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Praxis
„Konstruktiv nach einer Lösung suchen“
Interview mit Patrick Kwik, Erster Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft deutscher TCM-Apotheken, TCM ApoAG, Karlsruhe
DAZ: Herr Kwik, welchen Stellenwert hat die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) im deutschen Gesundheitswesen?
Kwik: TCM hat keinen hohen Stellenwert im Vergleich zur Schulmedizin. Verschreibungen über Arzneimittel oder Akupunkturanwendungen aus dem TCM-Bereich sind immer Privatverordnungen und daher auch für gesetzlich versicherte Patienten Gesundheitsleistungen, die selbst gezahlt werden müssen. Doch es gibt auch Ausnahmen: So haben z. B. Barmer-Versicherte die Möglichkeit, dass über eine Zusatzversicherung auch Naturheilverfahren und spezialisierte Therapieeinrichtungen unterstützt werden. Da immer mehr Patienten empfinden, dass die Schulmedizin oft an Grenzen stößt, kommen auch viele gesetzlich versicherte Patienten mit TCM in Kontakt, obwohl sie es selbst zahlen müssen. Im Städtischen Klinikum Karlsruhe ist TCM sogar schon in den Leitlinien etabliert. Hier wird bei emetischen Beschwerden TCM in Form von Akupunktur bis hin zu Ingwer empfohlen.
DAZ: Wie kommen die meisten Patienten hierzulande mit TCM in Kontakt?
Kwik: Meistens erst dann, wenn schon alles andere an schulmedizinischen und ganzheitlichen Therapien ausprobiert wurde und man nicht weiterkam. Besser wäre es natürlich, schon vorher, also im Rahmen der Prophylaxe, TCM anzuwenden, seinen Körper zu stärken und Verschiebungen gleich zu korrigieren.
DAZ: Weshalb wird sowohl auf Rohdrogen als auch auf Granulate zurückgegriffen?
Kwik: Die klassische Anwendungsform sind die Rohdrogen. Diese sollten jeden Tag frisch abgekocht werden. Das geht im hektischen Alltag natürlich nicht so gut. Also entstand die „Instant-TCM-Variante“ in Form von Granulaten, bei der die Verbraucher einen Tee nur noch schnell aufgießen müssen – ähnlich wie bei „Nescafé“. Das ist bequemer und die Familie bleibt verschont von unbekannten Gerüchen.
DAZ: Wie bewerten Sie aus Sicht des Apothekers die Versorgungssituation?
Kwik: Dort, wo TCM-Verordner sind, gibt es bestimmt auch eine oder zwei Apotheken, die willig und fähig sind, diese pharmazeutische Tätigkeiten auszuüben. TCM-Verschreibungen stellen auch mal eine interessante Abwechslung für das pharmazeutische Personal dar.
DAZ: Welche Verfahren halten Sie für geeignet, um die Qualität der Rohdrogen und Granulate am besten zu gewährleisten?
Kwik: Die Verfahren sind vorgegeben, wie bei Drogen in der westlichen Medizin auch. Es gibt organoleptische Prüfungen, nasschemische Verfahren, Dünnschichtchromatographie und instrumentelle Verfahren. Wichtig ist, dass man sich intensiv mit den Drogen und ihren Nachweisen beschäftigt und eigene Erfahrungen sammelt. Darüber hinaus gibt es auch Erfa-Gruppen und Arbeitsgemeinschaften, wie die Arbeitsgemeinschaft deutscher TCM-Apotheken (www.tcm-apo.de), in denen sich die „TCM-Apotheker“ austauschen und fortbilden. Gerade in China gelten andere Kriterien für Heilkräuter: Es wird für die Wirkung mehr Wert auf Aussehen und Anbaugebiet gelegt, als auf Inhaltsstoffe und Pestizide, welche bei uns wiederum einen hohen Stellenwert einnehmen.
Bei Letzterem sind wir uns einig, dass es ein sehr wichtiges und entscheidendes Kriterium ist, ob sich eine Rohdroge zur Therapie eignet. Einzelne Inhaltsstoffe aber sind bei TCM nur in den wenigsten Fällen aussagekräftig. Vielmehr ist die jeweilige Droge im Gesamten für die Wirkung verantwortlich. Auch eine Solistin wird nur herausragend klingen, wenn das Orchester sie begleitet.
Bestes Beispiel ist die Diskussion um den Roten Reis, aus dem der Wirkstoff Lovastatin hervorgeht. Es gab bisher noch keine dokumentierten Rhabdomyolysen beim Verzehr von Rotem Reis.
DAZ: Was würden Sie sich vonseiten der Behörden wünschen?
Kwik: Da schließe ich mich dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands Christian Bauer an: Es muss konstruktiv nach einer Lösung gesucht werden, damit TCM in Deutschland auch in Zukunft über einen gesicherten Vertriebsweg und durch qualitätsbewusste Apotheken an die Patienten gelangt. Die unkontrollierbare Einfuhr aus dem Ausland über den Internetversandhandel fällt nicht in das Aufgabengebiet der Pharmazieräte und kann den Patienten daher nicht dienlich sein, denn im Ausland können die Kontrollen deutlich lascher sein als in Deutschland.
DAZ: Wie sehen Sie die Zukunft von TCM in Deutschland?
Kwik: Wenn wir uns für die Sache auch weiterhin auf pharmazeutisch hohem Niveau einsetzen und die gesicherten Vertriebswege einhalten, kann der Patient ohne Probleme streng kontrollierte, pestizid- und schwermetallfreie TCM-Drogen und -Granulate erhalten.
DAZ: Herr Kwik, vielen Dank für das Interview. |
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