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Wirtschaft
Nicht den Bock zum Gärtner machen
Heftige Kritik an Spahn wegen Ernennung von Leyck Dieken zum Gematik-Chef
In der Gematik kommen Kassen, Leistungserbringer und das Bundesgesundheitsministerium zusammen, um an der Digitalisierung des Gesundheitswesens zu schrauben. Konkret muss sie dafür sorgen, dass die Telematikinfrastruktur in den kommenden Monaten eingerichtet wird, damit wichtige Anwendungen wie der E-Medikationsplan und das E-Rezept starten können.
Da es Minister Spahn dabei nicht schnell und effizient genug voranging, brachte er ins kürzlich beschlossene Terminservice- und Versorgungsgesetz die Vorgabe ein, dass sein Ministerium künftig 51 Prozent an der Gematik hält. Spahns erster Schachzug kurz nach der Übernahme ist nun ein Personalwechsel: Der als Internist und Notfallmediziner ausgebildete Dr. Markus Guilherme Leyck Dieken soll neuer Geschäftsführer werden. In den vergangenen Jahren arbeitete er in mehreren Top-Management-Positionen von Pharmakonzernen wie Novartis und Novo Nordisk, vier Jahre lang leitete er Ratiopharm (Teva). Zudem war er stellvertretender Vorsitzender des Branchenverbands Pro Generika.
Erinnerung an Spahns Vergangenheit mit Max Müller
Kaum war die Nachricht bekannt, meldeten sich erste Kritiker zu Wort, die Spahns Vorgehen in der Gematik hinterfragen. Transparency International erinnerte an Spahns ehemalige Beratungsfirma, die er gemeinsam mit dem heutigen DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller aufgebaut hatte, und forderte die Selbstverwaltung und die Bundestagsfraktionen dazu auf, die Ernennung zu verhindern. Dr. Wolfgang Wodarg, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, erklärt wörtlich: „Bereits als Bundestagsabgeordneter hatte Spahn nebenbei als Teilhaber einer Lobbyagentur eine übermäßige Nähe zu Klienten aus dem Medizin- und Pharmasektor. Mit der Berufung von Leyck Dieken zerstört Spahn das Vertrauen in seine Pläne für die elektronische Patientenakte. Erst überrumpelt der Minister mit der Gematik-Übernahme den Bundestag und die Selbstverwaltungsorgane des Gesundheitswesens, um dann der Pharma-Industrie dort den Führungsposten zuzuschieben. Damit wird der Bock zum Gärtner gemacht.“
Ebenso deutliche Worte fand die Chefin des GKV-Spitzenverbandes, Dr. Doris Pfeiffer, im Ärzteblatt: Pfeiffer sagte: „Der Mehrheitsgesellschafter trägt nichts zur Finanzierung bei, entscheidet aber eigenständig. Das ist für jeden Experten von Organisationsstrukturen schwer denkbar.“
Dr. Achim Kessler, Obmann im Gesundheitsausschuss für die Linksfraktion, äußerte gegenüber DAZ.online, dass Spahn mit der Ernennung erneut zeige, „dass die Gesundheitspolitik für ihn die Fortführung der Wirtschaftspolitik mit anderen Mitteln ist“. Es sei zu befürchten, „dass die Interessen der Industrie bei der weiteren Ausgestaltung der digitalen Gesundheitsangebote an erster Stelle stehen und der Nutzen für die Patientinnen und Patienten sowie der Datenschutz nur als Hemmschuh wahrgenommen werden“. Daher fordere er Jens Spahn und die gesamte Bundesregierung auf, auf die Benennung von Leyck Dieken zu verzichten. |
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