Deutscher Apothekertag 2018

Zwei Tage konzentrierte Arbeit

Die Antragsberatung

tmb/ck | Den Delegierten beim Deutschen Apothekertag lag ein umfangreiches Antragsheft vor. Vermutlich hat dies zu einer effektiven Debatte beigetragen. Die meisten Diskussionen führten bald zu den entscheidenden Aspekten, einige kontrovers betrachtete Anträge wurden schnell in einen Ausschuss verwiesen. Um so klarer waren die Signale bei den vielen unumstrittenen Themen. Hier finden Sie eine Übersicht über die zweitägige Antragsdebatte.

Konsens zur Arzneimittel­sicherheit

Das Antragsheft begann mit zwei Leitanträgen, die durch die jüngsten Arzneimittelskandale angeregt wurden. In der Zielsetzung bestand sofort Konsens. Beide Leitanträge wurden nach einigen Änderungen zur Klarstellung von Details mit überwältigender Mehrheit angenommen. Gemäß dem ersten Leitantrag sollen Produktionsstandorte in Europa gestärkt werden, um die Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Mit dem zweiten Leitantrag wird angeregt, die Kontrollen auf Wirkstoff- und Umweltverunreinigungen bei der Fertigarzneimittelherstellung weiterzuentwickeln, um die Qualität der Arzneimittel zu sichern. Außerdem wurden weitere Anträge zur Arzneimittelqualität angenommen. Demnach soll der Gesetzgeber Transparenz über die Art der Synthese von Wirk- und Hilfsstoffen sowie über die Synthese­orte herbeiführen. Außerdem sollen Zuständigkeiten und Informationswege für Arzneimittelrisiken überprüft und weiterentwickelt werden. Ein Antrag, der über die Suche nach bestimmten Verunreinigungen hinaus ein allgemeines Sicherheitsscreening als Reinheitsprüfung forderte, wurde zurückgezogen. Denn es entstand der Eindruck, er schieße über das Ziel hinaus.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Bekräftigung durch Resolution

Angesichts der jüngsten Skandale sahen sich viele Delegierte veranlasst, stärker als durch die vorliegenden Anträge für die Arzneimittelsicherheit einzutreten. Daraufhin brachte die Landesapothekerkammer Thüringen eine Resolution zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit ein, die einstimmig angenommen wurde. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, auf nationaler und internationaler Ebene mit allen erforderlichen Maßnahmen sicherzustellen, dass die Versorgung mit qualitativ gesicherten Arzneimitteln gewährleistet ist.

Europäische Aspekte

Zum wiederholten Male forderte der Apothekertag, die Verpflichtung zur Abgabe von Importarzneimitteln zu streichen. Doch wurde kritisiert, dass der Deutsche Apothekerverband zugleich über einen Vertrag verhandle, der in einem Teilbereich sogar eine höhere Importquote als bisher vorsehe. Vertreter des Deutschen Apothekerverbandes mahnten jedoch, den Vertragsentwurf als Paket zu bewerten. Außerdem müssten sie auf der Grundlage des Gesetzes verhandeln, könnten sich aber unabhängig davon für die Änderung des Gesetzes aussprechen. Außerdem beschloss der Apothekertag einen viel weitergehenden Antrag, die Bundesregierung solle sich auf EU-Ebene für die Einschränkung des EU-Binnenhandels mit Arzneimitteln einsetzen, um ein Einfallstor für Fälschungen zu schließen und Lieferengpässe zu vermeiden. BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer gab zu bedenken, dass dies Einstimmigkeit in der EU erfordert. Ein Antrag zur EG-GDP-Leitlinie wurde in den zuständigen Ausschuss verwiesen. Hintergrund des Antrags ist, dass auch Versandhändler die Temperatur von Arzneimittellieferungen kontrollieren müssten. Allerdings wurde gewarnt, dies könne zu übermäßigem Dokumentationsaufwand bei den kurzen Fahrten des Botendienstes führen.

Um europäische Aspekte der Arzneimittelversorgung ging es auch in einem Adhoc-Antrag des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, der mit großer Mehrheit angenommen wurde. Darin wird an die Bundesregierung appelliert, sich für die lückenlose Überwachung der Apotheken in der EU einzusetzen. Es dürften keine rechtsfreien Räume für Sonderformen zugelassen werden. Den Hintergrund bildeten Berichte über „Grenzapotheken“ in den Niederlanden (siehe „Auf gute Nachbarschaft“ von Prof. Harald G. Schweim, DAZ Nr. 24, S. 17 ff.).

