Arzneimittel und Therapie

Pneumokokken-Impfung – weniger ist mehr

Studie spricht sich für 1+1-Schema aus

Für einen Schutz gegen Pneumokokken-Infektionen genügt einer in England durchgeführten Studie zufolge auch eine zweimalige Impfung der Säuglinge. In Ländern mit einem ausgereiften Impfprogramm und einer bestehenden Herdenimmunität könnte das 1+1-Impfschema praktiziert werden.

Das Impfschema gegen Pneumokokken-Infektionen unterlag etlichen Änderungen. Waren ursprünglich vier Impfdosen vorgesehen, so umfasst der heutige Standard drei Dosen (2+1-Schema; entsprechend zwei Grund­immunisierungen und einer Booster-Dosis). In einer multizentrischen Studie wurde nun untersucht, ob auch zwei Impfdosen (1+1-Schema; entsprechend einer Grundimmunisierung und einer Booster-Dosis) eine ausreichende Immunität bei Kindern erzeugen. Die Studie wurde an mehreren Zentren in England im Rahmen der üblichen Impfungen durchgeführt. An ihr nahmen 213 Säuglinge teil, die gegen Pneumokokken geimpft werden sollten. Eingesetzt wurde dabei ein Konjugatimpfstoff gegen 13 Serotypen (PCV13). Die Hälfte der Kinder erhielt im Alter von zwei, vier und zwölf Monaten jeweils eine Impfdosis PCV13 (2+1-Gruppe), die andere Hälfte der Kinder im Alter von drei und zwölf Monaten jeweils eine Impfdosis PCV13 (1+1-Gruppe).

Pneumokokken-Impfung

Die Immunantwort auf die Pneumokokken-Impfung richtet sich gegen die in allen verfügbaren Impfstoffen enthaltenen Polysaccharid-Antigene. Man unterscheidet zwischen reinen Polysaccharid­impfstoffen und Konjugatimpfstoffen. Ein weiterer Unterschied besteht in der Zahl der Pneumokokken-Serotypen, die im Impfstoff enthalten sind. Der aktuell verfügbare Pneumokokken-Polysaccharidimpfstoff (PPSV) enthält Antigene von 23 Serotypen (PPSV23, Pneumovax®). Die derzeit in Deutschland zugelassenen Konjugatimpfstoffe wirken gegen 10 Serotypen (PCV10, Synflorix®) oder gegen 13 Serotypen (PCV13, Prevenar 13®).

1+1 nicht schlechter als 2+1

Der primäre Studienendpunkt war die Serotyp-spezifische Immunglobulin-G-Konzentration im Blut nach 13 Monaten. Einen Monat nach der Booster-Dosis konnten in der 2+1-Gruppe die Serumwerte von 91 Kindern, in der 1+1-Gruppe von 86 Kindern ausgewertet werden. Die serotypischen Immunglobulin-G-Konzentrationen der zwei Gruppen waren für mehrere Serotypen gleich (3, 5, 7F, 9V und 19 A). Für einige Serotypen zeigte die 1+1-Impfung eine signifikant höhere Immunität als die 2+1-Impfung (1, 4, 14 und 19F). Hingegen konnten durch die 2+1-Impfung bei vier Serotypen (6A, 6B, 18C und 23 F) höhere Werte erzielt werden. Das heißt, bei neun von 13 Serotypen wurden durch die 1+1-Impfung gleich gute oder bessere Werte erzielt als durch die 2+1-Impfung.

Empfehlungen der STIKO für Säuglinge

Den aktuellen Impfempfehlungen der STIKO zufolge sollten alle Säuglinge und Kinder unter zwei Jahren gegen Pneumokokken geimpft werden, und zwar ausschließlich mit Konjugatimpfstoffen (PCV10 oder PCV13). Dabei sollen Säuglinge zukünftig drei statt bisher vier Impfstoffdosen eines Pneumokokken-Konjugatimpfstoffs erhalten und dies im Alter von 2, 4 und 11 - 14 Monaten (sogenanntes 2+1-Impfschema, zwei Grundimmunisierungen plus eine Auffrischung)

[Quelle: Robert Koch-Institut. Schutzimpfung gegen Pneumokokken: Häufig gestellte Fragen und Antworten.www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Pneumokokken/FAQ-Liste_Pneumokokken_Impfen.html, abgerufen am 8. Februar 2018]

Ist weniger mehr?

Die Studienautoren wie auch ein Kommentator sehen in diesem Ergebnis einen wichtigen Schritt zur Änderung des derzeitigen 2+1-Schemas zu einem vereinfachten 1+1-Schema hin. Voraussetzung sind jedoch ein ausgereiftes Impfprogramm und ein hoher Grad der Durchimpfung. Dies dürfte in reicheren Ländern gegeben sein. Eine Extrapolation der Daten auf Länder mit geringem und niedrigem Einkommen ist spekulativ, daher werden derzeit in Indien, Südafrika, Vietnam und Gambia entsprechende Studien durchgeführt. Sollten diese die Zuverlässigkeit der 1+1-Impfung bestätigen, könnten dem Kind eine Impfung und der Solidargemeinschaft etliche Kosten erspart bleiben. |

Quelle

Goldblatt D. et al. Pneumococcal conjugate vaccine 13 delivered as one primary and one booster dose (1 + 1) compared with two primary doses and a booster (2 + 1) in UK infants: a multicentre, parallel group randomised controlled trial. Lancet Infect Dis, online publiziert am 22. November 2017, DOI:10.1016/S1473-3099(17)30654-0

O’Brien K. When less is more. How many doses of PCV are enough? Lancet Infect Dis, online publiziert am 22. November 2017, DOI:10.1016/S1473-3099(17)30654-9

www.clinicaltrial.gov.NCT02482636

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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