Kongresse

AMTS-Initiativen müssen in die Fläche

5. Deutscher Kongress für Patientensicherheit zeigt Defizite und Lösungsmöglichkeiten auf

BERLIN (du) | Im Jahr 2005 wurde mit dem 1. Deutschen Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie ein Forum geschaffen, das die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit adressiert. Der Kongress fand nun zum 5. Mal in Berlin statt.
Foto: DAZ/du
Wie AMTS Eingang in die Therapieleitlinien finden kann, darüber diskutierten unter Leitung von Dr. Günther Jonitz, Berlin, Vertreter verschiedener Fachgesellschaften. Apotheker sind unter anderem bei der Erstellung der Nationalen Versorgungsleitlinien eingebunden. Als ein Kernproblem kristallisierte sich die Frage heraus, wie die Evidenz der AMTS-Empfehlungen generiert werden kann.

In seiner Eröffnungsansprache verwies der Kongresspräsident und Vorstandsmitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzte (AkdÄ), Prof. Daniel Grandt, Saarbrücken, darauf, dass zwar die Probleme erkannt und Lösungsansätze zur Verbesserung der AMTS vorhanden seien, das Ziel in der Fläche aber noch nicht erreicht sei. Trotz mehrerer Aktionspläne „Arzneimitteltherapiesicherheit für Deutschland“ ist bislang lediglich der bundeseinheitliche Medikationsplan als einzige Maßnahme gesetzlich verankert worden.

Allerdings war man sich im Klaren darüber, dass der bundeseinheitliche Medikationsplan in Papierform nur ein erster Schritt ist. Mehr Akzeptanz und eine bessere Nutzung der Möglichkeiten erwartet man von dem elektronischen Medikationsplan als Bestandteil der elektronischen Patientenakte. Er soll eine bessere Kommunikationsgrundlage für alle an der Medikation beteiligten Heilberufler bieten, zu denen nicht zuletzt die Apotheker zählen.

Ein Blick in die Referentenliste und die Posterausstellung zu dem breiten Spektrum von AMTS-Projekten offenbart, dass die Mitarbeit von Apothekern zwingend erforderlich ist, um die AMTS zu verbessern. Dazu zählen Strategien zur Risikovermeidung, der Umgang mit Medikationsfehlern, die besonderen Bedürfnisse bestimmter Patientengruppen nicht nur von multimorbiden Älteren und nicht zuletzt die AMTS-Probleme, die sich aus der zunehmend schlechter werdenden Versorgungssituation mit Arzneimitteln ergeben.

AMTS gemeinsam lehren und lernen

In einem Workshop unter der Moderation von Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Bonn, diskutierten ca. 15 Teilnehmer aus Medizin und Pharmazie über AMTS-Inhalte in beiden Studiengängen. Alle Teilnehmer waren sich schnell einig, dass die frühzeitige Vermittlung von Grundlagen zur AMTS schon während des Medizin- und Pharmaziestudiums sehr wichtig ist.

Bisher wird das Thema AMTS jedoch an den einzelnen Universitäten sehr unterschiedlich gelehrt. Im Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) und im Kompetenzorientierten Lernzielkatalog Pharmazie spielt AMTS jedoch eine wichtige Rolle.

Nach Kurzpräsentationen von Dozierenden aus Medizin und Pharmazie sowie Studierenden des bvmd und BPhD entwickelten die Teilnehmer in einem „World-Café“ Ideen, wie AMTS am besten gelehrt und gelernt werden kann. Dabei sollten fallbasierte Lehrveranstaltungen im Vordergrund stehen, die idealerweise von Medizin- und Pharmaziestudierenden gemeinsam besucht werden. Die interprofessionelle Lehre könnte im Laufe des Studiums intensiviert werden: beginnend mit gemeinsamen Vorlesungen im Grundstudium über gemeinsame Übungen und Workshops im Hauptstudium bis hin zu gegenseitigen Besuchen am Arbeitsplatz des anderen im Praktischen Jahr. Wichtig war den Teilnehmern vor allem, dass die angehenden Ärzte und Apotheker die Kompetenzen der anderen Berufsgruppe kennenlernen. Fazit des Workshops war, dass AMTS stärker als bisher in beide Studiengänge integriert und dabei so interprofessionell wie möglich gelehrt werden sollte.

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Welchen Beitrag hier die Krankenhausapotheker schon seit Jahren tagtäglich leisten, zeigte der Workshop „AMTS-Risiko durch Lieferengpässe“ unter Leitung des Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) Prof. Dr. Frank Dörje, Erlangen, und Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, dem Vorstandsvorsitzenden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzte (AkdÄ). Nach wie vor ist es sowohl in öffentlichen als auch in Klinikapotheken jeden Tag eine neue Herausforderung, bei zunehmenden Engpässen den Mangel zu verwalten. Auch Rationierungen wie im Fall von Melphalan sind inzwischen im Versorgungsalltag angekommen und stellen eine Herausforderung in Sachen AMTS dar. So ist schon die Umstellung auf Alternativpräparate ein fehleranfälliger Risiko­prozess, wie Apothekerin Dr. Gesine Picksak, Apotheke der Medizinischen Hochschule Hannover, ausführte. Die Verwaltung des Mangels kostet Zeit und Geld, was sich auch in der Notwendigkeit widerspiegelt, neue Stellen in Klinikapotheken zu schaffen. Nach den Ausführungen von Rudolf Bernard, Direktor der Apotheke des Klinikums rechts der Isar, TU München, kostet eine namentlich gleiche generische Umstellung rund 1900 Euro, eine Produktumstellung 3700 Euro und eine komplexe Umstellung (z. B. ein anderes Heparin auf 30 Stationen) 7400 Euro. Insgesamt bezeichnete Bernard die Lieferengpass-Situation in öffentlichen wie in Krankenhausapotheken als gleichermaßen unbefriedigend bis dramatisch. Für 2019 prognostizierte er weitere Risiken für die Lieferfähigkeit. Er forderte eine gesetzliche Informationspflicht der Hersteller bei sich abzeichnenden Lieferproblemen und zwar auch an die Bundesoberbehörden. Die BfArM-Liste nicht lieferfähiger Arzneimittel basiert derzeit noch auf einer Selbstverpflichtung der Hersteller und ist damit keinesfalls vollständig. Man war sich einig, dass eine dreimonatige Bevorratungspflicht zumindest für versorgungsrelevante Arzneimittel die Situation entschärfen könnte. Die Frage, ob bisherige Maßnahmen gegriffen haben beantwortete Ludwig mit einem klaren „Nein“. |

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