Versorgung und Lieferengpässe

In einem Leitantrag wird die Bundesregierung einstimmig aufgefordert, wirksame Maßnahmen gegen Lieferengpässe zu ergreifen. In einem gesonderten Antrag wird dies für Rabattarzneimittel bekräftigt. Um Notfalldepots ausstatten zu können, soll das Bundesgesundheitsministerium Chargenfreigaben für ausländische Arzneimittel veranlassen können, die bisher freiwillig durch die zuständigen Behörden erfolgen. Über ein vorgeschlagenes Projekt zur Evaluierung von Lieferengpässen wurde lange und kontrovers diskutiert. Dabei solle es sowohl um die Quantifizierung der Lieferengpässe als auch um den Aufwand der Apotheken im Umgang mit den Engpässen gehen. Doch eine aussagekräf­tige Studie würde vermutlich sehr aufwendig. Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, berichtete, dass das DAPI bereits an einem Nicht-Lieferbarkeitsmonitor arbeite. Er appellierte, das DAPI dabei weiter zu unterstützen. Der Antrag wurde in einen Ausschuss verwiesen, nachdem ABDA-Präsident Friedemann Schmidt erklärt hatte, dass dies die sorgfältigste Diskussion über das weitere Vorgehen ermögliche.

Strukturen der Finanzierung

Der Leitantrag zur Gewährleistung einheitlicher Preise für Rx-Arzneimittel durch das Rx-Versandverbot wurde einstimmig angenommen. Schmidt erklärte dazu, der Leitantrag diene zur Fixierung der Ausgangssituation für die Gespräche mit Gesundheitsminister Spahn (mehr zu diesem Leitantrag siehe „Mindestens zweifaches Dilemma“, Seite 64 in dieser DAZ). In zwei Adhoc-Anträgen wurde die Einrichtung einer Kommission zur Vorbereitung dieser Gespräche gefordert. Nachdem der erste Antrag übergangen wurde, erhielt ein veränderter Antrag eine knappe Mehrheit.

Der Antrag, die Apotheker sollten einen Sicherstellungsauftrag für die Arzneimittelversorgung im Sozialgesetzbuch fordern, wurde übergangen. Ein solcher Sicherstellungsauftrag wurde als „scharfes Schwert“ für den Umgang mit Versendern propagiert. Doch Claudia Korf, ABDA-Geschäftsführerin für Wirtschaft und Soziales, warnte vor weitreichenden Veränderungen wie Budgetierung, interne Abrechnung und Bedarfsplanung. Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, zog das Fazit: „Die Zeit dafür ist noch lange nicht reif.“

Neue Regeln für Hilfsmittel

Der Antrag für bessere Rahmenbedingungen zum Erhalt der flächendeckenden Hilfsmittelversorgung wurde angenommen. Der Hintergrund ist, dass Spezialanbieter für bestimmte Hilfsmittel günstigere Preise bieten können als Apotheken, die wohnortnah verschiedene Hilfsmittel in kleineren Mengen liefern. Der Antrag auf Abschaffung der Zuzahlung für Hilfsmittel wurde in geänderter Form angenommen. Die Zuzahlung soll abgeschafft oder so gestaltet werden, dass alle Anbieter ihre Einzugsverpflichtung rechtlich durchsetzen können. Der Antrag zielt auf einheitliche Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter. Zudem wird eine einheitliche Schnittstelle gefordert, über die Hilfsmittel­genehmigungen kostenfrei zu beantragen sein sollen.

Organisatorische und wirtschaftliche Strukturen

Das Bundesgesundheitsministerium wird aufgefordert, die „Länderliste“ zum Arzneimittelversand regelmäßig zu aktualisieren und nötigenfalls mithilfe lokaler Behörden zu prüfen, ob Versandapotheken den Standards der Herkunftsländer genügen. Die Aufforderung an die Bundesregierung und die EU-Kommission zur Sicherung der Apothekenpflicht von Arzneimitteln wurde einstimmig verabschiedet. Der Antrag auf Senkung der Mehrwertsteuer für Rx-Arzneimittel wurde übergangen. Denn in der Diskussion wurde deutlich, dass dies ohne eine entsprechende Korrektur des Kassenabschlages zu Einbußen von etwa 120 Millionen Euro für die Apotheken führen würde. Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes, mahnte, dass ein Automatismus für eine solche Anpassung nicht bestehe.

