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Zeuge bestreitet Schwarzmarkt-Verkäufe
Zyto-Prozess in Essen wird mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt
Anfang vergangener Woche hatten die Verteidiger von Peter S. vor Gericht bemängelt, dass eine geheime Ermittlungsakte seit Monaten im Internet frei einsehbar gewesen sei (DAZ Nr. 6, 2018, S. 11). Die Staatsanwaltschaft leitete deswegen ein Ermittlungsverfahren gegen einen Journalisten des Recherchebüros Correctiv ein. Die Verteidigung beantragte die Aussetzung und damit den Neustart des Verfahrens – sie sah die Gefahr, dass Schöffen und Zeugen beeinflusst worden sein könnten. Als wenige Tage später der nächste Verhandlungstermin anstand, wies der Vorsitzende Richter den Antrag jedoch als unbegründet zurück. Obwohl eine PDF-Datei einige Zeit im „World Wide Web“ abrufbar gewesen sei, sei es unwahrscheinlich, dass Zeugen oder Sachverständige hiervon Kenntnis hatten – auch da sie nicht in Presseberichten verlinkt war. In so einem großen Prozess, in dem es aktuell knapp 50 Nebenkläger gibt, müssten alle Verfahrensbeteiligten ohnehin mit Veröffentlichungen von Unterlagen rechnen und sich bei Zeugenvernehmungen hierauf einstellen.
Sodann wurde der Zeuge Ingo E., der von April 2009 bis September 2010 im Zyto-Labor der Bottroper Apotheke gearbeitet hatte, befragt. Er berichtete unter anderem, er habe sich gewundert, dass in der Apotheke teure Antikörpertherapien morgens schon zubereitet waren, obwohl die Gefahr bestand, dass sie nicht zur Anwendung kommen würden und somit ein „größtes“ finanzielles Risiko bestand. Wirkstoffe hat es laut E. immer ausreichend gegeben. Doch manchmal habe er gedacht, ob aus dem Kühlschrank nicht mehr hätte „weg sein müssen“, erklärte er. Auf die Frage der Verteidigung, ob er von seinem Chef mal eine Anweisung erhalten habe, Krebstherapien unterzudosieren, antworte E. klar „nein“.
Als zweiter Zeuge sagte der 54-jährige Hexal-Pharmareferent Wilfried H. aus, der S. seit gut sechs Jahren kennt. Regelmäßig bot er ihm Hexal-Präparate an – S. sei ein „Schlüsselkunde“ gewesen. Die Behauptung der Verteidigung, er habe S. „zu deutlich unter Marktpreisen liegenden Konditionen Wirkstoffe aus dem Kofferraum heraus“ verkauft, bestritt H. Die Einkaufskonditionen seien ohnehin gut: Bestimmte Wirkstoffe mit einem offiziellen Preis von beispielsweise 600 Euro würden teils für 40 oder 50 Euro verkauft, „weil einfach der Markt kaputt ist“, erklärte H. Angesichts solcher Marktpreise stelle sich kein Apotheker ins Parkhaus, um Zytostatika schwarz einzukaufen. Bei einer heikleren Frage schwieg H. jedoch und berief sich auf sein Aussageverweigerungsrecht, um sich nicht selbst zu belasten: Dabei ging es darum, ob er selbst einmal Bargeld oder sonstige Leistungen von S. angenommen habe.
Der Prozess wird noch eine Weile dauern. Während bislang der letzte angesetzte Verhandlungstermin Mitte März war, nannte der Vorsitzende Richter nun weitere mögliche Termine, die sich bis zum 24. Mai erstrecken. |
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