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Arzneimittel und Therapie
Diclofenac erneut in der Diskussion
Aktuelle Studiendaten mehren kardiovaskuläre Sicherheitsbedenken
Die Studienautoren sind dem Ruf der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) aus dem Jahr 2017 zur Erhebung von Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Diclofenac gefolgt und haben ein Protokoll entworfen, das auf Basis verschiedener dänischer Register eine umfangreiche Datenerhebung ermöglichte: Jeden Monat von Januar 1996 bis einschließlich Januar 2016 wurden neue „Subkohorten“ gebildet und diese 252 Datensätze gemeinsam ausgewertet. Da strenge Kriterien zur Generierung der einzelnen Datensätze angelegt wurden, sprechen die Autoren von einem klinischen Studien nachempfundenen Design (emulated trial design). Anhand der individuellen, lebenslänglich gleichbleibenden Nummern des dänischen Gesundheitssystems konnten die einzelnen Patienten nach Einlösung einer Verschreibung für Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen oder Paracetamol (erhoben aus dem nationalen Verordnungsregister) beobachtet werden, bis im nationalen Patientenregister eine Diagnose für Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, ischämischen Schlaganfall, Vorhofflimmern gefunden oder ein kardiovaskulär bedingter Tod festgestellt wurde. Ebenso konnten relevante demografische Daten (z. B. Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen) sowie Ausschlusskriterien aus den Registern extrahiert werden. Daten von Patienten, die schon eine kardiovaskuläre Vorerkrankung hatten, wurden in der Analyse nicht berücksichtigt. Um der fehlenden Randomisierung zu begegnen, wurde in Sensitivitätstests geprüft, ob die Ergebnisse durch methodische Fehler verzerrt worden waren.
Höheres Risiko unter Diclofenac
Knapp 1,4 Millionen Patienten, die Diclofenac neu verordnet bekommen hatten, wurden mit Personen verglichen, die
- keine nichtsteroidalen Analgetika (NSAID) (n = 1.303.209) oder
- die NSAID Ibuprofen (n = 3.878.454) oder Naproxen (n = 291.480) oder
- Paracetamol (n = 764.781)
neu verordnet bekommen hatten.
Entsprechend hoch waren während der 30-tägigen Beobachtungszeit die Fallzahlen für den primären Endpunkt: Ein kardiovaskuläres Ereignis oder der Tod traten in der Diclofenac-Gruppe bei 1465 (0,10%), in der Ibuprofen-Gruppe bei 2912 (0,07%), in der Naproxen-Gruppe bei 967 (0,07%), in der Paracetamol-Gruppe bei 967 (0,13%) und in der Gruppe ohne NSAID-Verordnung bei 878 (0,07%) Personen ein. Daraus errechnete sich ein um 50% höheres kardiovaskuläres Risiko unter Diclofenac im Vergleich zur Gruppe ohne NSAID. Verglichen mit einer Naproxen-Therapie war das Risiko immerhin noch um 30% erhöht, gegenüber einer Behandlung mit Ibuprofen bzw. Paracetamol um 20%. Darüber hinaus wurde ein möglicher Dosis-Effekt in der Diclofenac-Gruppe durch Zuordnung der Patienten zu verschiedenen Dosisgruppen („hoch“ vs. „niedrig“) untersucht. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die Ergebnisse.
Hinsichtlich gastrointestinaler Blutungen ergab sich ein ähnlich großes Risiko für Diclofenac und Naproxen – im Vergleich zu Ibuprofen oder Paracetamol bzw. keiner NSAID-Anwendung war das Risiko jedoch um das 2,5- bzw. 4,5-Fache erhöht.
Diclofenac nur noch auf Rezept?
Angesichts dieser Ergebnisse fordern die Autoren, Diclofenac seltener einzusetzen, die Packungen mit Warnhinweisen zu versehen und eine generelle Verschreibungspflicht einzuführen – in Dänemark ist dies bereits seit Längerem der Fall. Eine Forderung, die auch die Leser von DAZ.online befürworten: Im Rahmen einer Umfrage sprach sich die Mehrheit für eine Unterstellung von Diclofenac unter die Rezeptpflicht aus (s. Abbildung). |
Quelle
Schmidt M et al. Diclofenac use and cardiovascular risks: series of nationwide cohort studies. BMJ 2018:362:k3426
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