Der Antrag für einen ärztlich verordnungsfähigen Botendienst wurde in einen Ausschuss verwiesen. Ronald Schreiber, Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen, betonte als Antragsteller, es gehe nur darum, verordnete Botenlieferungen ähnlich wie über einen „noctu“-Vermerk zu honorieren. Dies berühre andere Lieferungen nicht. Doch mehrere Delegierte fürchteten „Unwägbarkeiten“ durch mangelnde Verordnungsbereitschaft der Ärzte oder durch Rechtsansprüche der Patienten. Nach kontroverser Diskussion wurde der Antrag auf ein Aut-idem-Recht bei Privatrezepten mit wenigen Gegenstimmen angenommen. Die Befürworter betonten, es gehe dabei nur um Wahlfreiheit beziehungsweise um das Recht zur generischen Substitution, nicht jedoch um eine Pflicht wie bei der GKV. Hintergrund für den Antrag sind Forderungen der PKV an ihre Versicherten, bei manchen Tarifen Generika zu nutzen.

Ausbau der patienten­orientierten Pharmazie

Der Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands und der Apothekerkammer Berlin für einen Rechtsanspruch der Patienten auf AMTS-Maßnahmen wurde ohne Diskussion mit sehr großer Mehrheit angenommen. Ein solcher Rechtsanspruch dürfte erhebliche Folgen für die Honorierung von nicht abgabebezogenen Beratungsleistungen haben und die Apotheken zugleich vor die organisatorische Herausforderung stellen, die angemessenen Leistungen zu definieren und jederzeit flächendeckend anzubieten. Doch dies wurde in München nicht thematisiert.

Die Forderungen nach Einbindung der Apotheker in den elektronischen Medikationsplan und nach angemessener Honorierung wurden einstimmig angenommen. Der Antrag, das individuelle Stellen und Verblistern von Arzneimitteln flächendeckend anzubieten, wurde in einen Ausschuss verwiesen, weil sich schon nach wenigen Redebeiträgen eine komplexe Diskussion abzeichnete. Der Leitantrag über die Honorierung und über sichere Rechtsgrundlagen für Dienstleistungen in Apotheken wurde ohne Gegenstimme angenommen. Becker erklärte dazu, besonders nach der Rede von Minister Spahn sei es nötig, diese Grundlage für honorierte Dienstleistungen zu schaffen. Auch der Antrag, die Erfahrungen aus Projekten wie ARMIN für die Weiterentwicklung pharmazeutischer Leistungen zu nutzen, wurde angenommen. Die antragstellende Apothekerkammer Nordrhein stellte dazu selbst den Änderungsantrag, die Forderung nach der Aufnahme in den Gemeinsamen Bundesausschuss aus dem Antrag zu streichen. Denn dies habe sich nach den diesbezüglichen Ausführungen von Minister Spahn am Vortag erübrigt. Der Antrag des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg zur Stärkung des Rezeptur- und Defekturprivilegs (siehe „Was ,wesentlich‘ bei der Herstellung bedeutet“, DAZ 2018, Nr. 41, Seite 16 f.) wurde angenommen. Auch die Forderung nach einem obligatorischen zweistufigen Entlassmanagement im Krankenhaus und in der Apotheke wurde angenommen. Unter dem Eindruck des Themenforums zur Gesundheitskompetenz (siehe Seite 70 in dieser DAZ) wurde auch der Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstandes angenommen, die Forschung zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz zu fördern. Die bereits in früheren Jahren verabschiedete Forderung, die Apotheken in die Prävention einzubinden, wurde mit einem einstimmig angenommenen Antrag bekräftigt.

Weichenstellungen für die Digitalisierung

Zu Beginn des zweiten Tages der Antragsberatung stand die Digitalisierung im Mittelpunkt. Die meisten Anträge dazu kamen vom Apothekerverband Schleswig-Holstein. Die Erläuterungen des Verbandsvorsitzenden Dr. Peter Froese dazu vermittelten die Zusammenhänge zwischen der Berufspolitik und den technischen Entwicklungen. Der Leit­antrag, die Ausstattung der Apotheken mit den Komponenten der Telematikinfrastruktur (TI) zu beschleunigen, wurde einstimmig angenommen. Korf berichtete dazu, die jüngsten Pläne sähen vor, dass die Apotheken die nötige Grundausstattung zur Teilnahme an der TI finanziert bekämen. Die Apotheken würden damit nicht schlechter als die Ärzte gestellt. Auch der Antrag für einen verbindlichen Zeitplan zur Einführung digitaler AMTS-Grundlagen und des E-Rezeptes wurde angenommen. Froese erklärte, dies sei für die Arbeit der Partner, insbesondere der Rechenzentren, nötig. Der Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands zur stufenweisen Einführung des E-Rezeptes wurde einstimmig angenommen. Schmidt erklärte, der Antrag solle dem Projekt der ABDA zum E-Rezept den „politischen Drive“ geben.

