Arzneimittel und Therapie

Glückliche Bakterien

Antidepressivum fördert Antibiotikaresistenz

Der übermäßige Einsatz von Antibiotika in Medizin und Tierzucht und die damit einhergehende Kontamination der Umwelt sorgen bereits seit Jahren weltweit für einen Anstieg der Zahl antibiotikaresistenter Bakterienstämme. Doch auch andere Arzneimittel können die Resistenzbildung begünstigen.

Dies belegen die Experimente austra­lischer Wissenschaftler, die den Einfluss unterschiedlicher Konzentrationen des Antidepressivums Fluoxetin auf das Darmbakterium Escherichia coli untersuchten. Fluoxetin zählt zur Klasse der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und ist in der Behandlung von Depressionen und Zwangsstörungen indiziert. Etwa 11% des Wirkstoffs werden über den Urin unverändert wieder ausgeschieden und gelangen so in Ober­flächengewässer.

Foto: Alexander Raths – stock.adobe.com
Resistenzen sind auf dem Vormarsch Möglicherweise liegt das nicht nur am unbedachten Umgang mit Antibiotika.

Die Forscher konnten zeigen, dass die Bakterien gegen mehrere Antibiotika­klassen Resistenzen bildeten, nachdem sie 30 Tage lang Fluoxetin-Konzentrationen zwischen fünf und 100 mg/l aus­gesetzt worden waren.

Auch dem Mechanismus der Resistenzbildung kamen die Wissenschaftler auf die Spur: Durch die intrazelluläre Entstehung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) kommt es zu oxidativem Stress, der Mutationen zur Folge hat. Dies führt zu einer verstärkten Expression von Efflux-Proteinen, die die Antibiotika aus der Zelle heraustransportieren.

Resistenzsituation in Deutschland

Vor Kurzem hat das Robert Koch-Institut (RKI) die Daten des Jahres 2017 zur Antibiotikaresistenz in Deutschland veröffentlicht. Während bei manchen Erregern vermehrt Resistenzen nachgewiesen wurden, zeichnete sich bei anderen Bakterienstämmen ein gegenläufiger Trend ab. So lag in 2017 der Anteil an Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) bei Blutkulturen erstmalig unter 10%. Demgegenüber steht ein Anstieg an Vancomycin-resistenten Enterokokken (Enterococcus faecium): Während in 2016 noch weniger als 12% der Kulturen positiv getestet wurden, waren es in 2017 über 16%. Auch gegenüber Cephalosporinen der 3. Generation war eine Zunahme an Resistenzen zu verzeichnen, sowohl bei Escherichia coli als auch bei Klebsiella pneumoniae. Dabei wurden resistente Erreger im stationären Bereich häufiger nachgewiesen als in der ambulanten Versorgung. Bei E. coli betrug der Anteil im stationären Bereich 12%, im ambulanten Bereich 8%; bei K. pneumoniae waren es 14% und 9%. Resistenzen gegenüber Carbapenemen sind weiterhin vergleichsweise selten: In 2017 lag der Anteil sowohl bei E. coli als auch bei K. pneumoniae unterhalb von 1%.

Quelle: Robert Koch-Institut. Daten zu Anti­biotika­resistenz und Anti­biotika­ver­brauch für 2017 abrufbar. www.rki.de (Stand 10. September 2018)

Inwiefern diese Befunde in der Umwelt relevant sind, ist unklar. Die Fluoxetin-Konzentration in europä­ischen Kläranlagen liegt im Nanogramm-Bereich pro Liter und damit mehrere Potenzen unter den experimentellen Konzentrationen. Weiterhin ist zu klären, welche anderen Arzneimittel möglicherweise ähnliche Effekte hervorrufen. |

Quelle

Jin M et al. Antidepressant fluoxetine induces multiple antibiotics resistance in Escherichia coli via ROS-mediated mutagenesis. Environ Int 2018;120:421-430

Paíga P et al. Assessment of 83 pharmaceuticals in WWTP influent and effluent samples by UHPLC-MS/MS: Hourly variation. Sci Total Environ 2018;648:582-600

Ulrich Schreiber

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