Arzneimittel und Therapie

Blutdrucksenker als Betthupferl

Nächtlicher Blutdruck beeinflusst kardiovaskuläres Risiko

Niedrigere Blutdruckwerte während der Nacht sind mit einem gerin­geren Risiko für Herz-Kreislauf-­Erkrankungen assoziiert, so die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung. Die Einnahme von Antihypertonika vor dem Zubettgehen könnte somit protektiv wirken.

Unter erhöhtem Blutdruck leiden Betroffene akut oft nicht besonders. Doch langfristig ist das Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Erkrankungen hoch. Punktuelle Messungen beim Arztbesuch sind nur bedingt aussagekräftig. Daher werden für besonders gefährdete Patienten vermehrt längere Beobachtungen über ambulante Blutdruckmessungen empfohlen. Diese Langzeitmessungen liefern ein umfassenderes Bild, weil auch der Blutdruck im Schlaf erfasst wird.

Mit dem nächtlichen Blutdruck als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen und den möglichen therapeutische Implikationen befassten sich Wissenschaftler des spanischen Forschungsnetzwerks „Hygia Project“ in einer aktuellen Untersuchung. Dafür wurden über 18.000 Teilnehmer rekrutiert. Von diesen litten über 15.000 Personen an Bluthochdruck (durchschnittlich über 135/85 mmHg tagsüber oder 120/70 mmHg nachts), wie eine ambulante Blutdruckmessung über 48 Stunden ergab. Gegen die Hypertonie verschrieben die teilnehmenden Ärzte Arzneimittel ihrer Wahl – entweder zur kompletten Einnahme morgens oder mindestens eines der Präparate zur Einnahme vor der Schlafenszeit. Der Blutdruck der Patienten wurde während der Beobachtungszeit von durchschnittlich 5,1 Jahren mindestens einmal jährlich sowohl beim Arzt als auch während einer 48-stündigen ambulanten Blutdruckmessung bestimmt.

Foto: geargodz – stock.adobe.com

Höherer nächtlicher Blutdruck, höheres Risiko

Während des Beobachtungszeitraums kam es bei 2311 Teilnehmern zum Tod oder einem kardiovaskulären Ereignis, davon bei 1209 zu einem schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignis (kardiovaskulär bedingter Tod, Myokardinfarkt, koronare Revaskularisation, Herzinsuffizienz, Schlaganfall). Probanden, die ein kardiovaskuläres Ereignis erlitten hatten, waren älter als Teilnehmer ohne Ereignis und hatten häufiger Begleiterkrankungen wie Diabetes. Zudem lag der durchschnittliche systolische Blutdruck in der Ereignis-Gruppe zu Beobachtungs­beginn während der 48-Stunden-­Messung höher. Der größte Unterschied zwischen den Gruppen bestand jedoch im durchschnittlichen systolischen Blutdruck während des Schlafs. Insbesondere war die relative Abnahme des Blutdrucks während der Nacht in der Ereignis-Gruppe geringer, und der physiologische nächtliche Blutdruckabfall blieb häufiger aus. Bei Patienten mit höherem nächtlichem systolischem Blutdruck war das kardiovaskuläre Risiko unabhängig davon erhöht, ob der systolische Blutdruck im Wachzustand oder bei der Messung durch den Arzt normal oder erhöht war. Der Effekt blieb auch bei Berücksichtigung anderer Risiko­faktoren bestehen. Der diastolische Blutdruck hatte keinen signifikanten Einfluss.

Therapeutische Implikationen

Die Forscher kommen daher zu dem Ergebnis, dass der durchschnittliche systolische Blutdruck im Schlaf der wichtigste prognostische Marker für das Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen ist. Zudem stellten sie fest, dass die Senkung des nächtlichen Blutdrucks protektiv wirkt und das Ausbleiben des physiologischen nächtlichen Blutdruckabfalls durch Gabe von Antihypertonika zur Nacht vermieden werden kann. Der nächtliche Blutdruck könnte somit ein sinnvoller neuer Zielparameter in der Bluthochdrucktherapie sein. |

Quelle

Hermida RC. et al. Asleep blood pressure: significant prognostic marker of vascular risk and therapeutic target for prevention. Eur Heart J 2018;doi: 10.1093/eurheartj/ehy47

Apothekerin Sarah Katzemich

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