Ebenfalls einstimmig wurde der Antrag angenommen, das Makeln von E-Rezepten zu verhindern. Froese erklärte, auch verschlüsselte E-Rezepte könnten wirtschaftlich sehr attraktive Handelswaren werden. Darum gebe es auch in anderen Ländern Vorschriften in den Gesetzen über die Heilberufe, Zuwendungen für E-Rezepte an Patienten zu verbieten. Auch der Antrag, die Arzneimitteldokumentation mit der AMTS und dem E-Rezept zu verknüpfen, wurde einstimmig angenommen. Froese erklärte, der Datentransport auf digitalem Weg sei entgegen vielen Darstellungen nur der kleinere Vorteil beim E-Rezept. Der größere Gewinn liege in den digitalen Grundlagen für die AMTS. Darum müsse die AMTS zu einer zentralen Dienstleistung der Apotheken werden. Daraufhin wurde auch der Antrag angenommen, allen Patienten Maßnahmen zur AMTS und E-Rezepte anzubieten. Froese forderte, nicht zwischen GKV- und PKV-Patienten zu unterscheiden, obwohl die gematik nur die GKV betrifft. Korf entgegnete, dies sei angesichts der verschiedenen Strukturen bei der GKV und der PKV „nicht trivial“. Doch an einem guten Produkt für ihre Versicherten sollte auch die PKV interessiert sein. Der Antrag auf einen obligaten Kommunikationskanal zwischen Ärzten und Apothekern in der Architektur der E-Rezepte wurde einstimmig angenommen. Damit könnten Rückfragen elektronisch geklärt werden. Auch der Antrag zu gemeinsamen Nutzanwendungen mit anderen Heilberufen in der TI wurde angenommen. Dabei geht es beispielsweise um eine praxisgerechte Struktur für eine elektronische Patientenakte.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Datenbanken und neue elektronische Grundlagen

Der Antrag, die ABDA-Datenbank so auszubauen, dass sie den Standard setzt, wurde angenommen. Matthias Zimmermann, ABDATA, berichtete dazu, dass die ABDATA bereits 2013 mit einem Ausbau der ABDA-Datenbank begonnen habe und eine Woche vor dem diesjährigen Deutschen Apothekertag die erste Lieferung neuer Daten an die Softwarehäuser geschickt habe. Im nächsten Jahr rechne er mit den ersten Umsetzungen. Zum Hintergrund erklärte Zimmermann, dass andere Datenbanken insbesondere zu Interaktionen andere Meldungen bieten, weil sie bei der Risikoprüfung andere Maßstäbe anlegen. Darum werde es nie einheitliche Bewertungen geben. Auch der Antrag des Apothekerverbandes Nordrhein zur Nutzung moderner Technologien wie künstlicher Intelligenz beim Medikationsmanagement wurde angenommen. Dieser Ansatz berühre Kernkompetenzen der Apotheker, mahnte Froese und unterstützte den Antrag dennoch vehement, denn wenn die Apotheker die neuen Technologien nicht nutzen würden, würden andere dies tun. Doch letztlich werde immer der „menschliche Faktor“ gebraucht, um das Ergebnis auf den jeweiligen Patienten zu übertragen und es zu vermitteln.

Der Antrag auf ein Zentralregister für Apotheker zur Unterstützung der Ausgabe der elektronischen Heilberufeausweise wurde in einen Ausschuss verwiesen, weil zu große Zweifel an der Durchführbarkeit bestehen. Auch der Antrag für ein Projekt zu den Möglichkeiten der Telepharmazie wurde in einen Ausschuss verwiesen, weil die Auffassungen über die Inhalte eines solchen Projektes zu weit auseinander gehen.

Institutioneller Hintergrund

Wie schon in früheren Jahren wurde wieder beantragt, die freien Heilberufe zu sichern und zu stärken. Der diesbezügliche Leitantrag wurde einstimmig angenommen. Auch der Antrag der Apothekerkammer Nordrhein zur „Sicherung des sozialen Friedens“ wurde angenommen. Dabei ging es den Antragstellern insbesondere um einheitliche Preise für Rx-Arzneimittel. Auf Antrag der Apothekerkammer Berlin forderte der Apothekertag den GKV-Spitzenverband auf, sein Positionspapier zur Neuordnung der Apothekenstrukturen vom Juni zu revidieren. Becker sagte dazu unter dem Applaus der Delegierten: „Es tut dem GKV-Spitzenverband gut, dass er mal die Meinung gesagt bekommt.“ Schmidt erklärte dazu, die GKV sei dafür nicht zuständig, denn „die Arzneimittelversorgung ist unsere Aufgabe“. Ein Antrag, der sich gegen den Einfluss von Kapitalgesellschaften im Gesundheitswesen richtete, wurde in einen Ausschuss verwiesen, weil der Text missverständlich formuliert war.

