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- DAZ 41/2018
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Die Seite 3
Sehr geehrter Herr Minister Spahn,
wir sind ja alle gespannt wie ein Flitzebogen: Welche Antwort werden Sie uns auf dem Apothekertag zur nunmehr fast zwei Jahre alten EuGH-Entscheidung geben können, in der die Arzneimittelpreisverordnung für ausländische Versandapotheken außer Kraft gesetzt wurde?
Etliche von uns bezeichnen dieses Judikat als hanebüchen, manche gar als „Schandurteil“. Diese Wortwahl mag für Sie etwas degoutant klingen, aber so empfinden wir es tatsächlich, wenn eine Handvoll Richter mit selektiv-getrübtem Blick Halbwahrheiten, lobbygeprägte Botschaften und abenteuerliche Schlussfolgerungen in juristischem Gewande zum Besten geben. Bei uns sitzt der Stachel tief ob der frappanten Unkenntnis und mangelnder Wertschätzung, die durch das Urteil wabern.
Dies vorausgesetzt, sehr geehrter Jens Spahn, erhoffen wir sehnsüchtigst, dass Sie uns in München gesetzgeberische Maßnahmen vorstellen, welche die berühmten Spieße bei ausländischen Arzneimittelversendern und inländischen Apotheken wieder gleich lang werden lassen. Uns ist es ernst und die Erwartungen sind groß. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass unsere ABDA in den letzten Monaten bei dem Thema auf Tauchstation gegangen ist und sich selbst ein flächendeckendes Schweigegelübde auferlegt hat. Aber da wissen Sie selbst sicher mehr als wir.
Gespannt sind wir auch, wie Sie mit Ihrem ganz persönlichen Dilemma umgehen, dass Sie der Koalitionsvertrag zu etwas verpflichtet, für was Sie persönlich keinerlei Sympathie hegen: Sie sind kein Freund des Rx-Versandhandelsverbots – das wissen wir und verkneifen uns, Sie dabei als bloßes Opfer der Einflüstereien Ihres alten Kumpels Max M. zu sehen. Nein, Sie haben auch hier, wenn wir Sie richtig einschätzen, Größeres im Sinn: Digitalstrategie heißt das ubiquitäre Zauberwort, ohne das heute kaum eine Politikerrede auskommt, das jedoch mit unserem Anliegen und Thema nichts zu tun hat. Seit dem EuGH-Urteil geht es nämlich allein um die Gleichbehandlung von Vor-Ort-Apotheken und Unternehmen, die das höchst traditionelle Geschäft des Versandhandels betreiben und bei denen allenfalls der Bestellweg digital ist. Und hier ist die spannende Frage, welche Mittel und Wege im Lichte (oder besser: im Schatten) der EuGH-Entscheidung geeignet sind, die preisrechtliche Privilegierung ausländischer Versandapotheken zu beseitigen. Ein generelles nationales Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel wäre dabei zur Sicherung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung das optimale Mittel der Wahl. Das wissen wir spätestens seit dem May/Bauer/Dettling-Gutachten.
Kann es dagegen rechtliche Bedenken geben? Besonders plausibel sind solche Einwände nicht: Bereits 2016 hat der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags ein solches Rx-Versandverbot sowohl für verfassungsfest als auch für unionrechtskonform erklärt. Wenn Sie bei DAZ.online den Webcode T8FX9 in das Suchfeld eingeben, gelangen Sie direkt zu beiden Expertisen. Auf die ausgerollten Leimruten halbgarer juristischer und zeitlicher (Notifizierungs-)Einwände sollten wir deshalb nicht treten. Schon einmal, nämlich 2003 unter der Ägide Ulla Schmidts, wurde uns weisgemacht, dass es unionsrechtlich geboten sei, in Deutschland den Versandhandel auch mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zuzulassen. Knapp vier Wochen nach der Verabschiedung des Gesetzes im Deutschen Bundestag entschied der Europäische Gerichtshof das Gegenteil und strafte den vorauseilenden Gehorsam des Deutschen Bundestags Lügen. Deswegen ist Ihre Partei noch heute auf Ulla Schmidt sauer. Dies sollte uns allen eine Lehre sein, zumal die damalige EuGH-Entscheidung immer noch rechtlich einschlägig ist.
Lieber Herr Spahn, wie gesagt: Wir sind gespannt. Und vielleicht zaubern Sie ja tatsächlich eine Alternative aus dem Hut, die ebenso wirkungsvoll ist wie ein Rx-Versandhandelsverbot. Wenn dem so ist: Chapeau! Und wenn nicht …? Dann könnte – nicht nur für Sie – der diesjährige Apothekertag etwas turbulenter werden als üblich. Denn so eine Hauptversammlung ist ja (hoffentlich) kein Streichelzoo.
Christian Rotta
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