Arzneimittel und Therapie

Androgen-Entzug mit Folgen

Prostatakarzinom-Therapie kann zu Stoffwechselstörungen und nicht-alkoholischer Fettleber führen

Eine Androgen-Entzugstherapie zur Behandlung von Prostatakrebs führt zu extrem niedrigen Serumandrogen-Spiegeln und ist bekanntermaßen von diversen Nebenwirkungen begleitet. Unter anderem ist sie mit der Entstehung eines metabolischen Syndroms in Verbindung gebracht worden. Das metabolische Syndrom wiederum tritt häufig gemeinsam mit nicht-alkoholischen Fettlebererkrankungen (NAFLD) auf.

Eine Arbeitsgruppe um Dr. Trinh vom Brigham and Women’s Hospital in Boston, USA, hat nun erstmalig den Effekt einer Androgen-Entzugstherapie auf die Entstehung von NAFLD und andere damit verbundene Leberkrankheiten wie Leberzirrhose und Lebernekrose untersucht.

Für die Beobachtungsstudie wurden aus der amerikanischen SEER-Medicare-Datenbank 82938 Krebspatienten nach bestimmten Kriterien sorgfältig ausgewählt. Bei SEER („Surveillance, Epidemiology and End Results“) handelt es sich um ein Krebsregister, während Medicare das staatliche Krankenversicherungsprogramm für Patienten ab 65 Jahren in den Vereinigten Staaten darstellt. Die in die Studie eingeflossenen, mindestens 66 Jahre alten Patienten sind zwischen 1992 und 2009 mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom diagnostiziert worden. Patienten mit Metastasierung oder weiteren Krebsdiagnosen sowie Patienten mit vorbestehendem metabolischem Syndrom, Diabetes mellitus, vorbestehenden Leberkrankheiten oder Alkoholismus wurden in die Studie nicht aufgenommen, um für die Analyse störende Komorbiditäten auszuschließen.

Foto: Syda Productions – stock.adobe.com
Werden Patienten mit Prostatakarzinom mit einer Androgen-Entzugstherapie behandelt, sollten Stoffwechselstörungen und Leberschäden bedacht werden.

Hohes Risiko für NAFLD

Insgesamt wurden innerhalb von sechs Monaten nach Diagnosestellung 37,5% der Männer mit einer Androgen-Entzugstherapie behandelt. Im Vergleich zu den Patienten, die eine andere Therapie erhielten, hatten die Männer unter einer Androgen-Entzugstherapie ein wesentlich größeres Risiko für schwere Leberkrankheiten. Die Analyse ergab ein um 54% erhöhtes Risiko für NAFLD (95% KI 1,40 – 1,68), ein 35% erhöhtes Risiko für Leberzirrhose (95% KI 1,12 – 1,60) sowie ein 41% erhöhtes Risiko für Lebernekrose (95% KI 1,15 – 1,72). Das generelle Risiko für Lebererkrankungen war um 47% erhöht (95% KI 1,35 – 1,60). Die Einflüsse unterschiedlicher Androgen-Entzugstherapie-Schemata bzw. verschiedener diagnostischer Methoden sind dabei nicht weiter differenziert worden. Hier liegt ein großes Potenzial für weitere Studien.

Höhere Dosis = höheres Risiko

Die Auswertung der Dosis-Wirkungsbeziehungen zeigte, dass das Risiko der Entstehung von NAFLD und von Lebererkrankungen im Allgemeinen mit zunehmender kumulativer Exposition zunimmt. Der zugrunde liegende pathophysiologische Mechanismus für den beobachteten Zusammenhang ist noch nicht bekannt. Speziell für Leberzirrhosen und Lebernekrosen konnte im Rahmen dieser Studie keine Dosis-Wirkungsbeziehung festgestellt werden.

Die hier vorgestellten Daten sind für die Praxis von besonderer Bedeutung, da die durch eine Androgen-Entzugstherapie induzierten und klinisch relevanten Stoffwechselstörungen für viele Urologen möglicherweise unbekannt sind. Behandelnde Urologen sollten ihre Patienten engmaschig in Bezug auf eventuelle Leberschädigungen kontrollieren. In weiteren Studien müssen diese Beobachtungen nun näher untersucht werden. |

Quelle

Gild P et al. Liver disease in men undergoing androgen deprivation therapy for prostate cancer. J Urol 2018; 200, 573-581

Apothekerin Dr. Daniela Leopoldt

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