Begrenzte Honorarforderungen

Der Honorierung wurde im Antragsheft kein eigenes Kapitel gewidmet, weil sich nur wenige Anträge direkt damit befassten. Dazu gehörte der Antrag der Apothekerkammer Berlin, der sich für Gleichpreisigkeit in Stadt und Land aussprach. Dr. Christian Belgardt, Präsident der Apothekerkammer Berlin, wandte sich auch gegen andere Differenzierungen, beispielsweise für Schwerpunktapotheken. Korf warnte jedoch, dass die anstehenden Gespräche mit dem Gesundheitsministerium nicht durch eine solche Vorgabe eingeschränkt werden sollten. In diesem Zusammenhang und aufgrund weiterer Unklarheiten zog Belgardt den Antrag zurück. Der Antrag, das Dokumentationshonorar gemäß Arzneimittelpreisverordnung auf die Dokumentation von Blutprodukten auszudehnen, wurde angenommen. Dr. Kerstin Kemmritz merkte dazu an, die Forderung sollte auf alle Arzneimittel mit besonderen Dokumentationsvorschriften ausgedehnt werden, also auch auf Tierarzneimittel und Einzelimporte. Becker bestätigte, diese Erweiterung in die politische Diskussion mitzunehmen. Damit ist dies die einzige Honorarforderung für eine genau definierte Leistung, die beim Apothekertag erhoben wurde.

Denn der Antrag der saarländischen Apothekerkammer auf Erhöhung des Festzuschlags für Rx-Arzneimittel wurde übergangen. Kammerpräsident Dr. Manfred Saar hatte diese Erhöhung angesichts steigender Stückkosten als Selbstverständlichkeit bezeichnet. Eine solche Forderung müsse auch erhoben werden, wenn sie im Moment nicht durchsetzbar sei. Dagegen erklärte Schmidt, die frühere Forderung nach einem höheren Festzuschlag habe letztlich zum Honorargutachten der Agentur 2HM geführt. Wenn die Forderung nun erneut erhoben werde, würde dieses Gutachten vermutlich als Entscheidungsgrundlage herangezogen. Außerdem beantragte die saarländische Apothekerkammer eine zusätzliche Vergütung für die Abgabe von Importarzneimitteln, um die Apotheker an den Einsparungen zu beteiligen. Dagegen wurde angeführt, dass so ein zusätzlicher Anreiz zur Abgabe von Importen geschaffen werde. Da dies der geforderten Abschaffung der Importförderquote widerspreche, wurde der Antrag abgelehnt.

Angenommen wurde dagegen der Antrag der Berliner Kollegen, eine kommerzielle Taxprüfung zu verbieten. Zwar dürfen Krankenkassen als Körperschaft des öffentlichen Rechtes keinen Gewinn erwirtschaften, sie haben aber ein großes Interesse daran, die Kosten möglichst gering zu halten. Beauftragen die Kassen einen Dritten mit der Rezeptprüfung als Dienstleistung, dann werden knallharte Quoten vorgegeben. Mit maschinellen Suchdurchläufen werden anhand formaler Kriterien möglichst schnell Fehler gefunden, die zu einer Null-Retaxierung führen können. In der Diskussion wurde deutlich, dass es regelmäßig vorkommt, dass die kommerziellen Anbieter von Retax-Leistung die bestehenden Verträge oft recht eigenwillig interpretieren und Retaxationen aussprechen, die nicht gerechtfertigt sind und nur mit großem Aufwand seitens der Apotheke oder des unterstützenden Verbandes wieder „zurechtgebogen“ werden können. Der Gesetzgeber habe klargestellt, dass Krankenkassen Anträge auf Bewilligung von Hilfsmitteln nur mit eigenem weisungsgebundenen Personal prüfen dürfen. Gleiches sollte auch für die Rezeptprüfung gelten.

