- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 42/2018
- Ein Best-Ager im Spagat
Deutscher Apothekertag 2018
Ein Best-Ager im Spagat
Ein Kommentar von Armin Edalat
Arbeitet die ABDA, geboren im Jahr 1950, noch zeitgemäß und im Sinne der Apotheker? So in etwa könnte die Fragestellung hinter den beiden letzten Anträgen lauten, die beim diesjährigen Apothekertag aus den Kammerbereichen Nordrhein und Westfalen-Lippe gestellt wurden. Sie fordern eine Reformkommission einzusetzen, um die Stärken und Schwächen der obersten Standesvertretung zu analysieren und ihre politische Schlagkraft zu optimieren. Die Anträge wurden heftig diskutiert, der eine schlichtweg übergangen und der andere schließlich zurückgezogen – bis zum nächsten Apothekertag in Düsseldorf.
Zugegeben, mit 68 Jahren hat die ABDA das gesetzliche Renteneintrittsalter längst überschritten, Vorsorgeuntersuchungen sind angebracht und ihr großer Reaktions- und Wendekreis ist im Zeitalter der Digitalisierung eher hinderlich – wenn nicht sogar eine Gefahr für sich selbst und andere. Die Antragssteller vergleichen die Standesorganisation in dem Zusammenhang mit einem Tanker, der sich in Konkurrenz zu kleinen, wendigen Schnellbooten befindet. Gerade beim Thema Digitalisierung unterziehen sich große Unternehmen und ganze Branchen heute einer digitalen Selbstdisruption, getreu dem Motto „Bevor es jemand anderes tut!“. Eine Strategie, die man im ABDA-Geburtsjahr zweifelsohne noch nicht kennen konnte.
Hinzu kommen die Folgen der weitreichenden Deregulierung von 2004 (Versandhandel, Filialisierung, OTC-Preisfreigabe), die sich mit 15 Jahren gerade im frechen Teenager-Alter befinden und die es noch zu bändigen und erziehen gilt.
Doch vielleicht schmerzt den „Best-Ager“ ABDA mittlerweile einfach auch der Spagat zwischen Ethik und Monetik, also das „einzigartige“ Konstrukt von Kammern und Verbänden unter einem Dach, das, wie es BAV-Vorsitzender Hubmann bezeichnete, seinesgleichen sucht. Die alles entscheidende Frage ist nämlich, wie die standespolitischen Forderungen der Apothekerschaft heutzutage von außen wahrgenommen werden. Es geht um nicht weniger als die Glaubwürdigkeit der eigenen Argumente!
Sollen mit dem Rx-Versandverbot bzw. der Gleichpreisigkeit lediglich die finanziellen Interessen der rund 15.000 Selbstständigen und ihren Beschäftigten bedient werden (Monetik)? Oder handelt es sich dabei nicht doch um eine dringende Empfehlung von Experten im Sinne der Versorgungssicherheit und des Verbraucherschutzes (Ethik)?
Während die öffentliche Debatte in den letzten Jahren eigentlich nie über die erste Frage hinauskam, muss man nach der Rede von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn davon ausgehen, dass auch er versuchen wird, Recht und Ordnung mit den Apothekern zu verhandeln und nicht, wie es sich ABDA-Präsident Schmidt wünscht, gemeinsam zu definieren.
Läuft es darauf hinaus, dass der Minister am Ende mehr Honorar, Boni-Deckel sowie neue, vergütete Dienstleistungen anbietet und die Apotheker dafür auf Versandverbot und Gleichpreisigkeit verzichten müssen? Der Berufsstand wäre gut beraten, sich nicht auf dieses kleinliche Aushandeln von Vor- und Nachteilen herabzulassen, das schon im Vorfeld zur Gesundheitsreform 2004 praktiziert wurde (s. o.).
Doch wem gelingt es, differenziert und authentisch die Ethik zu thematisieren und fernab von monetären Eigeninteressen auch zu repräsentieren? Von der Öffentlichkeit und Politik nahezu unbeachtet waren die Wortmeldungen einiger Pharmazie-Professoren in letzter Zeit. Ob Dingermann beim Pharmacon in Meran, Laufer und Ammon in ihrem DPhG-Statement oder Schweim, Derendorf und Eckstein mit ihren zahlreichen DAZ-Beiträgen: Sie alle verkörpern Expertise, Unabhängigkeit und haben ein fundamentales Interesse daran, die deutsche Pharmazie weiterzuentwickeln. Wäre es nicht längst angebracht, diesen Stimmen mehr mediale Aufmerksamkeit zu verschaffen? Wäre es nicht ein unschlagbarer Vorteil, wenn die Öffentlichkeit wahrnimmt, dass sich die Apotheker (selbst-)kritisch zu Arzneimittelskandalen, Lieferengpässen, kriminellen Berufsangehörigen, fragwürdigen Distributionsformen oder der Weiterentwicklung des Versorgungssystems positionieren?
Neben der geforderten Reformkommission könnte ein solches Expertengremium eine Bereicherung darstellen und würde die standespolitische Schlagkraft einer ABDA auch dann unterstützen, wenn sie irgendwann das hohe Greisenalter erreicht.
2 Kommentare
Best Ager im Spagat
von HButenschoen am 19.10.2018 um 0:47 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Best Ager im Spagat
von HButenschoen am 19.10.2018 um 0:47 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.