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Gesundheitspolitik
Bundestag beschließt TSVG
Ursprünglich wollte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vor allem erreichen, dass Kassenpatienten schneller an Arzttermine kommen. Damit wollte er dem weit verbreiteten Unmut über eine Bevorzugung von Privatpatienten entgegenwirken und den Befürwortern einer Bürgerversicherung den Wind aus den Segeln nehmen. Zwischenzeitlich wurde aus dem TSVG jedoch ein umfangreiches Omnibus-Gesetz, in dem auch zahlreiche andere Themen abgehandelt werden.
Von besonderem Interesse für die Apotheker ist die Neuregelung der Impfstoffvergütung. Für saisonale Grippeimpfstoffe können danach 1 Euro pro Einzeldosis, maximal aber 75 Euro je Verordnungszeile abgerechnet werden. Besonders an der Vergütung pro Zeile hatte sich bis zuletzt scharfe Kritik aus der Apothekerschaft entzündet, da bei der vielerorts üblichen Verordnung von 200 Impfdosen keineswegs Aufwand und Risiko abgegolten werden.
Kein Rabatt auf Großhandelszuschlag von 70 Cent
Ebenfalls interessant für die Apotheker ist die im TSVG getroffene Festlegung, dass das Großhandelsfixum von 70 Cent keinem Rabatt zugänglich ist. Aufgrund der unklaren Formulierung in der Begründung, die offen lässt, ob hiervon auch Skonti betroffen sind, ist eine weitere gerichtliche Abklärung jedoch nicht auszuschließen.
Auch im TSVG untergebracht wurde ein neuer Anlauf, um die hausarztzentrierte Versorgung (HzV) zu stärken. Damit sich mehr Patienten als bisher verbindlich bei ihrem Hausarzt einschreiben, sollen sie an den dadurch erzielten Einsparungen beteiligt werden. Die Patienten verpflichten sich dabei, fachärztliche Behandlung mit Ausnahme von z. B. Besuchen bei Gynäkologen und Augenärzten nur auf Überweisung ihres Hausarztes in Anspruch zu nehmen. Apotheken, die Hausärzte im Umfeld haben, dürften davon profitieren; wer ausschließlich von Fachärzten umgeben ist, muss dagegen mit Abstrichen rechnen.
Für Apotheken im ländlichen Raum könnte sich auszahlen, dass das TSVG die ärztliche Versorgung auf dem Land stärken will. So soll es obligatorische regionale Zuschläge für Ärzte auf dem Land geben. Zudem werden die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, in unterversorgten Gebieten eigene Praxen oder mobile und telemedizinische Versorgungs-Alternativen anzubieten, wenn es zu wenig Ärzte gibt.
600 bis 800 Millionen Euro mehr für die Ärzte
Herzstück des TSVG sind jedoch die Maßnahmen, die GKV-Patienten einen schnelleren Zugang zur ärztlichen Versorgung ermöglichen sollen. Den Ärzten wäre es am liebsten gewesen, wenn Spahn dazu die Grundleistungen entbudgetiert hätte, doch dazu war dieser nicht bereit. Stattdessen wurde das Mindestsprechstundenangebot für Kassenpatienten auf 25 Stunden erweitert, wobei Hausbesuchszeiten angerechnet werden. Zudem werden Facharztgruppen der grundversorgenden und wohnortnahen Versorgung (z. B. konservativ tätige Augenärzte, Frauenärzte, HNO-Ärzte) dazu verpflichtet, mindestens fünf Stunden pro Woche als offene Sprechstunde, d. h. ohne Terminvereinbarung anzubieten.
Versüßt werden den Ärzten ihre zusätzliche Leistungen durch zusätzliche Honorare: So gibt es extrabudgetäre Vergütungen für Patienten, die von der Terminservicestelle vermittelt werden, sowie für neue Patienten in der Praxis, außerdem für Leistungen in den offenen Sprechstundenzeiten und für übernommene Patienten nach Terminvermittlung durch einen Hausarzt. Zudem werden mindestens 10 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines dringenden Facharzttermins durch einen Hausarzt bezahlt. Laut BMG sollen die Mehreinnahmen der Ärzte pro Jahr zwischen 600 und 800 Millionen Euro liegen. |
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