Die PTA-Ausbildung intensivieren

Die Apothekerkammer Nordrhein brachte in die Diskussion eine Reform des Berufsbildes der pharmazeutisch-technischen Assistenten und die Novellierung der PTA-Ausbildung ein. Ziel ihres Antrages sei die Sicherstellung einer zukunftsweisenden, fachlich qualifizierten Ausbildung inklusive einer modernen Ausbildungs- und Prüfungsordnung sowie eine kostenfreie Ausbildung. Obwohl es gar nicht Inhalt des Antrages war, diskutierte das Plenum sehr intensiv über die inhaltliche Ausrichtung der PTA-Ausbildung. Einig war man sich darin, dass der PTA-Beruf ein wichtiger Assistenzberuf im Apothekenalltag sei und der Beruf attraktiver gestaltet werden muss – der Antrag wurde angenommen. Keine Zustimmung fand dagegen ein Adhoc-Antrag von Elfriede Hoffmann und Kollegen, die die Bundesapothekerkammer aufforderten, sich gemeinsam mit den Interessenvertretungen der PTA bei der Bundesregierung und beim Gesetzgeber für eine nachhaltige Neuordnung des PTA-­Berufsbilds einzusetzen. Neben inhaltlichen Änderungen zählten sie dazu auch eine Verlängerung der schulischen Ausbildungszeit von 24 auf 30 Monate. Begründet wurde dies mit den gestiegenen Anforderungen an die PTA. Die Zeit im Unterricht reiche nicht aus, um die gewünschten Inhalte zu vermitteln, neue Lernmethoden umzusetzen und einen attraktiven Unterricht anzubieten. Hinzu kommt, dass das Niveau der Bewerber abgenommen habe, wie Lehrkräfte der PTA-Schulen berichteten: Man benötige mehr Zeit, um die Fülle an Inhalten vermitteln zu können. Durch diesen weitreichenden Adhoc-Antrag fühlten sich einige ­Delegierte überrumpelt: Die Diskussion über die PTA-Ausbildung sei spannend und zu wichtig, man könne nicht ohne gründliche inhaltliche Diskussion herausgelöst eine dreijährige Ausbildung beschließen. Der Antrag wurde übergangen.

Ein weitere Adhoc-Antrag rückte das Berufsbild der PKA in den Mittelpunkt. Man solle sich verstärkt für die Umsetzung eines zukunftsorientierten Berufsbildes der PKA als Fachkraft im betriebswirtschaftlichen Bereich einsetzen, so der Antrag. Zur Stärkung der kaufmännischen Fähigkeiten und der Aufwertung des PKA-Berufs sollten Kammern und Verbände bundesweit mehr gezielte Fort- und Weiterbildungen anbieten und die PKA-Ausbildung sollte offensiv an Schulen und auf Veranstaltungen zur Berufsorientierung beworben werden. Nach Diskussion und inhaltlicher Präzisierung der Formulierungen wurde der Antrag angenommen.

Zukunft braucht vor allem Nachwuchs

Über die Apothekerkammer Westfalen-Lippe wurde die Bitte der Pharmaziestudierenden eingebracht, die Förderung des Nachwuchses ‒ auch des berufspolitischen Nachwuchses ‒ zu intensivieren. Max Willie Georgi, Präsident des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden, schlug vor, im Sinne einer Ideenbörse Projekte zu sammeln, die in den Kammern und Verbänden schon vereinzelt umgesetzt werden. Durch eine enge Vernetzung könnten alle davon profitieren. Ursula Funke, Präsidentin der Apothekerkammer Hessen, betonte zwar, wie wichtig es sei, sich um den Nachwuchs zu kümmern, denn er führe „den Apothekerberuf in die Zukunft“. Aber gleichzeitig gab sie zu bedenken, dass es mit einer funktionierenden Bundesapothekerkammer und den Vorständen der 17 Verbände und den pharmazeutischen Geschäftsführern der Kammern genügend Möglichkeiten gibt, um sich auszutauschen: „Im Sinne der Arbeitsökonomie brauchen wir keine weiteren Arbeitskreise“, so ihr Fazit. Das sei auch gar nicht notwendig und auch nicht das Ziel des Antrages, so die Replik von Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Es gehe um die Sensibilisierung für dieses Thema! Es sei kontinuierlich wichtig, den Nachwuchs zu stärken und zu stützen. Man müsse das Rad nicht 34 mal neu erfinden, so Overwiening. Sie wünscht sich einen Austausch der vielen Ideen zur Nachwuchsförderung, die es in den Kammern und Verbänden bereits gibt. Der Antrag wurde angenommen.

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Claudia Korf versuchte, die Schweigetaktik der ABDA zu erklären. Ihre Ausführungen stießen bei allen Delegierten auf großes Interesse.

