.“

Dabei wird durch Anerkennung einer Leistung das Positive verstärkt, durch Kritik wird jedoch der Fokus auf das Negative gelegt. Lob nutzt sich auch nicht ab. Im Gegenteil, ehrlich gemeintes Lob baut auf, motiviert und stachelt an, noch besser zu werden. Das aufrichtig gemeinte, anerkennende Lob ist eines der wichtigsten Führungsinstrumente.

Zum guten Schluss

Wer die Delegationsstrategie als Führungsinstrument einsetzt, wer Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung abgibt, der fördert – und fordert – die Eigeninitiative und die Eigenverantwortlichkeit seiner Mitarbeiter und nutzt deren häufig unerkannte Potenziale.

Probieren Sie es mutig aus! Denn nur Apothekenleiter, die loslassen, also abgeben können, machen es den ihnen anvertrauten Menschen überhaupt erst möglich, Engagement zu zeigen und ein Team zu bilden, das aus Überzeugung und mit Freude einen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg „seiner“ Apotheke leistet. |

Cornelia Tromm, Kommunikations­beraterin, -trainerin und -coach, www.cornelia-tromm.de

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