Kein Gegengutachten, aber ein Datenpanel

Die Apothekerkammer des Saarlandes forderte in einem Antrag die Erstellung eines Gegengutachtens zu dem im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie entstandenen sogenannten 2HM-Gutachtens zur „Ermittlung der Erforderlichkeit und des Ausmaßes von Änderungen der in der Arzneimittelpreisverordnung geregelten Preise“. Kammerpräsident Manfred Saar prangerte in der Erläuterung des Antrages die Schweigetaktik der ABDA an. Nur zu sagen: das Gutachten ist methodisch angreifbar und geht von falschen Prämissen aus, reiche nicht. Die Kollegen an der Basis würden nicht verstehen, warum die ABDA nicht begründet, warum das Gutachten „keine Substanz“ hat und der Inhalt nicht mehrheitsfähig ist. Es sollte nachvollziehbar und glaubwürdig vermittelt werden, wieso die ABDA zu diesem Schluss kommt. Gewünscht wurde eine „einheitliche Argumentationshilfe für die politische Diskussion“ um stark und geschlossen aufzutreten. „Wenn wir nicht mitreden, dann wird über uns geredet“, so Saar. Er vertritt die ­Meinung, dass die Taktik der ABDA, zu diesem Gutachten keine Stellung zu beziehen, falsch sei, großen Schaden angerichtet hat in der Außenwirkung und nach innen viele Kollegen frus­triert und demotiviert. Das Ziel, das Gutachten nicht aufzuwerten und es schnell aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden zu lassen, mag in den Augen der Zuständigen vielleicht erreicht worden sein. Aber um welchen Preis? Spätestens mit dem Positionspapier der GKV-Spitzenverbandes, das größtenteils auf diesem Gutachten basiert und zu fatalen Schlussfolgerungen und Forderungen kommt, sei deutlich, dass der Plan gescheitert ist, wie mehrere Delegierte in der Diskussion betonten. Claudia Korf, Geschäftsführung des Geschäftsbereichs Wirtschaft, Soziales und Verträge, versuchte zu erklären, wie es zum Gutachten und dem Schweigen der ABDA kam. Vor vier Jahren stand bei Gesprächen im Bundeswirtschaftsministerium der Vorwurf im Raum, dass die von der ABDA verwendeten Zahlen der Treuhand Hannover nicht hinreichend repräsentativ seien. Die ABDA habe dagegen argumentiert, dass die Zahlen die Notwendigkeit einer Anpassung ergeben. Das Bundeswirtschaftsministerium kritisierte neben den Informationen auch grundsätzlich die Berechnungsmethode. Es seien fehlerhaft Kosten den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zugewiesen worden, die eigentlich aus dem OTC- oder Freiwahlbereich stammen. Darauf habe nicht die ABDA dieses H2M-Gutachten gewünscht oder in Auftrag gegeben, das Ministerium hat das Gutachten beauftragt. Insgesamt hat das Erstellen zwei Jahre gedauert. Im Rahmen einer Beiratstätigkeit war die ABDA an diesem Projekt beteiligt. Im Gremium saßen Vertreter der GKV und der PKV, aus dem Finanz- , Wirtschafts- und Gesundheitsministerium – und auf der „Anklagebank“ der Großhandel und die Apotheker, so Korf. Während der gesamten Beiratstätigkeit habe die ABDA gegen die Herangehensweise gekämpft und ihre Anmerkungen zu Protokoll gegeben. Im November 2017 wurde das Gutachten informell bekannt, im Dezember bereits wurde für das BMG eine Erstbewertung geschrieben und auch dem damaligen Minister zur Verfügung gestellt. Der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe habe daraufhin festgestellt, dass man im BMG „eine der unteren Schubladen für dieses Gutachten finden würde“. Das, so Korf, war der Ausgangspunkt für die strategische Ausrichtung „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Das Gutachten sollte nicht dadurch geadelt werden, indem man sich damit auseinandersetzt. Gleichwohl wurde bereits im Dezember eine Mängelliste erarbeitet. Im März dieses Jahres wurde sie dem Geschäftsführenden Vorstand und dem Gesamtvorstand der ABDA vorgelegt. ABDA-Abteilungsleiter Dr. Eckart Bauer habe eine umfangreiche Präsentation erarbeitet, und die Kritikpunkte wurden fortlaufend gegenüber der neuen Bundesregierung, der Monopolkommission und dem Sachverständigenrat vorgetragen, auch den Kammern und Verbänden wurde die Präsentation gezeigt. Alle haben im Grunde genommen festgestellt, dass die Kritik zwar berechtigt sei, aber etwas besseres als dieses Gutachten gäbe es nun einmal nicht. Das grundsätzliche Problem sei ein politisches: soll die Apotheke als einheitlicher Ort der Arzneimittelabgabe bestehen bleiben? Und wie soll dann eine gerechte und faire Kostenzurechnung aussehen? Diese Frage muss politisch entschieden werden, nicht mit einem Gutachten. Für ein neues Gutachten sei es jetzt einfach zu spät, so das Fazit von Korf, dafür habe man „zu viele Pirouetten gedreht.“ Vor dem Hintergrund, dass Minister Spahn in einem halben Jahr fertig sein möchte mit einem Reformgesetz, könne man nicht jetzt ein neues Gutachten beauftragen. Aber es sei nie zu spät für die Zukunft, und wichtig sei die Erhebung aktueller Daten und Informationen. Korf forderte zur regen Teilnahme am ABDA-Datenpanel auf, denn durch diese Online-Befragung können verlässliche und repräsentative Daten über die öffentlichen Apotheken generiert werden. Werden diese Daten mit den Treuhand-Daten kombiniert, dann sei das eine Unterstützung der gemeinsamen Interessenvertretung der Apothekerschaft auf Bundes- und Landesebene gegenüber Politik, Krankenkassen und Medien. Antragsteller Saar änderte den Wortlaut des Antragstextes und ersetzte den Begriff „Gegengutachten“ durch „Daten­panel“, der Antrag wurde angenommen.

Foto: DAZ/Alex Schelbert
Michael Mantell löste mit seiner Forderung, die Strukturen der ABDA auf Effizienz zu durchleuchten, rege Diskussionen aus.

Die Reform ist vertagt

Nachdem der Antrag der Apothekerkammer Nordrhein, der die „Stärkung der politischen Schlagkraft“ forderte, übergangen wurde, konzentrierte sich die Debatte auf den Wunsch von Michael Mantell und Kolleginnen und Kollegen nach einer „Reformkommission“. Der letzte Antrag auf dem Deutschen Apothekertag war ein heiß diskutierter. Eine mit internen und externen Fachleuten besetzte Kommission solle die Stärken und Schwächen der ABDA in ihren Abläufen und Strukturen, der Kommunikation und der Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedsorganisationen umfassend analysieren, sowie Ideen für eine strukturelle und organisatorische Fortentwicklung erarbeiten. Sowohl ABDA-Präsident Friedemann Schmidt als auch BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer äußerten ihr Unverständnis über die Ziele einer Reform­kommission. Gehe es den Antragstellern um eine politische Neuausrichtung oder um die Satzung, die Geschäftsordnung, die Gremien, einen strukturellen, internen Neuaufbau der Berufsorganisation? Michael Mantell, der für die Antragsteller sprach, und die Teilnehmer im Saal versuchten in der halbstündigen Diskussion eindringlich zu vermitteln, was sie erwarten oder sich wünschten: „Die ABDA ist jetzt 68 Jahre alt. Wenn man ein Haus vor 68 Jahren gebaut hat, dann ist es gut und wichtig nach so vielen Jahren mal zu gucken, stimmt die Zuordnung der Räume noch, muss ich was am Grundriss ändern, ist alles so, wie es für die Zukunft sein soll.“ Viele im Saal wünschten sich eine nüchterne Analyse der Struktur und sehen das als Chance, sich fit für die Zukunft zu machen. Wie sehr das Thema doch den Delegierten unter den Nägeln brannte, zeigte der Verlauf: Abgelehnt wurde zunächst ein Antrag, die Diskussion in einen Ausschuss zu verweisen – dann wurde weiterdiskutiert. Es gehe nicht um eine „Inquisition“, sondern darum, einen Schritt zurückzutreten und sich mit Distanz und professionellem Blick anzuschauen, wie die ABDA aufgestellt ist, wie können Entscheidungsprozesse effektiver, schlagkräftiger werden? Ein Delegierter führte aus, wie gut er sich durch den ABDA-Vorstand vertreten fühlte, und Hans-Peter Hubmann, Präsident des Bayerischen Apothekerverbandes, betonte, wie „einzigartig“ die Struktur der ABDA sei: Ein Verband, der Kammern und Verbände unter einem Dach vereint und der mit einer Stimme nach außen spricht, das sei unter den Heilberufen einzigartig. Hubmann sieht keinen Bedarf an einer Reformkommission. Mehrere Delegierte machten auf die aktuelle, schwierige Lage der ABDA angesichts der bevorstehenden enorm wichtigen Verhandlungen und Gespräche mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn aufmerksam. Es gehe im nächsten halben Jahr um existenzielle Fragen und es sei besser, den Antrag auf das nächste Jahr zu vertagen. Mantell schloss sich dem schließlich an: Er sei sehr glücklich darüber, dass so ausführlich diskutiert worden sei und zog seinen Antrag zurück, mit dem Versprechen, ihn auf dem Deutschen Apothekertag im nächsten Jahr wieder zu stellen. |

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